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Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition)

Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition)

Titel: Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition)
Autoren: Leigh Bardugo
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zugetragen hatten. Dann war die Hungersnot gekommen und mir ihr der lange Winter, und Maxim hatte in der Falle gesessen.
    »Ich wollte aufhören«, sagte er und zog seine Tochter enger zu sich heran. »Bitte glaube mir«, flehte er sie an. »Sag, dass du mir glaubst.«
    Das Lebkuchenmädchen schwieg.
    Maxim öffnete den feuchten Mund zu einem erneuten Kuss, und als seine Lippen auf die süße Schulter sanken, entwich ihm ein Stöhnen, das zugleich ein Seufzen war.
    Als er seine Zähne in die Schulter schlug, wurde das Seufzen zum Schluchzen.
    Nadja schaute zu, wie ihr Vater das Lebkuchenmädchen aß, Bissen um Bissen und Stück für Stück, weinend, aber ohne abzulassen. Als er das Mädchen ganz verspeist hatte, war das Feuer im Kamin erloschen. Maxim lag lang ausgestreckt auf dem Fußboden, mit aufgedunsenem Bauch, klebrigen Fingern und Krümeln im Bart. Erst da wandte die Krähe den Blick ab.
    Nadjas Vater wurde am nächsten Morgen gefunden. Seine Eingeweide waren geplatzt und stanken nach Verwesung. Er hatte die ganze Nacht auf den Knien gelegen und Blut und Zucker erbrochen. Karina, die nicht zu Hause gewesen war, hatte ihm nicht helfen können. Als man die blutigen Dielen aufstemmte, entdeckte man unter anderem das Gebetbuch eines Kindes, ein Armband aus Glasperlen und die restlichen roten Schleifen, die Genetschka beim Tanz im Haar getragen hatte. Außerdem die weiße Schürze von Lara Deniken, von ihr selbst unbeholfen bestickt, die Bänder durchtränkt mit ihrem Blut. Und die ganze Zeit über standen die Holzpuppen wie stille Beobachter auf dem Kaminsims.
    Nadja flog wieder zur Hütte. Magda murmelte leise Sprüche, die sie in ihren Körper zurückführten. Wladschek leckte ihr die schlaffe Hand. Danach half sie Magda weiter bei der Arbeit, schwieg aber tagelang und rührte ihr Essen kaum an.
    Nadja dachte nicht an ihren Vater, sondern an Karina, die stets eine Möglichkeit gefunden hatte, ihre Mutter zu besuchen, nachdem diese erkrankt war, und die sich nach Hawels Abreise immer im Haus aufgehalten und ein Auge auf sie gehabt hatte. Die Nadja gezwungen hatte, im Wald nach den Fallen zu schauen, damit sich ihr Vater nur an einem Geist hatte vergehen können. In der Hoffnung, wenigstens ein Mädchen retten zu können, hatte Karina sich mit einem Ungeheuer eingelassen.
    Nadja schrubbte, kochte und jätete Unkraut im Garten und dachte dabei an Karina, die während des ganzen Winters mit Maxim allein gewesen war, seine Abwesenheit sowohl gefürchtet als auch herbeigesehnt hatte, um im Haus nach Indizien suchen zu können, die ihren Verdacht erhärteten, um die Fußböden und Schränke nach den Geheimfächern abzutasten, die der geschickte Maxim eingebaut hatte.
    Die Leute in Duwa erwogen, Maxim Gruschows Leiche zu verbrennen, aber schließlich beerdigte man ihn ohne Gebete an die Heiligen auf einem steinigen Stückchen Erde, wo bis zum heutigen Tage nichts wächst. Die sterblichen Überreste der verschwundenen Mädchen wurden nie gefunden, aber manchmal stößt ein Jäger im Wald auf Menschenknochen, einen Perlmuttkamm oder einen Schuh.
    Karina zog in ein weit entferntes Städtchen. Wer weiß, was aus ihr geworden ist? Eine alleinstehende Frau hat es nicht leicht. Was Nadja betrifft, so lebte sie weiter bei Magda und lernte alle Kniffe der alten Frau, Zaubereien, von denen man an einem Abend wie diesem besser schweigt. Ihr Bruder Hawel nahm an den Feldzügen im Norden teil und kehrte als Held nach Hause zurück.
    Nun wisst ihr, welche Ungeheuer im Wald bei Duwa hausten, und wenn ihr jemals einem Bären mit goldenem Halsband begegnet, könnt ihr ihn mit Namen begrüßen. Und jetzt schließt die Fenster und achtet darauf, dass alle gut verriegelt sind, denn dunkle Wesen können durch die schmalsten Ritzen schlüpfen. Möchtet ihr vielleicht etwas Leckeres essen? Gut, dann geht mir zur Hand und helft mir beim Umrühren.
Dir hat diese Erzählung gefallen?
Auf den folgenden Seiten findest du eine Leseprobe aus der GRISCHA-Trilogie von Leigh Bardugo!





Die Diener nannten sie Malenchkij , Geisterchen, denn sie waren die Kleinsten und Jüngsten und sie suchten das Haus des Herzogs heim wie kichernde Phantome, flitzten durch die Zimmer, versteckten sich in Schränken, um zu horchen, stahlen die letzten Pfirsiche des Sommers aus der Küche.
    Junge und Mädchen trafen im Abstand weniger Wochen ein, noch zwei Kinder, deren Eltern während der Grenzkriege den Tod gefunden hatten, verdreckte Flüchtlinge, die man in den
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