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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition)
Autoren: Fannie Flagg
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Leona nach. Um alles noch schlimmer zu machen, schleppte Edward oder Julian oder ein anderer Junge das Grammofon heraus, zog es auf und spielte ›The Sheik of Araby‹, während Buddy im ganzen Hof herumtanzte. Darüber lachten wir noch vier Jahre lang. Buddy gab Leona später einen dicken Kuss. Man konnte ihm einfach alles verzeihen.
    Poppa engagierte diese Feuerwerker, und als es dunkel wurde, zogen sie eine Riesenshow für die ganze Stadt ab. Alle Schwarzen kamen aus Troutville rüber. Welch ein Anblick! Die bunten Lichter explodierten und erhellten den Himmel. Und die Jungs ließen natürlich wie verrückt ihre Knallkörper krachen. Danach gingen wir in den Salon und hörten zu, wie Essie Rue Klavier spielte – ›Listen to the Mockingbird‹ und ›Nola‹ und was in jenem Jahr eben grade populär war. Währenddessen hockte Idgie im Baum und jaulte.
    Immer trug sie Hosen und Hemden und lief barfuß rum. Und das war gut so. Sie hätte jedes schöne Kleid ruiniert. Ständig ging sie mit Buddy und den anderen Brüdern jagen oder angeln. Buddy sagte, sie konnte genauso gut schießen wie die Jungs. Sie sah wirklich süß aus, bis Buddy ihr alle Haare abschnitt. Da hätte man schwören können, sie wäre ein Junge.
    Aber alle Threadgoode-Mädchen waren hübsch. Nicht, dass sie weiß Gott was dafür getan hätten – außer Leona. Die war die Eitelste von allen, und in dieser Beziehung vertrug sie keinen Spaß.
    Ich selber sah natürlich nur einigermaßen passabel aus, weil ich so groß war. Deswegen machte ich immer den Rücken krumm, aber Momma sagte: ›Ninny, der liebe Gott hat dich so geschaffen, damit du dem Himmel näher bist.‹ Jetzt bin ich nicht mehr so groß. Wenn man alt wird, schrumpft man.
    Haare sind doch was Komisches, nicht wahr? Viele Leute machen ein Riesengetue um ihr Haar. Aber vielleicht ist das nur natürlich. In der ganzen Bibel werden Haare erwähnt – Samson und dieses Mädchen aus Saba und die Frau, die Jesus die Füße wusch und mit ihrem Haar trocknete … Merkwürdig – die Schwarzen wollen glattes Haar haben, und wir wünschen uns Locken. Früher hatte ich braunes Haar, aber jetzt nehme ich ›Silk and Silver Number fifteen‹. Früher benutzte ich ›Number sixteen‹, aber damit wurde mein Haar zu dunkel, und es sah irgendwie gefärbt aus.
    Damals schlang ich’s einfach zu einem Knoten und kümmerte mich nicht mehr drum. Nicht Miss Leona! Ihr Haar war immer ein wunder Punkt, vor allem wenn Idgie was damit zu tun hatte. Als sie neun oder zehn war, spielte sie mit den Kindern drüben in Troutville und kam abends nach Hause, den ganzen Kopf voller Läuse. Wir mussten uns alle die Haare mit dieser Mischung aus Kerosin, Schwefel und Schweineschmalz waschen. Nie habe ich jemanden so kreischen und heulen gehört wie damals Leona. Danach sprach sie wochenlang kein Wort mit der armen Idgie.
    Um diese Zeit kam Buddy vom Internat nach Hause und merkte, wie traurig Idgie war. Er musste zu einem Footballmatch gehen, und ehe er an jenem Abend das Haus verließ, sagte er: ›Komm mit mir, Kleine.‹ Und dann saß sie mit ihm und den anderen Spielern auf der Bank. Ja, so war Buddy …
    Ich glaube, Leona hat Idgie erst nach ihrer Hochzeit verziehen. Bis zu ihrem Todestag blieb sie furchtbar eitel. Einmal las sie einen Artikel im Magazin McCall’s, und da stand, von Ärger und Hass bekomme man Falten. Ständig drohte sie Idgie an, sie würde ihr den Hals umdrehen, aber dabei lächelte sie.
    Natürlich bekam sie den reichsten Ehemann, den’s damals gab, und die Hochzeit war sehr vornehm. Sie hatte furchtbare Angst, Idgie würde das Fest verderben, aber sie sorgte sich grundlos. Idgie verbrachte fast den ganzen Tag mit der Familie des Bräutigams, wickelte die Leute um den Finger, und schließlich glaubten sie alle, sie wäre das wunderbarste Kind von der Welt. Schon in diesem Alter besaß sie den Threadgoode-Charme. Aber keiner war so charmant wie Buddy.«
    Mrs. Threadgoode unterbrach sich, um einen Schluck Wasser aus ihrem Becher zu trinken, und runzelte nachdenklich die Stirn. »Wissen Sie, die kleinen Kokosnusskugeln erinnern mich an dieses grauenvolle Picknick. Ich war bereits mit Cleo verlobt, also muss ich damals siebzehn gewesen sein. An einem Samstagnachmittag im Juni veranstalteten wir unser Kirchenpicknick und amüsierten uns köstlich. Die Jugendgruppe von der Andalusia-Baptistenkirche fuhr mit dem Zug rüber. Momma und Sipsey hatten etwa zehn Kokosnusskuchen gebacken. Die Jungen trugen
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