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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger
Autoren: Nina Behrmann
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nachdenken«, brummte er.
    Der Mann vor ihm schnaubte. »Ich hab bereits gezogen. Lass nicht den Intellektuellen raushängen und mach endlich!«
    Der blonde Schönling wollte etwas erwidern, als ihm etwas aufzufallen schien. Er hob den Kopf und sah zur Tür.
    Ich trat einen Schritt zurück. Einen Augenblick später wurde die Tür aufgeschoben. Der blonde Mann stand vor mir und musterte mich aufmerksam.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Äh… ich hatte einen Termin. Bin zu spät. Tut mir leid«, murmelte ich.
    Der Mann runzelte die Stirn, was dem schönen Gesicht keinen Abbruch tat. Es hatte etwas von einem tragischen Helden der Sorte Romeo.
    »Frau Rot also?«
    Ich nickte.
    »Sie sind wirklich spät dran.«
    Abermals nickte ich. »Tut mir Leid?«, erwiderte ich zaghaft und versuchte es mit einem Lächeln.
    Er wirkte nicht sonderlich besänftigt, schob die Tür aber weiter auf. Trotz meiner momentanen Lage konnte ich nicht leugnen, dass ihm der strenge Zug um den Mund gut stand. Es verlieh ihm das gewisse Etwas. Ich drückte mich an ihm vorbei und er kam hinter mir ins Büro, schloss dabei die Tür.
    Er roch ein wenig süßlich und herb. Wenn es ein Aftershave war, dann ein sündhaft teures. »Mein Name ist Kay von Fernden«, sagte er und streckte mir eine schlanke Hand entgegen.
    Den Begriff Metrosexuell hatte ich schon oft gehört, aber zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, jemandem gegenüber zustehen, der diese Bezeichnung auch wirklich verdiente.
    »Feline Rot«, stellte ich mich diesmal offiziell vor und ließ zu, dass er mir die Hand schüttelte – zumindest dachte ich, dass er das tun würde. Stattdessen hob er meine Hand an seine Lippen und deutete einen Kuss an. Ich wurde rot.
    »Setzen Sie sich doch bitte.«
    Er deutete an die andere Seite des Büros an deren Wand ein großer Schreibtisch stand. Im Gegensatz zum Flur waren die Creme- und Rottöne hier verschiedenen Gegenständen in Grün und hellem Braun gewichen, die sich farblich sehr gut an die hellen Wände anpassten. Wer auch immer das hier eingerichtet hatte, er hatte Geschmack. Obwohl ich bei Herrn von Fernden trotz seines Aussehens eher auf einen Innenarchitekten, als auf ihn geschlossen hätte.
    Der Hüne am Schreibtisch stand ebenfalls auf und nickte leicht. Auf seinem schwarzen T-Shirt prangte der Schriftzug eines Labels, das ich nicht kannte. Er lächelte und ich war überrascht, dass seine dunklen Augen eine deutliche Mandelform aufwiesen. Er hatte asiatische Ursprünge.
    »Mein Partner Feng«, stellte von Fernden ihn knapp vor und schien auch nicht weiter darauf eingehen zu wollen.
    »Ich bin in meinem Büro«, sagte der Asiate an von Fernden gewandt und nickte mir abermals zu, ehe er hinter einer anderen Tür verschwand.
    Ich ließ mich in den Ledersessel vor dem Schreibtisch sinken und stellte meine Handtasche zu meinen Füssen ab. Von Fernden nahm mir gegenüber Platz und musterte mich.
    Als das begann unangenehm zu werden und ich überlegte, einfach irgendwas zu sagen, sprach er endlich. »Sie sind auf Empfehlung Ihrer Mutter hier. Inwieweit hat diese Sie schon über Art und Umfang Ihrer Tätigkeit unterrichtet?«
    Ich wurde noch etwas röter. Natürlich hatte meine Mutter mir dieses Vorstellungsgespräch besorgt, aber aus seinem Mund klang es, als wäre ich erst vier und wäre nicht einmal in der Lage mir allein die Schuhe zubinden.
    »Noch gar nicht«, gab ich dementsprechend kleinlaut von mir und ohrfeigte mich innerlich selbst. Jetzt war ich tatsächlich die Vierjährige mit dem Schuhproblem.
    Herr von Fernden schmunzelte ansatzweise, als könne er ahnen, was ich dachte. »Es handelt sich um eine Stelle in unserer Assistenz. Sie würden meinem Partner und mir zuarbeiten. Trauen Sie sich so etwas zu?«
    Ich runzelte die Stirn. »Sie meinen Recherche?«
    »Ja, etwas in der Art. Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?«
    Meine Antwort war ein Nicken. Mein letzter Job, im PR-Bereich einer Medienagentur, hatte fast nur aus solcherlei Arbeit bestanden. Viel schlimmer konnte es hier nicht werden.
    »Ich habe Ihnen meinen Lebenslauf und meine Zeugnisse mitgebracht«, sagte ich und nahm die Mappe aus meiner Handtasche.
    Zu meiner Überraschung winkte von Fernden ab. »Lassen Sie die Mappe liegen. Wir haben Ihre Referenzen bereits überprüft.«
    »Und welche Referenzen, wenn ich fragen darf?«
    Von Fernden lächelte zum ersten Mal und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sich auf meine Kosten amüsierte.
    »Die, auf die es ankommt«,
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