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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel
Autoren: Sarah Mlynowski
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möchte es wirklich. Ich möchte glücklich werden. Das Einzige, was ich noch mache, ist arbeiten und schlafen. Und mit Bubbe reden. Das ist kein Leben.“
    „Dann such dir was Eigenes. Dafür musst du nicht um die halbe Welt reisen.“
    „Aber das will ich! Ich will was Verrücktes machen. Willst du mit?“
    Nein. Ja. „Nach Europa? Ich kann nicht nach Europa.“
    „Warum nicht? Ich bin doch auch da.“
    „Weil … Ich habe einen Job, eine Wohnung.“ Eine Wohnung mit bald einer Mitbewohnerin weniger. „Und Iris ist hier.“
    „Iris? Zu Besuch?“
    „Lange Geschichte. Wohin fliegst du?“
    „Heathrow.“
    Ah, London. „Das ist nicht fair. Du weißt, dass ich immer schon mal nach London wollte.“
    „Dann komm mit.“
    „Ich kann nicht. Wann fährst du?“
    „Anfang Februar.“
    „In einem Monat? Du kannst nicht so schnell abhauen! Was, wenn es bei mir zu einem Notfall kommt? Wie soll ich dich jemals finden können, wenn du irgendwo durch Europa waberst?“
    „Na dann komm mit.“
    „Wendy, bleib auf dem Teppich. Ich kann nicht einfach abhauen. Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich habe einen Job.“
    „Ich auch.“
    „Und ich habe mein Portemonnaie verloren.“
    „Schon wieder?“
    „Wie schon wieder? Sie haben es mir damals
geklaut
.“ Wendy vertritt diese verrückte Theorie, nach der die Geschichte mit der Küche nur eine Erfindung war, weil ich die Börse in Wahrheit auf dem Süßigkeitenautomaten in der Bibliothek vergessen habe.
    „Wenn du meinst. Wo hast du es denn verloren?“
    „Wenn ich es genau wüsste, wäre es wohl nicht verloren, oder?“
    „Falsch. Du könntest wissen, wo du es zuletzt gesehen hast.“
    „Gestern Nacht in der Bar.“
    „Dann solltest du deine Kreditkarten besser sofort sperren lassen.“
    „Aber das nervt.“
    „Keine Ausrede. Mach das echt gleich.“
    Und was, wenn ich es noch finde?
    Klingel.
    „Jemand klingelt unten. Bleib eine Sekunde dran.“
    Ich hoffe, es ist kein weiteres Mitglied meiner Familie, das mich besuchen will. Bitte, bitte, lass es nicht Janie sein, die Iris abholen will. Nicht dass ich meine Schwester hier haben will. Nur könnte ich Janie im Moment nicht ertragen. Vielleicht ist es Andrew. Ich meine mich dunkel zu erinnern, dass er mir gesagt hat, er wolle heute kurz nach mir sehen.
    „Wer ist da?“
    „Jeremy.“
    O mein Gott. Was macht der denn hier in Boston? Was macht er an meiner Haustür? So wie ich rieche, kann ich ihn nicht reinlassen. Ich will ihn nicht sehen. „Komm hoch“, sage ich und drücke ihm die Tür auf. Warum habe ich das gemacht? Ich bin schmutzig. Er darf mich so nicht riechen. Kann ich noch schnell duschen? Ich habe ungefähr drei Minuten, bis er oben ist.
    Es klingelt noch mal. „Welches Apartment hast du?“
    „Fünf-Null-Acht.“
    Ich bin erstaunt, dass er überhaupt das Haus wieder gefunden hat. Er hat es das letzte Mal gesehen, als wir uns die Wohnung zusammen angeguckt haben. Bevor er mich verlassen und alles ruiniert hat. Es bleiben noch zwei Minuten vierzig Sekunden.
    Als es drei Minuten, elf Sekunden später an der Tür klopft (der Fahrstuhl muss schon wieder im Erdgeschoss hängengeblieben sein – normalerweise hasse ich das, jetzt aber bin ich regelrecht begeistert über den Aufschub), sind meine Zähne geputzt, das Gesicht gewaschen, Jeans und Sweatshirt übergestülpt, ich parfümiert (keine Zeit für ein Tröpfchen auf jedem Handgelenk, es reicht nur für ein Rundumspray), und auf meinem Kopf sitzt die rote Base-ballkappe, die er mir geschenkt hat. Ich hoffe, er weiß die Geste zu schätzen. Ich hoffe, er erinnert sich, dass er sie mir geschenkt hat.
    Du meine Güte. Jeremy ist hier. Warum ist Jeremy hier?
    Es klopft. Ich mache die Tür auf. Da steht er vor mir in seiner schwarzen Lederjacke, hellen Jeans und den schwarzen Boots, die wir letztes Frühjahr zusammen gekauft haben. Warum riecht er bloß immer so gut?
    „Hi“, sagt er und ist um Augenkontakt bemüht.
    „Hi.“ Sieh ihm nicht in die Augen; sieh ihm bloß nicht in die Augen.
    Ich muss weiter sauer auf ihn sein. Er trifft sich mit Crystal Werner. Er schläft mit Crystal Werner. Er hat mit Crystal Werner mindestens sieben Kondome verbraucht. „Und du bist hier warum?“ Die Frage ist alt.
    „Können wir reden?“
    Ich bin irritiert. „Können wir reden?“ ist eine Frage, auf die normalerweise die Trennung folgt. Wir sind schon getrennt. „Ich will nicht reden.“
    „Bitte? Lass mich wenigstens
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