Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gregor und der Fluch des Unterlandes

Gregor und der Fluch des Unterlandes

Titel: Gregor und der Fluch des Unterlandes
Autoren: S Collins
Vom Netzwerk:
fassen. Ohne sichtliche Anstrengung scheuchte Ripred ihn durch die Höhle. Trotzdem hatte Gregor, als er den Kampf beobachtete, zum ersten Mal Angst vor dem Fluch. Nicht wegen seiner Größe oder wegen der Prophezeiung, sondern weil er Ripred so wild entschlossen angriff. Er war entweder sehr mutig oder sehr dumm, oder aber er überschätzte seine Kräfte maßlos. Jede dieser Eigenschaften war beängstigend bei einem Tier, das nach Ansicht der Menschen eines Tages das Unterland zerstören könnte.
    »Also gut, jetzt komm mal wieder runter«, sagte Ripred. »Ich fange an, mich zu langweilen, und wenn ich mich langweile, bin ich gefährlich.«
    Aber der Fluch brüllte und stürzte sich erneut auf ihn.
    »Ich hab gesagt, du sollst aufhören«, sagte Ripred und wich seinem Angreifer so geschickt aus, dass dieser mit dem Kopf gegen die Wand krachte. Jetzt hielt der Fluch wenigstens mal für einen Moment inne. »Du hörst immer erst auf, wenn du dir wehtust.«
    Der Schlag hatte offenbar wehgetan, denn der Fluch gab auf. Er saß vornübergebeugt da und rieb sich mit den Vorderpfoten über die Augen. Zu Gregors Verblüffung fing er an zu weinen. Nicht nur ein bisschen Schniefen, sondern heftiges Schluchzen.
    »Ach, wie schön. Die große Flut«, sagte Ripred.
    Es war schrecklich, den Fluch weinen zu sehen. Von der riesigen, angriffslustigen Ratte war nicht mehr viel übrig. Jetzt wirkte er wie ein übergroßes Kind, das man geärgerthatte. »Warum lässt du ihn nicht in Ruhe, Ripred?«, sagte Gregor.
    »Weil er mich hasst!«, winselte der Fluch. »Er hat mich immer gehasst. Er hat mich gezwungen, mit ihm zu kommen. Er hat mich gezwungen, meine Freunde zu verlassen. Mein ganzes Leben habe ich in seiner Gefangenschaft verbracht.«
    »Das erzählen sie dir? Deine tollen Freunde?«, sagte Ripred. »Haben sie dir auch erzählt, dass ich dich verschont und dich großgezogen habe? Hast du nicht immer genug zu essen bekommen? Habe ich dich nicht vor der Pest geschützt? Und jetzt willst du dich über mich beschweren?«
    »Du hast mich nicht großgezogen«, sagte der Fluch. »Das war Razor. Er hat sich um mich gekümmert.«
    »Ja, er hat sich um dich gekümmert, und wie hast du es ihm gedankt? Erzähl es dem Krieger, bevor er allzu großes Mitleid mit dir bekommt. Na los, erzähl’s ihm!«, rief Ripred.
    Doch der Fluch sagte nichts mehr. Stattdessen nahm er den langen rosa Schwanz zwischen die Vorderpfoten und begann, am Schwanzende zu nuckeln.
    »Oh, buhu, buhu, der arme, kleine, misshandelte Fluch. Dabei hat Razor ihn behandelt wie sein eigen Fleisch und Blut. Hat gehungert, damit er zu fressen hatte, hat ihn beschützt und versucht ihm beizubringen, wie man im Unterland überlebt. Und wo ist Razor jetzt? Tot. Und warum? Weil Pearlpelt ihn wegen eines toten Krabblers umgebracht hat«, sagte Ripred.
    »Das war keine Absicht«, winselte der Fluch. »Ich hatte Hunger. Ich hab nicht gedacht, dass Razor sterben würde.«
    »Wenn du ihn von der Klippe stößt?«, sagte Ripred. »Na, da sterben doch wohl die meisten.«
    »Ich hab nicht gedacht, dass er von der Klippe stürzen würde. Ich hab ihn nicht so doll gestoßen«, sagte der Fluch. Es klang undeutlich, weil er noch immer seine Schwanzspitze im Maul hatte.
    »Und dann hast du versucht, ihn aufzufressen, um die Beweise zu vernichten.« Voller Abscheu wandte Ripred sich zu Gregor. »So haben wir ihn gefunden. Über und über mit Razors Blut beschmiert – er machte sich gerade über die Leber her.«
    Gregor spürte, wie sich sein Magen bei der Vorstellung zusammenkrampfte. Plötzlich sah er den Fluch mit anderen Augen.
    »Nein, nein, nein, nein«, sagte der Fluch. Jetzt nuckelte er nicht nur, er kaute auf seinem Schwanz herum, bis er blutete.
    »Doch, doch, doch, doch. Erst neulich hast du Clawsin ein Auge ausgekratzt und Ratriff ein Vorderbein ausgerissen. Warum? Nicht mal das kannst du mir sagen! Und nun hab ich dich am Hals, weil kein anderer dich erträgt. Hör auf, an deinem Schwanz zu nuckeln!«, platzte Ripred genervt heraus. »Ein feiner König bist du! Glaubst du im Ernst, jemand befolgt Befehle von einem, der an seinem Schwanz nuckelt?«
    »Vielleicht tun sie das schon«, zischte der Fluch zurück. »Du hast doch keine Ahnung! Vielleicht tun sie das schon!« Mit einem Satz sprang die weiße Ratte aus der Höhle und war verschwunden.
    »Du wartest dort, wo ich dir gesagt habe!«, brüllte Ripred ihm nach. Doch es kam keine Antwort, nur die Krallen des Fluchs waren zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher