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Große Kinder

Große Kinder

Titel: Große Kinder
Autoren: Oggi Enderlein
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allem viele Menschen aus sehr verschiedenen Lebensbezügen. Sie alle haben an diesem Buch ebenso »mitgeschrieben« wie alle Kinder, die mit ihren Geschichten vorkommen. Wer sich konkret hinter den Geschichten verbirgt, ist nicht mehr zu erkennen: Zum einen spielen sich viele Begebenheiten bei verschiedenen Kindern in ähnlicher Form ab, zum anderen sind selbstverständlich alle Namen und andere »persönliche Kennzeichen« frei erfunden. Außerdem sind die meisten der erwähnten Kinder längst keine Kinder mehr.
    Auch meine drei Kinder sind inzwischen erwachsen. Ohne sie hätte ich den inneren Faden zur Kindheit, der dieses Buch zusammenhält, wahrscheinlich längst verloren. Und ohne Hinrich, ihren Vater, hätte es etliche Erfahrungen von spannender,komischer, lustvoller Kindheit in unserer Familie nicht gegeben. Er hat uns vorgelebt, dass man als Eltern ab und zu den »erwachsenen Pädagogen« getrost abstreifen darf, um über das eigene innere Kind einen unmittelbareren Kontakt zu seinen Kindern zu knüpfen.
    Euch also   – und nicht zuletzt auch den Lektoren des Kösel-Verlags, Dagmar Olzog und Gerhard Plachta   – ist dieses Buch zu verdanken!

Teil I
Allgemeine Entwicklungsthemen

Ich weiß etwas, was du nicht weißt, sag’s dir aber nicht! Oder doch?
    Die Entwicklung von Selbstbehauptung
    E s hat seinen guten Grund, dass wir vergleichsweise wenig über das »normale« Leben von Kindern zwischen etwa 7 und 13   Jahren wissen. Für die psychische Entwicklung in diesem Alter ist es nämlich außerordentlich wichtig, sich dem Blickfeld der Erwachsenen, ihrer indiskreten Neugierde, ihrer Tendenz, sich in alles einzumischen, alles wissen und dirigieren zu wollen, zu entziehen. Kinder ab 7 müssen sich, wenigstens ab und zu, »von der Hand der Erwachsenen losreißen«, um, gemeinsam mit Altersgenossen, auf eigene Faust und auf eigenes Risiko zu »leben« und zu handeln. Daran wachsen sie.
    Aufsichtspflicht, Haftpflichtgedanken, Sorge um die Sicherheit, der Vorrang von Schulbildung und die Angst vor »Verwahrlosung« haben bei uns in den letzten 40   Jahren dazu geführt, dass die meisten Kinder bis ins Jugendalter unter der permanenten Kontrolle von Erwachsenen stehen: in der Schule, in der Freizeit, zu Hause. Daheim gibt es zwar die Möglichkeit, am Fernseher oder Computer auf »eigenes Risiko« Sendungen anzuschauen, die »verboten« sind, oder sich heimlich mit Programmangeboten zu beschäftigen, die »noch nichts für dein Alter« sind; das ist aber nur ein fahler Abklatsch von selbstbestimmtem Kinderleben.
    Kinder, die nicht am Gängelband der Erwachsenen gehalten werden, beschäftigen sich mit anderen Dingen, die erheblich mehr »Lebensqualität« bringen, weil sie lebendig und mit intensiven Gefühlen verbunden sind und weil sie ganz persönliche körperliche und geistige Aktivität erfordern.
    Drei zentrale Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Entwicklung zwischen etwa 7 und 13   Jahren:
die eigenständige Erkundung der Welt außerhalb des Elternhauses (in sicherem Abstand von Erwachsenen),
das Zusammensein und die Auseinandersetzung mit Altersgenossen (dabei haben die Erwachsenen nichts zu suchen) und
Geheimnisse und Heimlichkeiten.
    Auf der ganzen Welt und zu allen Zeiten spielt das Geheime eine Schlüsselrolle im Leben von Kindern im Alter ab etwa 7   Jahren. Offenbar ist es eine Art Zauberelixier für ihre Entwicklung. Heimlich etwas zu tun heißt, auf eigene Verantwortung zu handeln. Das ist ein enormer Schritt in der Entwicklung des Menschen! Ihn zu wagen, kostet allerdings große Überwindung (wie schwer tun sich noch viele Erwachsene damit, für etwas Verantwortung zu übernehmen, dessen Ausgang ungewiss ist!). Kinder werden vom Unbekannten, Geheimnisvollen, Unheimlichen, Verbotenen magisch angezogen. Diese kindliche Eigenschaft hat zwei Seiten. Nicht nur die negative, die wir Erwachsenen als Vorwand nehmen, um die Kinder vor »unbedachten Wagnissen« zu schützen und sie möglichst unter eine streng geregelte Rund-um-die-Uhr-Kontrolle zu stellen. Die positive Seite ist, dass Kinder den Dingen selbständig auf den Grund gehen und dabei viel über die Welt erfahren. Sie lernen selbstverantwortlich zu handeln und ihre Fähigkeiten einzuschätzen.
     
    Simone de Beauvoir ist vorwiegend in Paris aufgewachsen. Umso wichtiger war es für sie offenbar, dass sie wenigstens in den Ferien auf dem Land einen Ort hatte, den sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester selbständig in immer
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