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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde
Autoren: Gianrico Carofiglio
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den Zug gestiegen ist – das wirst du auch den Protokollen entnehmen –, aber sicher ist es nicht.«
    »Wann wurde ihr Verschwinden bemerkt?«
    »Tonino und Rosaria haben eine Villa in Castellaneta Marina. Sie waren dort mit Nicola. Manuela war ein paar Tage bei ihnen gewesen und war dann weitergefahren. Sie hatte gesagt, sie würde das Wochenende im Trullo ihrer Freunde verbringen. Von dort aus hatte sie angerufen, um ihnen mitzuteilen, dass sie am Sonntagnachmittag nach Rom fahren würde, mit dem Zug oder mit jemandem, der ein Auto hatte. In der Woche darauf musste sie zur Uni, ich glaube, um mit einem Professor zu sprechen oder mit dem Sekretariat.«
    »Sie musste mit einem Professor sprechen«, sagte die Mutter.
    »Genau, so war es. Wie auch immer, am Montag haben sie bemerkt, dass sie verschwunden war. Tonino und Rosaria sind Sonntagnacht nach Bari zurückgekehrt. Am Morgen darauf hat sie nicht angerufen, aber das war nichts Besonderes. Am Nachmittag rief Rosaria an, aber das Handy von Manuela war abgeschaltet.«
    Die Mutter mischte sich noch einmal ein, während der Vater weiterhin stumm blieb.
    »Ich habe es zwei-, dreimal versucht, aber sie war nicht zu erreichen. Daraufhin schickte ich ihr eine SMS mit der Bitte, sich bei mir zu melden, aber das tat sie nicht. Da fing ich an, mir Sorgen zu machen. Ich rief den ganzen Nachmittag lang immer wieder an, aber ihr Telefon blieb ausgeschaltet. Schließlich rief ich Nicoletta an, ihre Freundin und Mitbewohnerin in Rom, und die sagte mir, dass Manuela nie angekommen war.«
    »Wissen Sie, ob sie in Bari in der Wohnung war?«
    Diesmal antwortete Fornelli, denn Rosaria war so außer Atem, als wäre sie eine Treppe hochgelaufen.
    »Die Hausmeisterin wohnt im selben Haus, und sie sitzt auch am Sonntag immer vor der Tür, aber sie hat sie nicht gesehen. In der Wohnung gibt es auch keine Hinweise darauf, dass sie dort gewesen wäre.«
    »Nachdem ich mit Nicoletta gesprochen hatte, rief ich noch andere Freunde von Manuela an, aber keiner wusste etwas. Außer dass sie im Trullo gewesen war und Sonntagnachmittag von dort abgereist war. Da haben sie die Carabinieri angerufen – mittlerweile war es Nacht –, aber die sagten ihnen, dass sie nichts tun könnten. Wenn es sich um eine Minderjährige gehandelt hätte, hätten sie eine Suchaktion starten können, aber eine Erwachsene könne hingehen, wohin sie wolle, und auch das Handy abschalten und so weiter.«
    »Sie haben Ihnen geraten, am nächsten Morgen vorbeizukommen und eine richtige Vermisstenanzeige zu erstatten.«
    »Ja. Danach haben sie noch versucht, die normale Polizei zu rufen, aber die Antwort war im Wesentlichen dieselbe. Dann haben sie mich angerufen. Tonino wollte sich ins Auto setzen und nach Rom fahren, aber ich habe es ihm ausgeredet. Was konnte er dort schon tun? Wohin sollte er gehen? Sie hatten ja schon mit Manuelas Freundin gesprochen, die sicher war, dass sie nicht in der Wohnung angekommen war, und tatsächlich gab es keinen Anhaltspunkt, dass sie wirklich nach Rom gefahren war. Im Gegenteil. Wir verbrachten die Nacht damit, bei allen Freunden Manuelas anzurufen, deren Nummern wir ausfindig machen konnten, aber auch das führte zu nichts.«
    Einen Moment konnte ich ganz deutlich die erstickende, unerträgliche Not spüren, die jene Nacht erfüllt haben musste, zwischen den aufgeregten Anrufen und den schleichenden, unsagbaren Ängsten. Ich hatte auf einmal den ebenso absurden wie konkreten Impuls, aufzuspringen und aus meiner eigenen Kanzlei wegzurennen, um dieser Beklemmung zu entkommen. Und tatsächlich rannte ich für einen Augenblick davon, ich entfernte mich geistig, als ließe ich mich von einem anderen Ort magnetisch anziehen, der sicherer und weniger bedrückend war. Ich weiß das, weil mir auf diese Weise ein Teil von Fornellis Erzählung entging. Ich erinnere mich, wie seine Stimme durch den Nebel dieser Entrückung drang, mitten in einer bereits begonnenen Erzählung.
    »… und da haben sie gemerkt, dass es da wirklich ein Problem gab, und haben angefangen zu ermitteln. Sie haben eine Menge Leute vernommen, die Protokolle der Handygespräche von Manuela besorgt, die Kontoauszüge eingesehen. Sie haben sich wirklich Mühe gegeben, aber in all den Monaten ist nichts Brauchbares zum Vorschein gekommen, und heute wissen wir kaum mehr als am ersten Tag.«
    Warum erzählten sie mir diese Geschichte? Vielleicht war jetzt der richtige Moment gekommen, um das zu fragen.
    »Das Ganze tut mir sehr
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