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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)
Autoren: Aileen P. Roberts
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Fluss, was sie mit diesem oder jenem alles anstellen würden, sollten sie seiner erst habhaft werden.
    Hinter Kobbi brandete Gelächter und Applaus auf, und jede gelungene Erwiderung wurde kommentiert. Manche wussten gar zusätzlichen Rat, andere feuerten ihre Auserkorenen nun erst recht an.
    Der Bogin drehte sich einmal um sich selbst und zwickte sich in den Arm. Erst jetzt fiel ihm auf, dass alle jungen Frauen nicht weniger geschmückt waren als die Männer, mit Blumen im Haar und Körben voller Blumenblätter. Kobbi stand der Mund offen, und so allmählich dämmerte es ihm, was hier tatsächlich vor sich ging.
    Er sah, wie drüben einer nach vorn ans Ufer trat und Garth auf der anderen Flussseite persönlich angriff. Diese Sätze hatten es wirklich in sich. Kobbi hörte, wie die Leute hinter ihm flüsterten. Offenbar galt Jarod – das also war Jarod! – als der König der Schlagfertigkeit, und niemand wagte es, sich mit ihm zu messen. Ausgerechnet Malins Bruder, die Frau, die Garth anbetete!
    Niemand unterbrach Jarod. Alle hörten fasziniert seinen poetischen Schmähungen zu, die er mit wohlmodulierter Stimme vortrug. Und dazu die Gesten, die Körperbewegungen … nein, diesen Kampf konnte niemand gewinnen!
    Als Jarod endete, herrschte für einen Augenblick atemlose Stille, und die Blicke vieler Augenpaare richteten sich auf Garth, der nun seinerseits nach vorn schritt. Ein Stöhnen und Raunen ging durch die Menge, und Kobbi hörte Worte wie »Oje, Garth der Träumer«, »Garth der Spintisierer«, »Garth der Philosoph«. Allzu viel Vertrauen schien man nicht in ihn zu setzen, und auch die anderen jungen Männer betrachteten seinen Auftritt mit scheelen Blicken.
    Aber Garth ließ sich jetzt nicht mehr beirren. Seine Hand ruhte fest auf dem Dolchgriff. Für einen Moment huschte noch einmal Unsicherheit über sein Gesicht, und er sah sich um. Entdeckte Kobbi in der Menge. Der Bogin nickte ihm zu. Da wandelte sich seine Miene zu Entschlossenheit, und er drehte sich dem Herausforderer zu.
    Und gab Antwort.
    Nicht nur Kobbi lauschte mit offenem Mund. Das hatte es in sich! Hatte Garth sich das lange vorher überlegt und geübt? Das konnte er aber nur in einem geringen Rahmen vorbereitet haben, denn seine Rede war eine passgenaue Antwort auf Jarods Polemik. Und sie floss Garth ganz leicht und mühelos von den Lippen. Er war viel sparsamer in den Gesten als jener, aber dafür umso pointierter. Und die ganze Zeit hielt seine Rechte den Dolchgriff am Gürtel umschlossen.
    Als er endete, schnappten viele zunächst nach Luft und starrten den zuvor Verhöhnten ungläubig an, bevor der Jubel ausbrach. Seine Kameraden umarmten Garth und klopften ihm auf die Schultern, andere warfen ihre Hüte in die Luft und führten einen spontanen Tanz auf. Ganz klar: Für dieses Jahr war Beenstock der Sieger, und das war allein dem Zimmermann und Schiffsbauer Garth, dem großen Außenseiter und Spintisierer zu verdanken! Der erste Sieg seit Jahren!
    Aber Wesperton nahm die Niederlage nicht krumm, auch drüben wurde gejubelt und Garth lautstark für seine Schlagfertigkeit gelobt. Jarod grinste und hob den Arm.
    Die jungen Frauen stürmten nun nach vorn und kippten die Blütenblätter aus den Körben in den Fluss. Kobbi traute seinen Ohren kaum, als sie damit Hafren dankten, den Sieger erkoren zu haben. Und er sah drüben eine junge Frau, die Jarod ähnlich und sehr hübsch aussah. Sie blickte Garth an, winkte ihm lachend und warf ihm eine Kusshand zu. Und dann rannten alle jungen Frauen zur Fähre – es gab auf beiden Seiten eine –, um sich übersetzen zu lassen. Die übrigen Dorfbewohner, hüben wie drüben, waren völlig aus dem Häuschen und fingen an, in aller Eile fürs Bankett aufzutragen, während Musiker das Chaos mit launigen Klängen und Gesang begleiteten. An diesem Tag würden die Fähren sehr oft hin- und herfahren, das stand außer Frage.
    Garth kam auf Kobbi zu, seine Augen strahlten in sommerlichem Blau, verschwunden war seine Melancholie.
    »D … das ist nichts als ein … ein großer Heiratsmarkt!«, stotterte der Bogin, immer noch fassungslos.
    »Tja. Nur so gewinnt man das Herz der Auserkorenen. Oder überhaupt einer Maid.« Garth grinste.
    »Deshalb keine Brücke!«
    »Mhm. Ich habe dennoch vor, diese Tradition zu brechen. Sie ist schon ein bisschen albern, wenngleich sie auch zugegebenermaßen erfolgreich ist. Und … Spaß macht es auch. Man wird so ziemlich jeden Groll los. Wenn man sich denn traut.«
    Garth griff
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