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Grippe

Grippe

Titel: Grippe
Autoren: Wayne Simmons.original
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umliegenden Häuserdächer wandern ließ, erkannte Geri etwas Wehmütiges in seinem Blick. Ob er wohl an McFall dachte? »Es ist einfach ungerecht«, fuhr er kopfschüttelnd fort, ehe er seinen Penis zurück in die Hose steckte.
    Geri drückte das Kind fest an sich und lächelte, vermutlich weil sie die Situation mittlerweile anders einschätzte als Lark. Gut möglich, dass er in gewisser Hinsicht recht hatte; vielleicht starben sie hier oben, weil sie die Toten, die die Gänge bevölkerten, nicht umgehen konnten. Andererseits mochten sie einen Weg aus dieser Misere finden, eine schlichte wie effektive Lösung; ihre geschärften Sinne, die menschliche Intelligenz konnten ein scheinbar unüberwindbares Problem aus der Welt schaffen, denn das vermochte sie schon immer, wenn es die Verzweiflung bedingte. Dies machte den Menschen im währenden Kampf um Leben und Tod zur überlegenen Spezies.
    So oder so war es Geri recht, denn sie hatte es bereits geschafft, hier und jetzt im Regen: Sie war eine Überlebende.
    Leider konnten das nicht alle von sich behaupten. Ihr Herz blutete, als sie an George dachte. Nicht einmal seinen Nachnamen kannte sie, und auch sonst wusste sie nichts über ihn. Kaum mehr als einen flüchtigen Blick über den Tisch hatten sie beide geteilt, ein oder zwei bemühte Wortwechsel, Allgemeinplätze irgendwo dort draußen auf der trostlosen Landkarte. Dann hatte sie ihn verloren, noch ehe sie mit Verstand und Seele gleichermaßen begriff, wie wichtig er für sie war.
    »Moment mal …« Lark zerstob ihre Gedanken. Er schaute über das Dach, während der Regen wüst von seinem kahlen Kopf spritzte, ohne dass er es zu bemerken schien, so gebannt war er. Dann sah es aus, als messe er das Dach der Länge und Breite nach ab, indem er vom Rand aus auf den Beton schaute.
    »Was denn?«, fragte Geri und drückte das Kind fester an sich, als wolle sie es nicht nur vor dem Regen, sondern auch der Gefahr bewahren, auf die Lark offensichtlich gestoßen war.
    »Auf dem Boden steht was geschrieben …«
    Geri schaute unter sich und erkannte einen langen Schriftzug in Farbe, der sich beinahe über das ganze Dach erstreckte. So nahe dran konnte sie ihn jedoch nicht entziffern. Plötzlich dachte sie wieder an die andere Frau, die nun tot war. Ihre Klamotten waren mit Farbe beschmiert gewesen. Lark kletterte auf den niedrigen Mauervorsprung, um die Worte besser zu überblicken.
    »Was steht da?« Sie musste brüllen, weil ein regelrechtes Unwetter losbrach.
    »Wow«, gluckste er. »Das ist echt irre …«
    »Was?«, drängte sie ungeduldig.
    » Da steht: Wir haben ein Heilmittel …« Er starrte sie unverständig an. »Groß und breit.«
    Geri betrachtete das kleine Mädchen. Sie konnte es nicht begründen, wusste aber einfach, dass die Kleine außergewöhnlich war: Die Botschaft auf dem Dach bezog sich auf sie. Sie schmiegte sich fester an sie wie aus Angst, sie könne irgendwie verschwinden, sich etwa im Regen auflösen, als bestünde sie aus Zucker.
    »Das Kind«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Es geht um das Kind.«

    Jackson blinzelte. Das grelle Deckenlicht blendete ihn sofort. Er hatte geträumt, natürlich alles andere als sanft. Dabei saßen Gallagher und die anderen Männer beim Essen an einer langen Tafel. Das Ambiente mutete mittelalterlich an, und sie alle trugen edelste Festtagsskleidung. Der tote Colonel – anscheinend nun zum Diener degradiert – trat feierlich mit einem Silbertablett ein, ehe er den Deckel mit seinen knöchernen Fingern lüftete. Darunter lag Jacksons Kopf mit einem Apfel im Mund – wie ein Wildschwein, das man geschossen und zur Verköstigung der Anwesenden gebraten hatte. Gallagher wirkte hocherfreut, atmete tief ein und klatschte gediegen, was die Übrigen ermutigte, den Hauptgang gleichsam zu würdigen. Der Kopf allerdings lebte noch, und Jackson sah sie alle auf einmal aus der entsprechenden Perspektive. Dabei versuchte er, den Apfel auszuspucken, der jedoch feststeckte, als hätte man ihn an sein Gebiss geklebt. Er schrie, dass seine Augen hervorquollen, während die Männer seinen Blick erwiderten, weiter Applaus und Lob über ihren Festschmaus ausschütteten, als solle der Major stolz darauf sein, auf dieser Platte zu liegen und auf ihren Tisch zu gelangen ...
    Mühselig fand er zu Bewusstsein, und seine Augen gewöhnten sich nur langsam an das künstliche Licht. Er saß nackt an einen Stuhl gefesselt in einem der Verhörzimmer. Sein letzter Erinnerungsfetzen zeigte ihm den
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