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Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Titel: Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Autoren: Manfred Bomm
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für die Unterhaltungselektronik an Bord, empfand sie dies niemals als
Trost für den Verlust des Ehemannes. Mit einem Schlag war alles Geschichte und Vergangenheit
gewesen, was sie in all den Jahren gemeinsam erlebt hatten. Warum waren sie auf
diese entsetzliche Weise getrennt worden? Aber diese Frage stellten sich
vermutlich tagtäglich Tausende Menschen, denen ebenfalls ein enger Angehöriger
genommen wurde. Sie war damit nicht allein. Dies hatte sie in den folgenden
Jahren dankbar spüren dürfen, als sich ein Freundeskreis zusammenfand, der sich
regelmäßig traf – am liebsten in einer Berghütte hoch über dem Tannheimer Tal. Und
immer an diesem Wochenende.
    Sie
musste sich auf die Straße konzentrieren. Denn ihr Gedächtnis rief ihr auch den
Tag danach in Erinnerung. Als das stundenlange Hoffen und Bangen, die endlose
Ungewissheit, zur Endgültigkeit wurde: Niemand hatte den Absturz in die St.
Margaret’s Bay überlebt. Mario würde nie wieder kommen.
    Vielleicht
hatte er noch die Schwimmweste anlegen können und treibt irgendwo lebend auf
dem Wasser, war damals ihre letzte Hoffnung gewesen. Bestimmt rief er bald an.
Oder man würde ihr von irgendeiner kanadischen Klinik mitteilen, dass er
überlebt habe.
    Doch
mit jeder Stunde schwanden auch die allerletzten Hoffnungen.
    Sie
konnte an jenem Tag auch die Nachrichten nicht mehr hören. Im Radio und im
Fernsehen gab es nur dieses eine Thema – die
Flugzeugkatastrophe der Swissair.
    Nur in
den Morgenzeitungen war das nächtliche Unglück noch kein Thema gewesen.

10
     
    Es wurde
gewiss ein traumhafter Frühlingstag in den Bergen. Tau glitzerte auf den Wiesen
des Tannheimer Tals, das sich geradezu bilderbuchmäßig in das Voralpengebiet schmiegte.
Hier am Nordrand der Alpen, wohin die majestätischen Gipfel des Gebirges ihre
Vorposten entsandt hatten, konnte der Besucher zu allen Jahreszeiten noch die
weitgehend unberührte Natur genießen – vor allem aber eine Landschaft, die der Tourismus nicht
mit seinen hässlichen Beton-Bettenburgen verhunzt hatte. Die bäuerliche
Vergangenheit schien noch allgegenwärtig zu sein, wenngleich sicher viele
Menschen vom Fremdenverkehr lebten. Im Winter waren’s die Skifahrer, die zuhauf
in das Tal einfielen. Doch auch ihnen waren enge Grenzen gesetzt. Nicht in
jeden bewaldeten Berghang hatte man ihnen zuliebe eine Schneise geschlagen, und
nicht überall glitzerten Seilbahndrähte in der Sonne.
    Im Sommerhalbjahr war dieses Tal, hinter dessen
südlicher Bergkulisse der Lech Richtung Reutte floss, ein Eldorado der
Wanderer, die hier alles vorfanden, was ihr Herz begehrte – von den einfachsten Spazierwegen bis zu alpinen Pfaden.
Jeder einzelne Berg hatte seinen eigenen Charakter: der Aggenstein, der
Einstein, die Krinnenspitze oder das Neunerköpfle. Das Örtchen Tannheim schien
inmitten einer Berg-Arena zu liegen – umgeben von diesen Steilhängen, die bis zu 2000 Metern
in die Höhe ragten, von Wald und Almwiesen und schroffen Felswänden umsäumt.
Dies alles spiegelte sich in der Wasserfläche des Haldensees, der das Tal
zwischen dem Ort Haldensee und Nesselwängle nahezu auf die gesamte Breite
ausfüllte.
    Der Mann, der nicht weit davon entfernt mit dem Fahrrad
unterwegs war, hatte eiskalte Hände. Er war in dieser Tal-Aue über mehrere
asphaltierte und geschotterte Wirtschaftswege gerollt und steuerte nun den
Ortsrand von Tannheim an, das jetzt, kurz vor halb neun an diesem
Freitagvormittag, längst zum Leben erwacht war. Die Feriengäste in den Hotels
und Pensionen, aber auch von den Campingplätzen abseits von Tannheim, Grän und
Haldensee bevölkerten bereits den Ort. Die Tagesausflügler kamen meist erst
später.
    Noch
standen auf dem großen Parkplatz bei der Talstation der Seilbahn zum
Neunerköpfle nur einige wenige Autos. Der einsame Radler, der Wanderkleidung
und einen Rucksack trug, bog in die Straße ein, die dicht an Tannheim
vorbeiführte. Die Kirchturmuhr zeigte 8.20 Uhr und die Sonne war schon hoch
über die Berge gestiegen. Er würde noch rechtzeitig da sein.

11
     
    Die ganze Gebirgskette, wie sie
sich von Norden her bot, lag prächtig vor ihr. Karin Waghäusl versuchte, die
finsteren Gedanken abzustreifen. Dieser Anblick, der sich ihr schon lange vor
Kempten auf dieses atemberaubende Berg-Panorama bot, berührte ihre Seele. Ein
kurzes Glücksgefühl durchströmte ihren Körper – so
wohltuend und tief, dass sie für einen Moment sogar mit den Tränen kämpfte. Sie
wollte diesen Augenblick der
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