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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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richtig heiligen Zorn, Grappa«, wunderte sich Jansen.
    »Ich mag diese Stadt eben, das ist alles«, gestand ich. »Wie viele Zeilen habe ich?«
    »So viele du brauchst«, sagte Jansen gnädig. »Wie ist sie eigentlich?«
    »Wer?«
    »Die neue Staatsanwältin.«
    »Wenn sie nur halb so taff ist, wie ich glaube, dann räumt sie richtig auf in dieser Stadt.«
    »Prima!« Jansen rieb sich die Hände. »Uns stehen spannende Wochen bevor: die Kommunalwahl, der Mord und ... wer weiß, was noch passiert!«
    Ich hackte hundertzwanzig Zeilen in den Computer. Bemühte mich, sachlich zu bleiben. Dann jagte ich den Fotografen zu dem Großplakat, an dem Junghans festgebunden worden war. Die Stellen, an denen der Mörder die Keile in die Plakatwand getrieben hatte, waren noch deutlich zu erkennen. Der Slogan Neuer Start mit Gerry Smart prangte oben im Bild.
    Ich montierte ein Porträt von Junghans auf das Plakat und verfasste die Bildunterzeile: Für ihn gab es keinen neuen Start, sondern ein gewaltsames Ende: Willi Junghans wurde ermordet. Sind die ›Erneuerer in der SPD‹ die Täter?

Ein Buch mit Nummern
    Manuela lebte noch nicht lange in der kleinen Wohnung. Die Mitternachtsmission hatte ihr die Bleibe besorgt; von dem Geld, das ihr Journalisten nach der Rotlichtaffäre mit Junghans für Interviews gegeben hatten, konnte sie eine Weile ganz gut leben. Vielleicht schaffte sie ja den Ausstieg aus der Szene.
    »Ich habe im Radio gehört, dass er tot ist«, sagte Manuela.
    Wir saßen in ihrem Wohnzimmer, das einfach eingerichtet war. Die Möbel waren gebraucht, die Tapeten nicht mehr die modernsten, aber irgendwie wirkte alles warm und anheimelnd.
    »Er kam doch öfter zu Ihnen«, sagte ich. »Hatte er noch andere Vorlieben – außer Oralverkehr?«
    »Nö. Bei ihm musste es immer schnell gehen. Er hatte wenig Zeit und versuchte jedes Mal, den Preis zu drücken. Scheißkerl.«
    »Sie waren also nie mit ihm in einem ... Stundenhotel?«
    »Nie. Ich habe ihm immer nur einen geblasen. Er hat mal gesagt, dass seine Freundin sich davor ekelt. Soll ich Kaffee machen?«
    Ich nickte.
    Manuela stand auf und ging in die Küche. Das Telefon stand in erreichbarer Nähe, daneben lag ein in Kunstleder gebundenes Adressbuch. Ich peilte um die Ecke und hörte sie in der Küche hantieren. Schnell hatte ich das Büchlein in meiner großen Handtasche verstaut.
    Sie kam zurück, bemerkte nichts.
    »Der Mörder hat Junghans eine Sadomaso-Maske übergezogen, als er tot war«, berichtete ich. »Hatte er Vorlieben in diese Richtung?«
    »SM? Der? Nö. Ist mir nie aufgefallen«, sagte Manuela. Es klang ehrlich.
    »Gibt's denn in Bierstadt überhaupt eine SM-Szene?«
    »Die gibt's in jeder Stadt«, antwortete sie.
    »Und – wo treffen die sich?«
    »Der bekannteste Club ist das Chez Justine . Im Süden. Am Sauerländer Weg. Da gehen die Typen mit der dicken Kohle hin.«
    »Sie mögen die SM-Leute wohl nicht?«
    Manuela verzog das Gesicht. »Alles durchgeknallte Freaks«, meinte sie verächtlich. »Die haben 'ne Macke. Nee, SM – das ist nichts für mich. Keine reelle Sache. Milch?«
    Ich nickte. Wir tranken Kaffee. Das geklaute Adressbuch brannte in meiner Handtasche.
    Ich war froh, als ich wieder in meinem Auto saß.

Der tote Fisch
    Der SPD-Parteitag fand in dem großen Saal einer Pleite gegangenen Konsumgenossenschaft statt. Irgendwie passte das zusammen. Eine durch unfähige Politiker heruntergewirtschaftete Mehrheitspartei und eine von unfähigen Vorständen zugrunde gerichtete Lebensmittelkette.
    Die in den Ortsvereinen gewählten Delegierten – es waren etwa 300 – waren brav angetreten und saßen an den für sie vorgesehenen langen Tischen.
    Ich trug mich am Eingang in die Presseliste ein und trabte zum Medientisch. Tom Piny war schon da, er hatte den Platz neben sich freigehalten. Galant rückte er den Stuhl zurück, damit ich mich setzen konnte.
    »Hallo, TOP, wie ist die Stimmung hier nach Junghans' Abgang?«, fragte ich.
    »Aufgeschreckt«, meinte er lakonisch. »Guck dir mal den Parteichef an. Er ist jetzt schon schweißgebadet.«
    Er hatte Recht. Paul Manthey schlurfte gerade schwerfällig zu dem Vorstandstisch, der auf einer Empore aufgebaut worden war. Es lag nicht an seiner Vorliebe für schreiend bunte Wollpullover, dass der ganze Mann zu dampfen schien. Sein Gesicht war röter als sonst, der Speichelfluss noch üppiger und auf dem kahlen Schädel spiegelten sich die Saallichter wider.
    »Hat wohl wieder 'ne lange Sitzungsnacht
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