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Gretas Entschuldigungen

Gretas Entschuldigungen

Titel: Gretas Entschuldigungen
Autoren: Anu Stohner
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Sie morgen im Krankenhaus besuchen, weil ich an dem Wochenende sowieso nichts mit Lukas oder meinen Freundinnen machen darf, aber mein Papa und meine Mama haben gesagt, dass ich Ihnen erst schreiben soll und fragen, ob es Ihnen auch recht ist, dass ich Sie besuche, wo es Ihnen vielleicht richtig schlecht geht mit Ihrem Bein.
    Mein Papa und meine Mama haben auch gesagt, dass Entschuldigungen nur gelten, wenn man das, was man gemacht hat, ehrlich und von Herzen bereut. Darum bereue ich es ehrlich und von Herzen, aber dass Sie sich so komisch das Bein gebrochen haben, dass Sie im Krankenhaus bleiben müssen, haben wir nicht gewollt, also Lukas und ich.
    Wir wollten nur, dass Sie nicht die hintere Treppe im Schulhaus nehmen, wenn Sie aus dem Lehrerzimmer im zweiten Stock kommen. Wir wollten, dass Sie noch mal umdrehen müssen und die vordere Treppe nehmen, weil Lukas doch keine Zeit hatte, für die Rechenarbeit in der dritten Stunde zu lernen. Wir dachten, wenn Sie einen Umweg machen müssen und zu spät kommen, dass dann vielleicht zu wenig Zeit ist und Sie die Rechenarbeit auf den Dienstag verschieben.
    Lukas muss immer so viel trainieren, weil er in so einer tollen Fußballmannschaft spielt, aber für den Dienstag hätte er dann gelernt. Er hat es mir versprochen!
    So sind wir auf die Idee mit dem Zettel gekommen, oder eigentlich ich.
    Auf dem Zettel stand nur, dass die Treppe wegen Reparatur bis 12 Uhr gesperrt ist, und wenn wir gewusst hätten, dass Sie ihn nicht mal sehen, hätten wir ihn gar nicht zu schreiben brauchen. Oder eigentlich habe ich ihn allein geschrieben, am Computer, damit er wie ein Zettel von Herrn Kleinlein aussieht, wenn in der Schule was repariert werden muss. Dann haben wir ihn auf eine Schnur gefädelt, also den Zettel, und die Schnur wollten wir zwischen dem Treppengeländer und der Holztäfelung an der Wand spannen, aber dann ist uns Herr Kleinlein dazwischengekommen.
    Herr Kleinlein kommt sonst nie als Erster die hintere Treppe herunter, nur immer Sie, aber ausgerechnet da ist er als Erster gekommen. Wir wissen auch nicht, warum.
    Es ging auch alles viel zu schnell, und wie er gerade über die Schnur gesegelt war, sind schon Sie gekommen und wir konnten ihn nicht mehr fragen.
    Sie sind bestimmt erschrocken, wie Sie Herrn Kleinlein auf dem Treppenabsatz gesehen haben, wahrscheinlich weil er da so komisch krumm gelegen hat. „Um Himmels willen, Herr Kleinlein!“, haben Sie gerufen, das weiß ich noch genau.
    Und dann dachten wir, Sie gehen die Treppe runter und helfen ihm. Und ich dachte, in der Zeit, wenn Sie das machen, könnten Lukas und ich schnell die Schnur mit dem Zettel verschwinden lassen. Weil Sie den Zettel ja gar nicht gesehen hatten. Lukas hatte ja die Schnur losgelassen, als Herr Kleinlein drübergesegelt war, und jetzt lag der Zettel nur so auf der Treppe, und Sie haben nur ganz erschrocken auf Herrn Kleinlein geguckt.
    Lukas hatte genau dieselbe Idee, hat er mir hinterher erzählt. Er hat dann bloß das Falsche gemacht. Er hat die Schnur wieder hochgehoben, die er losgelassen hatte, und ich hatte leider den Knoten am Treppengeländer noch nicht auf.
    Und Sie sind genau im selben Moment auf mein rundes Stiftemäppchen getreten, noch nicht mal richtig wie Herr Kleinlein, nur so ein bisschen an der Seite, und wenn Sie nicht ausgerechnet so tolle Schuhe mit hohen Absätzen angehabt hätten, wäre vielleicht gar nichts passiert!
    Aber so sind Sie auf einmal losgesaust, und genau in dem Moment hat Lukas die Schnur hochgehoben, und vor lauter Schreck hat er sie auch noch straff gespannt.
    Was dann genau passiert ist, weiß ich nicht, weil ich die Augen zugemacht habe, und als ich sie wieder aufgemacht habe, haben Sie schon auf Herrn Kleinlein draufgelegen.
    Mein Papa sagt, es kann sogar sein, dass Sie Herrn Kleinlein überhaupt erst den Arm gebrochen haben, weil er da vielleicht noch bewusstlos war. Mein Papa sagt, Bewusstlose brechen sich ganz leicht was, weil ihre Muskeln so schlapp sind, und Herr Kleinlein hat normalerweise ja ganz tolle Muskeln.
    Vielleicht ist Ihr Bein irgendwie falsch mit seinem Arm zusammengekracht, das war dann Pech. Mein Papa sagt, es spielt aber sowieso keine Rolle. Er sagt, wie es genau war, interessiert nur die Versicherung.
    Möchten Sie jetzt, dass ich Sie im Krankenhaus besuche? Ich kann Lukas fragen, ob er mitkommt, dann kann er auch gleich Herrn Blaschke besuchen, obwohlwir bei dem gar keinen Sport haben. Aber Herr Blaschke ist außer Sportlehrer
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