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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)
Autoren: Aileen P. Roberts
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und den Herrn stützen, das ging einfach nicht. Ein Bogin war nicht größer als ein zwölfjähriges Menschenkind. Dabei verfügten sie zwar über eine kräftigere Statur, aber alles hatte Grenzen.
    Noch dazu, da Magister Brady am folgenden Morgen mit einer weiteren dick bepackten Tasche herangekeucht kam.
    »Meister, was hat das zu bedeuten?«, fragte Kobbi entgeistert.
    »Gestern kam ein Brief von Magister Brychan«, antwortete der Gelehrte vergnügt. »Man hat Kunde von meiner Anreise erhalten und lädt mich nun ein, während meines Aufenthaltes einen oder zwei Vorträge an der Akademie zu halten, um die Studierenden zu unterweisen.«
    Kobbi überschlug, wie lange sie verreisen würden, und stellte fest, dass er noch mindestens eine weitere Reisetasche benötigte.
    »Ach was!«, wehrte Magister Brady munter ab. »Ich werde fürstlich entlohnt, und deshalb werden wir uns eine neue Garderobe leisten – ja, auch eine für dich. Es wird dir dort gefallen, und du wirst nicht allein sein. Brychan hat uns zu sich eingeladen, und in seinem Haus lebt ein ziemlich kluger Bogin. Er heißt Tiw.«
    »Tiw? Aber ihn habt Ihr schon erwähnt und ihn als Griesgram bezeichnet.«
    »Nun … ja. Das ist er wohl. Aber er ist auch sehr gebildet. Du kannst eine Menge von ihm lernen! Und nun lass uns endlich abreisen!« Er nahm auf dem Kutschbock Platz und griff nach den Zügeln. Kobbi kletterte auf die Sitzbank hinten, kontrollierte, ob die Taschen auch gut verstaut waren, und schloss dann die Augen. Er wollte weder den Abschied noch den Ausblick erleben. Im Augenblick fühlte er sich einfach nur schrecklich.
    »Mach schon die Augen auf!«, mahnte sein Herr schließlich.
    »Woher wollt Ihr denn …«
    »Ich weiß genau, was du tust, junger Mann. Und jetzt mach gefälligst die Augen auf und sieh dich um. Es ist ein herrlicher Tag. Du wirst nicht oft solch einen Anblick vorgesetzt bekommen, denn wenn wir erst wieder zurück sind, habe ich viel zu tun und benötige dich im Studierzimmer.«
    Kobbi brauchte noch einige Zeit, bis er es über sich brachte, die Lider zu heben. Ihm war von dem Schaukeln und Schütteln jämmerlich übel. Nachdem sich der Schwindel einigermaßen gelegt hatte, sah er sich um. Sie rumpelten einen Karrenweg, keine Straße, entlang, der mitten durch goldene Kornfelder führte. Blau wölbte sich der Himmel darüber, und Eichen mit weit gespannten Wipfeln lockerten in schwungvollem Grün das Bild auf.
    »Und, was sagst du?«
    »Ja, ganz nett.«
    »Ganz nett? Ganz nett? Ich biete dir eine Gelegenheit, wie sie nicht viele Bogins erfahren dürfen, und du nennst es ganz nett? «
    »Verzeihung, Meister.« Kobbi zog einen Flunsch und schämte sich ein bisschen. Er klang ziemlich undankbar, das wusste er. Aber dafür konnte er nichts: Er hatte Angst vor der Weite hier draußen. Da konnte man sich ja verlieren.
    Sie machten zweimal Rast unterwegs – wegen des Pferdes –, und dann ging es weiter bis in die Abendstunden. Kobbi atmete erleichtert auf, als er einen kleinen Marktflecken entdeckte, der sich malerisch entlang eines Flüsschens ausbreitete. Dünne Rauchsäulen stiegen in den rot und violett leuchtenden Abendhimmel. Es waren nicht mehr als zwei oder drei Dutzend Höfe mit einem Marktplatz und einem Gasthaus im Zentrum, unmittelbar am Fluss gelegen. Rundherum erstreckten sich Felder, Wiesen und Wälder, sogar ein paar Felsformationen gab es.
    Das sah vielversprechend aus. Bisher hatte es nämlich keine richtige Mahlzeit, nicht einmal eine annehmbare Vesper gegeben. Entsprechend ungehalten war Kobbis Magen, diese Entbehrungen war er nicht gewöhnt.
    »Dort werden wir einkehren und einen vergnügten Abend verbringen«, erklärte Magister Brady und schlug die Zügel an, um schneller anzukommen. »Und morgen Abend sind wir dann schon in Mathlatha. Du siehst, es ist leicht zu bewältigen.«
    Es gab jeweils ein Zimmer für den Magister und seinen Diener, die miteinander durch eine Tür verbunden waren. Der Wirt hatte so getan, als hätten sie großes Glück – doch in Wahrheit waren sie die einzigen Übernachtungsgäste. Kobbi verschwand fast in dem Bett, in dem ein ausgewachsener Oger Platz gefunden hätte, und die Zimmerdecke war ein wenig hoch. Abgesehen davon war es erträglich.
    Vor allem aber freute er sich auf einen reichlich gefüllten Teller und dazu ein schäumendes Bier. Da es wohl kein spätes Nachtmahl mehr geben würde, musste er jetzt alles aufholen und hinreichend vorsorgen, um bis zum Morgenmahl
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