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Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Titel: Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Autoren: Manfred Bomm
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er sich auch bemühte, gelassen zu bleiben – seine
innere Stimme, sein Instinkt, sein sensibles Gespür für Glück und Unheil sagten
ihm, dass sie keine Chance mehr hatten.
    Und
jetzt war es ihm so, als ziehe ein merkwürdiger Geruch durch die Maschine. Um
ihn zuordnen zu können, sog er die Luft mit kurzen Atemzügen ein. Roch es
tatsächlich nach Rauch? Die Gewissheit durchzuckte seinen ganzen Körper. Rauch.
Das war Rauch. Oder doch nicht? Er atmete noch einmal langsam durch,
konzentrierte sich auf seine Geruchsnerven, doch es gab keinen Zweifel mehr.
Sein Puls raste.
    Nichts
anmerken lassen, befahl er sich. Gerüche gab es in einem Flieger oft. Selbst
Kerosin hatte er unterwegs schon gerochen. Oder es zog der Duft aus der
Bordküche durch die Reihen. Besonders bei extremen Flugmanövern wie diesen
konnte das vorkommen. Aber jetzt, verdammt noch mal, jetzt in dieser Notlage
würde sicher in der Bordküche nichts erwärmt. Noch während er lauschte, ob
andere Passagiere den Geruch auch schon bemerkt hatten, wurden seine schlimmsten
Befürchtungen auf dramatische Weise bestätigt: Das Licht fiel aus, und
augenblicklich war auch die Videoprojektion auf den Leinwänden vor den
Sitzreihen erloschen. Undurchdringliche Schwärze, stockfinstre Nacht. Wieder
Panik. Ein vielhundertfacher Schrei übertönte das Dröhnen der Triebwerke. »Wir
stürzen ab«, schrie eine Frau – und wiederholte dies mit
schriller Stimme – so laut, so durchdringend, wie dies nur im Angesicht des nahen
Todes möglich ist. Die ganze Kabine war jetzt von Panik ergriffen.
    Der Passagier
auf Platz 21 A klammerte sich mit schweißnassen Händen an das Polster des
Sitzes. Er schloss die Augen und betete. »Es brennt«, rief jemand, »es brennt!«
Alle hatten jetzt Brandgeruch bemerkt. War dies das Ende? Die Apokalypse eines
jeden Einzelnen? Er hatte es geahnt, als kurz vor dem Abflug ein seltsames
Gefühl über ihn gekommen war. Nein, er hatte keine Flugangst. Aber diesmal war
beim Check-in alles anders gewesen. Hätte er mit jemandem darüber gesprochen,
hätte er sich dem Gespött ausgesetzt. Wie konnte sich ein Finanzmanager von
irgendwelchen zufälligen Zeichen beeindrucken lassen? Dass ihm beim Betrachten
der Monitore, auf denen die Flüge der nächsten Stunden angezeigt wurden, immer
wieder die Zahl 13 ins Auge stach – bei
den Flugnummern, bei der Uhrzeit, bei den Gates. Immer 13. Außerdem war ihm bei
der Zufahrt zum Flughafen ein Leichenwagen begegnet. Wann kam dies schon mal
vor? Ein Leichenwagen in der Nähe eines Flughafens. Und heute früh im Hotel war
ihm ein Glas auf den Boden gefallen und in tausend Teile zersprungen. Kein
guter Tag heute.

7
     
    Irgendjemand hatte am Rande der
Autobahn offenbar etwas verbrannt. Karin Waghäusl hätte nicht zu sagen
vermocht, ob der Geruch es war, der ihr die Schreckensbilder von jener Nacht
wieder in Erinnerung rief, oder ob sie ihn nur wahrgenommen hatte, weil ihr
Gemütszustand heute wieder ganz besonders unter dem Eindruck dieser
traumatischen Ereignisse litt. Sie versuchte, sich auf die Straße zu
konzentrieren. Der Verkehr rollte an diesem Freitagvormittag problemlos dahin,
zumal auf der A7 üblicherweise weniger Lastzüge unterwegs waren als auf anderen
Autobahnen. Jetzt, Mitte Juni und außerhalb aller Ferien, fuhren jedoch Rentner
und Wochenendurlauber in Richtung Allgäu oder in das österreichische Tannheimer
Tal, das durch einen vorgelagerten Höhenzug topografisch von Deutschland
getrennt ist.
    Das
Wetter bot sich geradezu an, nach dem langen, strengen Winter und dem bisweilen
sehr kühlen Mai den endlich erwachten Bergfrühling zu genießen. Karin Waghäusl
musste daran denken wie sie vor vielen Jahren beschlossen hatten sich künftig
stets am zweiten Wochenende nach Fronleichnam zu treffen. Kein anderer Termin
würde so gut zu den Themen passen, über die sie sich gerne die Köpfe heiß
redeten. Denn an diesem Wochenende wurde im Tannheimer Tal das Herz-Jesu-Fest
gefeiert – mit Fackeln auf den Bergen und riesigen, weithin leuchtenden
symbolträchtigen Darstellungen an den Steilhängen. Aus unzähligen kleinen
Feuern formen sich dann Kreuze, Herze, Kelche oder betende Hände. Zwei Abende
lang erinnern die Einheimischen auf diese Weise an die Franzosenkriege vor über
200 Jahren, als das Land Tirol von den mit Napoleon verbündeten Bayern
beherrscht wurde. Damals weihten die Gläubigen ihre Heimat dem Herzen Jesu und
entzündeten auf den Bergen Feuer als Zeichen des Widerstandes.
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