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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Autoren: Kathryn Stockett
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gebaut wird, und trotzdem kann der Mann nirgends hin, um sich zu erleichtern.
    »Ähmm …« In der Situation war ich noch nie. Der Junge, Robert, der alle zwei Wochen den Garten macht, geht wohl, bevor er herkommt. Aber der hier ist ein alter Mann. Hat ganz
runzlige Hände. Und in sein Gesicht haben siebzig Jahre Sorgen so viele Falten gegraben, dass er aussieht wie eine Straßenkarte.
    »Sie müssen wohl in die Büsche hinterm Haus gehen«, hör ich mich sagen, aber ich wollt, das wär nicht ich. »Der Hund ist dahinten, aber der tut Ihnen nichts.«
    »Okay«, sagt er. »Dank auch.«
    Ich seh ihm nach, wie er ganz langsam wieder zurückgeht, mit dem Wasser für seinen Kollegen.
    Der Baulärm geht den Nachmittag über weiter.
     
    Den ganzen nächsten Tag wird im Vorgarten gehämmert und gegraben. Ich frag Miss Leefolt nicht danach, und sie erklärt mir nichts. Sie guckt nur jede Stunde zur Tür raus, was da passiert.
    Um drei hört der Lärm auf, und die Männer klettern in ihren Laster und fahren weg. Miss Leefolt sieht ihnen nach und seufzt erleichtert. Dann steigt sie in ihr Auto und fährt los, tun, was sie so tut, wenn sie nicht gerade nervös ist, weil sich zwei farbige Männer vor ihrem Haus rumtreiben.
    Nach einer Weile klingelt das Telefon.
    »Bei Miss Lee…«
    »Sie erzählt in der ganzen Stadt rum, dass ich stehl! Darum krieg ich keine Arbeit! Diese Hexe stellt mich als das freche diebische Monster von Hinds County hin!«
    »Halt, Minny, hol erst mal Luft …«
    »Heut Morgen vor der Arbeit geh ich zu den Renfroes drüben in der Sycamore, und Miss Renfroe jagt mich gradezu vom Grundstück. Sagt, Miss Hilly hätt ihr alles über mich erzählt, jeder wüsst, dass ich Miss Walters einen Silberleuchter gestohlen hätt!«
    Ich hör, dass sie den Telefonhörer beinah zerquetscht. Und ich hör Kindra irgendwas rufen und frag mich, warum Minny schon zu Haus ist. Normal geht sie nie vor vier.

    »Ich hab nichts getan, wie dieser alten Frau gutes Essen zu kochen und mich um sie zu kümmern!«
    »Minny, ich weiß, dass du ehrlich bist. Das bist du bei Gott.«
    Ihre Stimme schlüpft regelrecht ins Telefon wie eine Biene in eine Honigwabe. »Wie ich zu Miss Walters reinkomm, ist da Miss Hilly und will mir zwanzig Dollar aufdrängen. Sie sagt: ›Nehmen Sie es. Ich weiß, Sie brauchen es‹, und ich hätt ihr ums Haar ins Gesicht gespuckt. Hab ich aber nicht. O nein.« Sie atmet schnell. »Was ich gemacht hab, war schlimmer.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Sag ich nicht. Ich sag keinem was von dem Kuchen. Aber sie hat gekriegt, was sie verdient hat!« Ihre Stimme hat jetzt so was Jammeriges, und ich bekomm’s richtig mit der Angst zu tun. Es ist kein Spiel, sich mit Miss Hilly anzulegen. »Ich krieg nie wieder Arbeit, Leroy bringt mich um …«
    Im Hintergrund fängt Kindra an zu weinen. Minny hängt ein, ohne auch nur Wiederhören zu sagen. Ich hab keine Ahnung, was sie mit dem Kuchen meint. Aber, guter Gott, wie ich Minny kenn, kann’s nichts Gutes gewesen sein.
     
    An dem Abend pflück ich mir Kermesbeerblätter und eine Tomate aus Idas Garten. Ich brat mir bisschen Schinken, mach mir Soße für mein Maisbrötchen. Mein Haar ist ausgebürstet und aufgedreht, ich hab meine rosa Lockenwickler drin und schon das Good Nuff draufgesprüht. Den ganzen Nachmittag hab ich mir Sorgen um Minny gemacht. Jetzt muss ich das aus meinem Kopf kriegen, wenn ich heut Nacht ein Auge zutun will.
    Ich setz mich zum Essen hin, mach das Küchenradio an. Little Stevie Wonder singt grad »Fingertips«. Für den Jungen ist Farbigsein kein großes Ding. Zwölf Jahre alt, blind, und hat einen Hit im Radio. Wie er ausgesungen hat, dreh ich den Knopf über Prediger Green weg und mach bei WBLA Halt. Da kommt Juke Joint Blues.

    Ich hab gern so rauchige Kneipenmusik, wenn’s dunkel wird. Da hab ich das Gefühl, mein ganzes Haus ist voll mit Leuten. Ich seh sie regelrecht in meiner Küche zum Blues tanzen. Wenn ich dann das Licht ausmach, stell ich mir vor, wir sind im Raven. Da sind kleine Tische mit roten Lichtern drauf. Es ist Mai oder Juni und warm. Mein Clyde lächelt mich mit seinen weißen Zähnen an und sagt: Was trinken, Honey? Und ich sag: Black Mary ohne Eis, und dann muss ich über mich lachen, weil ich hier in meiner Küche sitz und so vor mich hinträum, denn das Schickste, was ich je trink, ist Nehi-Traubenlimonade.
    Jetzt singt Memphis Minny im Radio vom mageren Fleisch, das nicht brutzelt, wo’s drum geht, dass die Liebe
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