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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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hast meinen Weg vermauert mit Werkstücken und meinen Steig umgekehret. Du hast auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen. Du ließest mich des Weges fehlen. Du hast mich zerstückelt und zunichte gemacht. Du hast deinen Bogen gespannet und mich dem Pfeil zum Ziel gesteckt. Du hast aus dem Köcher in meine Nieren schießen lassen. Du hast mich mit Bitterkeit gesättiget und mit Wermut getränket. Du hast meine Zähne zu kleinen Stücken zerschlagen. Du wälztest mich in der Asche. Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben.«
    »Du betest nicht, mein Sohn, du klagst an«, sprach Großmann in die Pause. »Sei demütig, füge dich in dein Schicksal und stelle dich der irdischen Gerechtigkeit.«
    Mahler wandte den Kopf zu dem Pfarrer, wollte gerade etwas sagen, als sich ein Klingeln aus der Tiefe meiner Handtasche den Weg ins Freie suchte. Nein, dachte ich, nur das nicht!
    Die beiden Männer hatten irritiert die Köpfe gehoben und sahen in meine Richtung.
    Ich bog die Zweige auseinander, atmete einmal tief durch und zeigte mich.
    »Frau Grappa!«, sagte Hochwürden erstaunt.
    Mein Handy klingelte noch immer, ich hatte es auf vierzig Sekunden eingestellt, bis die Mailbox ansprang.
    »Ich wusste, dass du es herausbekommst«, sagte Mahler.
    »Darauf hast du es ja wohl auch angelegt!«, blaffte ich ihn an. »Und zwar von Anfang an.«
    »Ich hätte gern noch etwas mehr Zeit gehabt«, bekannte er.
    »Weil du abhauen wolltest?«, fragte ich.
    »Ja, ich wollte ... abhauen. So kann man es sagen. Wie bist du darauf gekommen, dass ich Marius Daniel bin?«, fragte er tonlos.
    »Durch das Fotoalbum von Monika Keller«, antwortete ich. »Durch die Fotos, die du herausgerissen hast. Ich habe anfangs allerdings die falschen Schlüsse daraus gezogen. Es dämmerte mir erst, als ich den Grabspruch von Rilke auf dem Stein deiner Familie las.«
    »Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern«, zitierte Mahler. »Eigentlich mag ich seine Werke nicht – sie sind zu verschlüsselt, die Sprache manchmal ungenau. Aber dieser Spruch ist unübertroffen in seiner Trauer und Sehnsucht.«
    »Was ist damals passiert?«
    »Mandy Turner hat mir die Augen geöffnet. Hans Keller war an diesem Abend mal wieder bei meiner Frau. Ich habe die beiden im Bett erwischt ... und erschossen. Dann habe ich das Haus angezündet.«
    »Hast du nicht an deine Kinder gedacht?«
    »Natürlich.« Mahler lachte bitter auf. »Deshalb hatte ich ja diesen Abend ausgewählt. Die Kinder sollten in Begleitung des Au-pair-Mädchens bei einer Geburtstagsfeier sein. Nur hatte Mandy Turner leider keine Lust dazu und hat die Kinder im Haus gelassen, was ich nicht wusste. Sie ist für den Tod meines Jungen verantwortlich.«
    »Du bist der Schuldige«, resümierte ich. »Du hast zwei Morde begangen und deinen Sohn umgebracht. Du hast die Waffe abgedrückt und das Haus abgefackelt. Du hast die Grundlage für die Sünden der Opfer gelegt! Du solltest dich bestrafen und die Schuld nicht bei anderen suchen.«
    Mahler schaute mir fest in die Augen und sagte: »Ich werde mich bestrafen, da kannst du sicher sein.«
    Eigentlich hätte ich ihn gerne gefragt, warum er mit mir eine Affäre begonnen hatte, doch die Anwesenheit des Priesters und das Wissen um Kosmo und Big Mäc hinter den Büschen hielten mich davon ab.
    »Wie konntest du dich all die Jahre verstecken?«
    »Sogar ich hatte Freunde«, sagte Mahler bitter. »Und meine Mutter hat mich, so gut sie konnte, unterstützt.«
    »Welche Rolle spielt er?« Ich deutete auf Großmann.
    »Ich habe Informationen über die Vorgänge im Kinderheim gebraucht und er hat sie mir gegeben. Und er ist mein Beichtvater, nicht wahr?«
    Großmann nickte. »Nur dass du niemals bereut und gebüßt hast, mein Sohn.«
    »Aber du musstest den Mund halten, Vater«, sagte Mahler. »Und ich konnte in Ruhe meine Rache vorbereiten.«
    »Wo warst du alle die Jahre? Wie ist es dir gelungen, eine neue Existenz aufzubauen?«
    »Ich habe mir falsche Papiere besorgt und bin erst mal untergetaucht.«
    »Also hast du gar nicht Theologie studiert?«
    »Doch, vor meiner Ehe. Die Papiere über die Abschlüsse habe ich einem Studenten abgekauft, der Geld brauchte. In dessen Identität bin ich geschlüpft.«
    »Und niemand hat etwas gemerkt?«
    »Nein. An der Uni war ich sogar richtig erfolgreich. Aber ich habe nie vergessen, welche Schuld ich auf mich geladen habe. Und ich habe die nicht vergessen, die sich mitschuldig
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