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Gregor und der Fluch des Unterlandes

Gregor und der Fluch des Unterlandes

Titel: Gregor und der Fluch des Unterlandes
Autoren: S Collins
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hören, als er wegrannte. »Wenn er die Stelle denn findet«, sagte Ripred und seufzte. »Der verläuft sich ja schon, wenn er nur einmal blinzelt.«
    Ripred ließ sich ein Stück von Gregor entfernt an der Felswand niedersinken und wartete eine Weile, ehe er wieder sprach. »So, er ist außer Hörweite. Nun hast du ihn also gesehen, Überländer. Was hast du für einen Eindruck?«
    Gregor brauchte einen Moment, ehe er antworten konnte. Innerhalb weniger Minuten hatte er die unterschiedlichsten Empfindungen gehabt: erst der Schreck, den Fluch zu sehen, Unbehagen wegen seines herrischen Gehabes, Angst vor seiner Kühnheit und dann Mitleid, weil er so unsicher wirkte, und schließlich Abscheu, weil er seinen eigenen Ziehvater umgebracht hatte. »Er ist total verkorkst«, sagte Gregor endlich.
    »Er ist gefährlich verkorkst, und wir haben ihn am Leben gelassen«, sagte Ripred. »Du, weil du kein Junges töten konntest. Ich, weil ich glaubte, wenn ich ihn töte, würde ich damit für alle Zeit den Weg zum Frieden verbauen. Du hattest recht, als du sagtest, wenn ich ihn töten würde, hätte ich keine Anhänger.«
    Plötzlich fiel Gregor auf, dass er gar nicht genau wusste, was Ripred vorhatte. Als sie sich kennenlernten, hatte Ripred erklärt, er wolle den Rattenkönig Gorger stürzen. Dabei hatte Gregor ihm geholfen. Doch was hatte Ripred jetzt im Sinn?
    »Willst du selbst König werden, Ripred?«, fragte Gregor.
    »Eigentlich nicht«, sagte die Ratte, und es klang beinahe wie ein Seufzer. »Aber ich will, dass der Krieg endlich aufhört. Traust du dem Fluch zu, dass er das schafft?«
    »Nein«, sagte Gregor.
    »Tja, er will die Krone, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass er sie nicht bekommt. Was sollen wir also tun?«, sagte Ripred.
    »Tun?« Gregor hatte keine Ahnung, was man gegen den Fluch tun könnte.
    Ripred beugte sich zu Gregor, er sprach jetzt eindringlich. »Erst dachte ich, du hättest vielleicht recht. Dass ich ihm etwas anderes beibringen könnte als das, was ihm vorherbestimmt ist. Aber er kam zu spät zu mir. Da hatte sein Vater ihn bereits geprägt.«
    »Sein Vater?«, fragte Gregor.
    »Snare. Du hast ihn kennengelernt. Du hast gesehen, wie er und die Mutter des Fluchs bis auf den Tod gegeneinander gekämpft haben«, sagte Ripred.
    »Ach so …« Gregor erinnerte sich an den schrecklichen Kampf im Irrgarten zwischen Goldshard, der Mutter des Fluchs, und der grauen Ratte namens Snare. Gregor hättenie gedacht, dass Snare der Vater des Fluchs war. Er hatte so gar nichts Väterliches an sich gehabt.
    »Snare war ein richtiger Fiesling, das fanden alle. Es ist ein Rätsel, weshalb Goldshard sich überhaupt mit ihm eingelassen hat. Ich habe sie gewarnt, aber sie wollte nicht auf mich hören. Doch sie hat es bereut. Hast du dich nicht gefragt, wo die anderen Ratten des Wurfs waren, mit denen der Fluch zusammen geboren wurde?«, fragte Ripred.
    »Nein«, sagte Gregor. Aber jetzt, wo er darüber nachdachte, kam es ihm merkwürdig vor, dass der Fluch das einzige Rattenbaby gewesen sein sollte.
    »Snare hat sie umgebracht. Vor den Augen Goldshards und des Fluchs. Er wollte nicht, dass sie dem Fluch die Milch streitig machten«, sagte Ripred. »Dabei war das ganz unnötig. Jede Familie hätte die Jungen aufgenommen.«
    »Wie schrecklich«, sagte Gregor.
    »Der Fluch kann sich auch daran erinnern. Auch dass er von Snare geschlagen wurde. Und dass seine Eltern sich gegenseitig umgebracht haben«, sagte Ripred. »Man könnte meinen, er wäre noch zu klein gewesen, aber man braucht bloß Snares Namen zu erwähnen, wenn man ihn zittern sehen will.«
    »Glaubst du wirklich, er könnte König werden?«, fragte Gregor.
    »Er wird Anhänger finden, weil er der Fluch ist. Er hat das weiße Fell und die Größe und genug Hass in sich, umdas Unterland, wie wir es kennen, auszulöschen. Die meisten Ratten werden über sein unausgeglichenes Wesen hinwegsehen, weil er ihnen genau das erzählen wird, was sie hören wollen. Sie haben so lange gehungert und so viele an die Pest verloren … vor allem die Kleinen. Nein, den Nagern wird es gleich sein, wer er ist und was er tut, wenn er nur ihre Rachsucht stillt«, sagte Ripred.
    Bei Ripreds Worten lief es Gregor kalt den Rücken hinunter. Er versuchte die riesige weiße Ratte – schmollend, bösartig, brutal und jämmerlich – mit dem Baby in Einklang zu bringen, das er verschont hatte. Er dachte daran, wie die kleine weiße Ratte ihre tote Mutter angestupst hatte,
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