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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence
Autoren: Tom Burger
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zurückgeblieben.“
    „Ein Wettrennen? Das kann ich mir bei Valerie nicht
vorstellen!“
    „Nun, es schien naheliegend, an ein Wettrennen zwischen
zwei schnellen deutschen Autos auf einer einsamen nächtlichen Autobahn zu
denken. Wir sind im Gegensatz zu Ihnen zunächst sehr wohl davon ausgegangen.
Madame Baumann muss um die zweihundert gefahren sein, als der Audi sie dann
offensichtlich bei einem Überholmanöver geschnitten hat. Sie muss dabei das
Fahrzeug verrissen haben, ist gegen die Leitplanke geschleudert und dann wie
ein Geschoss durch die Luft katapultiert worden. Der BMW war völlig
zertrümmert. Die Feuerwehr musste das Fahrzeug auseinanderschweißen, um die
Leiche von Madame Baumann bergen zu können.“
    Wieder schwieg Anselm. Er sah in bizarren Facetten ein
imaginäres Unfallgeschehen, sah Valeries weit aufgerissene Augen, eine
nächtliche Landschaft, dann formten seine Lippen, ohne dass er sich einer
Überlegung bewusst geworden war, eine Frage. „Wieso schien es naheliegend?“
    „Nun, wir haben mit unendlicher Mühe und in Kleinarbeit
das Kennzeichen des Audi rekonstruiert. Einige Zeugen erinnerten sich an
unterschiedliche Details und es gab Aufnahmen von Überwachungskameras an den
Auf- und Abfahrten. Aus diesem Puzzle haben wir schließlich ein Ergebnis
ermittelt. Das Kennzeichen gehört zu einem uralten Lieferwagen aus der
Picardie, der in dieser Nacht in der Garage seines gebrechlichen Besitzers
stand. Das Kennzeichen an dem Audi war also gefälscht. Insofern kann es wohl
kaum ein sportliches Wettrennen gewesen sein, sondern vermutlich mehr eine
Flucht von Madame Baumann vor einem Verfolger, der ganz offensichtlich genau
wusste, wo, wann, in welche Richtung und wie sie fuhr und der ihr ebenso
offensichtlich mit der Absicht gefolgt war, den Unfall herbeizuführen.“
    „Mord?“
    „Mord, Monsieur Bernhard. Ein weiterer in dieser
grauenvollen Serie. Wir fügen der ungeklärten Erschießung von Melissa Lindner
und dem fragwürdigen Herztod von Edgar Baumann erneut ein Verbrechen hinzu. Und
wir haben, wie Sie sich denken können, noch eine ganze Reihe Fragen an Sie.“
     
    Eine Kellnerin räumte den Teller mit den Austernschalen
und das leere Glas ab, das vor Anselm stand. „Darf es noch etwas sein?“, fragte
sie.
    Anselm fand irritiert in die Gegenwart zurück und
schüttelte den Kopf. Die Frau sah in skeptisch an. Er war ein Gast, der nun
schon viel zu lange an seinem Platz stand und telefonierte, aber nichts
konsumierte.
    „Fragen Sie!“, antwortete er Vidal.
    „Nicht jetzt. Unsere Hamburger Kollegen werden mit Ihnen
Kontakt aufnehmen. Es gibt aber noch einen Aspekt in der ganzen Geschichte, den
ich ihnen erzählen möchte. Er betrifft Ihren Bekannten, Monsieur Seefelder,
oder besser gesagt seinen Konzern.“
    „In einer letzten SMS hatte sich Madame Baumann ziemlich
negativ über ihn geäußert.“
    „Verständlich! Seefelder Biotechnology hat sich die
Verwertungsrechte an Pauline Bouchets Entdeckungen ja mit Hilfe der Stiftung
erschlichen – ich glaube, dass kann man doch so sagen, oder?“
    „Von mir aus brauchen Sie keine Rücksicht auf Seefelder
zu nehmen. Ich halte ihn für kriminell, obwohl seine Anwälte vermutlich immer
das Gegenteil beweisen könnten. Aber da liegt wohl auch das Problem mit SBT,
sie bleiben unantastbar.“
    „Vielleicht. Wir erleben hier zumindest gerade eine
Revolution gegen den Konzern und First International Pharma. Mitte November
erschien eine Pressemeldung von denen. Man habe die entscheidenden Forschungen
für ein neues Präparat erfolgreich abgeschlossen. Ein potenzsteigerndes Mittel
auf rein pflanzlicher Basis, das ähnlich wirken würde wie PDE-5-Hemmer, über
die Sie mir einmal so freundlich Auskunft gegeben haben. Die Nachricht war eine
Sensation. Sämtliche Medien berichteten darüber. Es gab wildeste Spekulationen,
wann First International das Präparat auf den Markt bringen und wie sich das
auf die derzeitige Preispolitik der Pharmakonzerne auswirken würde, für die
PDE-5-Hemmer eine Goldgrube sind. Dieses Szenario war erst für den Zeitpunkt
vorstellbar gewesen, wenn das Patent auf den Wirkstoff in Viagra ausläuft und
preiswerte Generika den Markt überschwemmen könnten.“
    „Ich habe darüber gelesen“, sagte Anselm. Er war aufgestanden
und zum Ausgang der Passage in die Poststraße gegangen. Dort blieb er stehen
und suchte einen windgeschützten Winkel. „Hier haben auch alle Medien darüber
berichtet. Jede Tageszeitung, jedes
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