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Gut gegen Nordwind

Gut gegen Nordwind

Titel: Gut gegen Nordwind
Autoren: Daniel Glattauer
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für immer in Ruhe lasse (außer, die vom Like-Verlag schicken mir wieder einen Zahlschein), interessiert mich noch etwas. Sie schreiben oben: »Darf ich Ihnen eine Frage stellen? Und hier noch eine zweite: Wie lange haben Sie ... usw. ...?« Daran anschließend habe ich zwei Fragen. Erstens: Wie lange haben Sie für den Gag gebraucht? Zweitens: Ist das Ihr Humor?
     
    Eineinhalb Stunden später
    AW:
    Liebe unbekannte Frau Rothner, ich antworte Ihnen morgen. Ich schalte jetzt meinen Computer ab. Guten Abend, gute Nacht, je nachdem. Leo Leike.
     
    Vier Tage später
    Betreff: Offene Fragen
    Liebe Frau Rothner, verzeihen Sie, dass ich mich jetzt erst melde, bei mir geht es momentan ein wenig turbulent zu. Sie wollten wissen, wieso ich fälschlicherweise angenommen hatte, dass Sie für Ihre Ausführungen über den »Ei«-Fehler nicht länger als zwanzig Sekunden benötigt haben. Nun, Ihre E-Mails lesen sich wie »heruntergesprudelt«, wenn ich mir diese Einschätzung erlauben darf. Ich hätte schwören können, dass Sie eine Schnellsprecherin und Schnellschreiberin sind, eine quirlige Person, der die Abläufe des Alltags niemals rasch genug vonstatten gehen können. Wenn ich Ihre E-Mails lese, dann kann ich darin keine Pausen erkennen. Die kommen mir im Ton und Tempo antriebsstark, atemlos, energievoll, flott, ja sogar ein wenig aufgeregt vor. So wie Sie schreibt niemand mit niedrigem Blutdruck. Mir scheint, Ihre spontanen Gedanken fließen ungebremst in die Texte ein. Und dabei zeichnet Sie Sprachsicherheit aus, ein gewandter, stark pointierter Umgang mit Worten. Wenn Sie nun aber erklären, dass Sie für Ihre »Ei«-Mail längerals drei Minuten gebraucht haben, dann dürfte ich doch ein falsches Bild von Ihnen entworfen haben.
    Sie haben mich bedauerlicherweise nach meinem Humor gefragt. Das ist ein trauriges Kapitel. Um humorvoll sein zu können, muss man wenigstens einen Hauch von Witz an sich selbst erkennen. Ehrlich gesagt: Da erkenne ich derzeit nichts, ich fühle mich absolut witzlos. Wenn ich auf die vergangenen Tage und Wochen zurückblicke, vergeht mir das Lachen. Aber das ist meine persönliche Geschichte und hat hier nichts verloren. Danke jedenfalls für Ihre erfrischende Art. Es war überaus angenehm, sich mit Ihnen zu unterhalten. Ich glaube, die Fragen sind nun alle so recht und schlecht beantwortet. Wenn Sie sich zufällig wieder auf meine Adresse verlieren, freue ich mich. Nur bitte: Bestellen Sie endlich Ihr Like-Abonnement ab, das nervt schon ein wenig. Oder soll ich’s tun? Liebe Grüße, Leo Leike.
     
    40 Minuten später
    AW:
    Lieber Herr Leike, ich will Ihnen was gestehen: Ich habe für meine »E«-vor-»I«-Mail wirklich nicht länger als zwanzig Sekunden gebraucht. Ich habe mich nur geärgert, dass Sie mich so eingeschätzt haben, dass ich E-Mails einfach so hinfetze. Sie haben zwar Recht, aber Sie hatten kein Recht, das vorher schon zu wissen. Also gut: Auch wenn Sie (derzeit) keinen Humor haben, bei E-Mails kennen Sie sich offenbar ganz gut aus. Hat mir imponiert, wie Sie mich spontan durchschaut haben! Sind Sie Germanistikprofessor? Liebe Grüße, Emmi »die Quirlige« Rothner.
     
    18 Tage später
    Betreff: Hallo
    Hallo, Herr Leike, ich wollte Ihnen nur sagen, dass die von »Like« mir keine Hefte mehr zuschicken. Haben Sie interveniert? Sie könnten sich übrigens auch einmal melden. Ich weiß zum Beispiel noch immer nicht, ob Sie Professor sind. Google kennt Sie jedenfalls nicht oder versteht es, Sie gut zu verstecken.
    Und, ist es um Ihren Humor schon besser bestellt? Immerhin ist ja Fasching. Da haben Sie praktisch keine Konkurrenz. Liebe Grüße, Emmi Rothner.
     
    Zwei Stunden später
    AW:
    Liebe Frau Rothner, schön, dass Sie mir schreiben, ich habe Sie schon vermisst. Ich war bereits knapp dran, mir ein Like-Abonnement zuzulegen. (Vorsicht, aufkeimender Humor!) Und Sie haben mich tatsächlich per »Google« gesucht? Das finde ich überaus schmeichelhaft. Dass ich für Sie ein »Professor« sein könnte, gefällt mir, ehrlich gestanden, eher weniger. Sie halten mich für einen alten Sack, stimmt’s? Steif, pedantisch, besserwisserisch. Nun, ich werde mich nicht krampfhaft bemühen, Ihnen das Gegenteil zu beweisen, sonst wird es peinlich. Vermutlich schreibe ich derzeit einfach älter, als ich bin. Und, mein Verdacht: Sie schreiben jünger, als Sie sind. Ich bin übrigens Kommunikationsberater und Uni-Assistent für Sprachpsychologie. Wir arbeiten gerade an einer Studie über den
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