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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten
Autoren: Campus
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wird, bekomme ich an der Börse das dafür nötige Kapital. In Deutschland funktioniert es
     anders herum: Ich bekomme das Geld erst, wenn ich den Weltmarkt schon aufgerollt habe.« Auf innovative Produkte zu setzen,
     habe in Deutschland zu wenig Chancen, klagt er. Später verfliegt der Zorn, ein Groll aber bleibt spürbar: »Der deutsche Aktienmarkt
     ist für Firmen dieser Art nicht gemacht, Punkt. Wenn ich wieder in Biotech einsteigen würde, dann würde ich das nicht wieder
     in Deutschland, sondern in Amerika tun.« Dort sei eine solche Firma das Zwanzig- oder vielleicht sogar das Fünfzigfache wert.
     »Potenzial wird hier nicht bewertet, das ist halt so«, seufzt Olek.
    Im Sommer 2004 befinden sich die Märkte auf Talfahrt und ziehen auch Epigenomics weiter mit nach unten, obwohl vor allem die
     Analysten von Morgan Stanley der Aktie einen Kurs von bis zu 18 Euro zutrauen. Ende August liegt der Preis des Wertpapiers
     bei unter sechs Euro. So sehr sich Olek auch über die Grundstimmung auf den Finanzmärkten ärgern mag, bleibt er hinsichtlich
     des Börsenkurses des Unternehmens gelassen |27| – und seine Investoren auch. Sie haben Vertrauen in die Zukunft des jungen Unternehmens. »Es gibt keine Biotech-Firma, die
     nicht irgendwann mal unterhalb ihres Ausgabepreises war, und in Deutschland sowieso gar keine«, lautet Oleks Botschaft. »Wer
     Biotech macht, sollte kein Spekulant sein. Und wenn er einer ist, dann sollte er sich nicht über seine Verluste beschweren.«
    Heute, drei Jahre nach dem Börsengang, ist Olek froh, dass er damals so klare Worte gewählt hat: »Wir waren immer auf der
     sauberen Seite und haben jeden davor gewarnt, wie risikoreich das ist.« Er habe Privatanlegern nie empfohlen, in Biotech anzulegen.
     Manche hätten es dann allerdings doch getan, beispielsweise aus privaten Gründen, wie einem Krebsfall in der Familie. »Viele
     Biotech-Investments sind emotional und nicht rational. Da kann ich nur sagen: Leute, ihr müsst die Risiken kennen und davon
     ausgehen, dass ihr euer Geld verliert. Wir haben nur einen begrenzten Einfluss darauf, ob klinische Studien am Ende funktionieren.«
    Während sich Epigenomics in den kommenden Monaten durch die Wogen des Finanzmarktes schaukelt, kommen die Genforscher allmählich
     voran. Tests deuten darauf hin, dass sich ihre Biomarker tatsächlich zur Krebsdiagnose eignen. Doch hinter den Kulissen plagen
     Olek wieder neue Sorgen. Irgendetwas stimmt nicht mit Roche, dem wichtigsten Partner seiner Firma. Es scheinen Kleinigkeiten
     zu sein: Die Roche-Mitarbeiter fragen die Berliner Wissenschaftler immer öfter nach weiteren Daten, mit denen sie ihr eigenes
     Management vom Sinn der Kooperation überzeugen wollen.
    »Es gab weitere Anzeichen für eine Veränderung«, erinnert sich Olek heute zurück. »Das übliche Sammelsurium von |28| kleinen Details, die jemand nicht wahrhaben will, der dem Wishful-Thinking-Syndrom erlegen ist, Details, die man aber sehr
     wohl deutlich erkennen kann.« Es sei schwieriger geworden, Termine in den oberen Chefetagen zu bekommen, Entscheidungen hätten
     sich verzögert, Entscheidungsprozesse seien komplizierter gemacht worden, immer neue Experimente seien gefordert worden. »Dazu
     kam die Angst der Roche-Leute, die mit uns zusammenarbeiteten und die ja auch an den Projekten hingen. Wenn die sich innerhalb
     eines Konzerns einig sind, dann treten die sehr selbstsicher auf. Aber wenn man merkt, dass die eigenen Partner in so einem
     Konzern plötzlich Angst vor ihren eigenen Chefs kriegen, dann muss ja irgendetwas faul sein.«
    Solche Antennen für Probleme und Gefahren auch außerhalb der eigenen Firma zu haben, sei eine extrem wichtige Eigenschaft
     für Gründer und Unternehmenschefs, davon ist Olek überzeugt. Und noch ein Charakterzug sei entscheidend: Pessimismus. »Der
     Optimismus, daran zu glauben, was wir tun, und daran auch festzuhalten, wird viel zu oft verwechselt mit Naivität«, glaubt
     Olek. »Ich selbst bin in der Sache insofern superoptimistisch, dass ich immer sagen würde: ›Wo ein Wille ist, ist auch ein
     Weg.‹ Dieser positive Optimismus ist aber etwas ganz anderes als Blauäugigkeit und Wishful Thinking.« Wenn er sich selbst
     beschreiben solle, »dann bin ich ein gnadenloser Optimist in der Sache, ansonsten aber der pessimistischste, vorsichtigste
     und paranoideste Charakter, der so rumläuft. An jeder Ecke sehe ich als Erster die Warnsignale. Dann werde ich sofort stutzig
     und frage
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