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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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dunkelgrauen Wolken, die sich bedrohlich aufgetürmt hatten. Gleich würde Regen auf mich herabprasseln.
    Klar, es war nur eine winzige Chance, nur der Hauch einer Möglichkeit, endlich alles zu verstehen.
    Ich beachtete die Grabsteine nicht, die rechts und links von mir aufgerichtet standen, manche klein und bucklig wie Märchengnome, andere schwer und archaisch wie neolithische Menhire.
    Hier musste der Bereich sein, in dem die besseren Toten in prätentiösen Familiengräbern ihrer Auferstehung harrten.
    Die Gruft der Familie Daniel lag im hinteren Teil des Geländes. Der Mitarbeiter des Friedhofsamtes hatte mir die Stelle am Telefon beschrieben.
    Es begann zu regnen, im Zwielicht verschwammen die Grenzen, es schien, als würden sich Erde und Luft miteinander verbinden.
    Wenn sich jetzt noch die Gräber auftun und die Toten herauskrabbeln, drehst du durch, dachte ich.
    Da war es! Ich trat näher. Das Familiengrab wurde von einem riesigen rechteckigen Stein aus schwarzem poliertem Granit beherrscht, in den die Namen der Toten eingraviert worden waren.
    Ja, hier waren sie versammelt: Marianna, Marius, die Eltern, und Michael Daniel, der Sohn, alle gestorben am 14. September 1981. Darunter die Gravur für die kleine Luisa: 27. September 1982.
    Ich schaute mir das Grab genauer an: Es war gepflegt, mit Heide und verbogenen Krüppelkiefern bepflanzt und mit Randsteinen eingefasst. Doch nichts deutete darauf hin, dass hier jemand häufiger verweilte, es gab keine frischen Spuren, keine Blumen – wie ich insgeheim gehofft hatte.
    Die Zweige einer Trauerweide verbargen den oberen Teil des Granitsteines. Ich strich die Zweige beiseite, um den Grabspruch vollständig lesen zu können.
    Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern.
    Ja, das war es! Rilkes Gedicht. Meine plötzliche Ahnung hatte mich nicht getrogen! Als Jansen und ich über meinen Grabspruch geflachst hatten, hatte sich die fixe Idee in mein Hirn gebohrt, dass die Wahrheit vielleicht dort zu suchen sei, wo die Toten dem Himmel, der Hölle und dem Jüngsten Gericht am nächsten waren.
    Den Rosenspruch hatte ich sowohl bei Pfarrer Großmann als auch bei Georg Mahler gehört und gelesen – und jetzt hier.
    Beachten Sie, dass der erste Eindruck meist ein falscher ist, hatte der alte Priester mich gemahnt und er hatte Recht.
    Bei der Durchsicht des Fotoalbums war ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Fotos von Hans Keller fehlten – diesem völlig unwichtigen Mann. Der Mörder hatte aus dem Album nicht nur die Fotos von Keller entfernt, sondern auch seine eigenen. Und ich war sicher: Unter der Erde, auf der ich stand, lag nicht Marius Daniel, sondern Hans Keller.
    Luisa Daniel war am 27. September tot aus dem Teich des Kinderheims gezogen worden, und dieser Tag war morgen!
    Ich brauchte also nur am Grab zu warten, um endlich mit Bestimmtheit zu wissen, wer der Mörder war!
    Mir war klar, dass ich weder Polizei noch Staatsanwaltschaft von meiner Entdeckung unterrichten würde. Georg Mahler alias Marius Daniel würde mir nichts tun und sich der so genannten irdischen Gerechtigkeit nicht entziehen – da war ich mir sicher.
    Ich rief Jansen zu Hause an.
    »Das kannst du nicht machen«, kommentierte er meinen Plan. »Viel zu gefährlich.«
    »Ich habe die Sache voll im Griff«, behauptete ich. »Außerdem nehme ich Big Mäc mit. Er ist stresserprobt – und macht die Fotos vom Mörder am Familiengrab.«
    Mein Chef willigte schließlich in die Aktion ein.
    Jetzt musste ich nur noch Big Mäc überzeugen. »Ich brauche dich«, sagte ich zu ihm. »Sonderauftrag – du verstehst?«
    Klar, für halbwegs Gefährliches und Aufregendes war der Fotograf immer zu haben. Ich erklärte ihm, wie ich die Sache angehen wollte, und er war stumm vor Anbetung.
    »Du bist vielleicht clever, Grappa! So was kannst du ja. Supersache, das.«
    »Danke für die Blumen«, wehrte ich ab. »Die Sache kann auch schief gehen. Vielleicht kommt er gar nicht oder er ballert auf uns oder tut sonst was Schlimmes. Wir müssen auf alles gefasst sein. Deshalb will ich, dass du alles im Bild festhältst, ohne dass dich jemand sieht. Auf dem Friedhof gibt es genug Bäume, hinter denen du dich verstecken kannst. Bei deiner Größe ist das ja wohl kein Problem.«
    »Blöde Zicke«, gab es mir der Fotograf zurück.
    Big Mäc zu engagieren war der eine Schritt. Jetzt war Kosmo dran. Auch er stimmte meinem Plan zu.
    »Wie geht es dir, Traumprinz?«, fragte ich
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