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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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und ihn über die Grenze in ein Land zu bringen, das ihn nicht an die Bundesrepublik ausliefert. Deshalb will ich die Story haben.«
    »Ich wusste doch, dass du edel, hilfreich und gut bist«, seufzte Jansen. »Und dass du ohne Ansehen der Person ermittelst. Und dass dir Rachegedanken völlig fremd sind.«
    »Schön, dass du mich verstehst«, lachte ich ihn an.
    »Ich hab mit der Polizeipressestelle telefoniert«, berichtete Jansen. »Die Staatsanwaltschaft gibt heute um zehn eine Pressekonferenz. Die haben eine Oberstaatsanwältin aus Karlsruhe nach Bierstadt abgeordnet. Von der Bundesanwaltschaft. Wegen der politischen Brisanz der Sache.«

Sumpfhuhn-Mobbing
    Gerlinde ›Gerry‹ Smart, die Herausforderin der Sozialdemokraten, hatte mit ihrer Kandidatur etwas Positives bewirkt: Sie hatte diese verschlafene Provinz-Großstadt in Schwung gebracht. Über fünfzig Jahre war hier dieselbe Partei am Ruder gewesen – und nun zeichnete sich ein Machtwechsel ab.
    Nicht, dass ich Gerry Smart den Sieg gegönnt hätte. Ihre politischen Ansichten spiegelten soziale Rücksichtslosigkeit wider, hatten mit demokratischem Gedankengut nichts zu tun und reduzierten das Wort Politik auf ›Selbstbedienung für die Starken‹: Wer wirtschaftlich leistungsfähig war, sollte das Sagen haben. Punktum.
    Das war die falsche Politik in einer Stadt, in der um die sechzehn Prozent Arbeitslosenquote die traurige Regel war. Doch solch dumme Sätze wie »Wer will, der kann auch arbeiten« purzelten wie Kartoffeln aus dem rot geschminkten Mund der konservativen Herausforderin.
    Gerry Smart war Mitte vierzig, allein stehend, schlank und sonnenbankgebräunt. Ein Typ Frau, der im Alter nicht mollig und weich wird, sondern sehnig und hager. Sie wirkte männlich, ihre Lippen waren in Wirklichkeit schmaler, als es auf den Wahlplakaten zu sehen war, und in ihrem Gesicht waren Spuren eines nicht immer biederen Lebenswandels zu erkennen.
    Sie hatte als Software-Entwicklerin Millionen gemacht und nun die Politik als Hobby entdeckt. Ihr Sumpfhuhn-Internet-Spiel war in den letzten Monaten zum Schlager geworden – es gab kaum ein Büro in Deutschland, in dem nicht jeden Morgen zunächst harmlose Sumpfvögel gemeuchelt wurden, bevor es ans Kollegen-Mobbing ging.
    So hatte Smart das ›Sumpfhuhn‹ auch zum Logo ihres Wahlkampfes erhoben. Es prangte auf allen Briefbögen, Plakaten, Sticker, T-Shirts und anderen Wahlgeschenken, mit denen die Kandidatin reichlich um sich warf.
    Die armen Flattermänner konnten zudem im Internet-Café Gerryklick.de schwarmweise totgeballert werden – für Kinder und Jugendliche war das Café zu einer echten Attraktion geworden.
    Ich hatte mal einen Artikel darüber verfasst – lange bevor jemand ahnen konnte, dass der Wahlkampf so blutig werden und das Leben von Junghans zu Füßen eines schottischen Sumpfhuhns enden würde.
    Die CDU-Frau hatte das virtuelle Spiel für ihren Wahlkampf extra noch erweitert und die einzelnen Vögel mit Namensschildern versehen. So trug das langweiligste Huhn den Namen von Jakob Nagel, dem amtierenden Stadtdirektor, das dickste und kleinste den Namen von SPD-Parteichef Manthey und der gerupfteste Flattermann hieß Willi Junghans. Wurde der abgeschossen, fielen ihm beim Sturz in das Moor sogar noch Geldscheine aus den Federn.
    Aber auch weniger prominente Bierstädter hatten die Ehre, von Kids im Namen von Gerlinde Smart abgeballert zu werden: Da gab es den Bierstädter Krimiverleger, der als furchtbar links galt, den Leiter des WDR-Landesstudios, der der SPD-Mitgliedschaft verdächtigt wurde, und die Chefin der örtlichen Stadtbibliothek, die dafür bekannt war, gerne in Tierkostümen zu posieren.
    Nur ein Huhn war tabu: Es hieß ›Gerry‹. Wurde es zufällig oder absichtlich getroffen, stürzte der Rechner ab und der Monitor wurde pechschwarz.
    Die Frau hatte Ideen und Erfolg. Im Moment bereitete sie den Börsengang ihrer Firma vor und sie hatte eine Aktion ins Leben gerufen, die jungen Ausländern ein Informatikstudium an der Bierstädter Uni ermöglichen sollte. Alles Dinge, die sich in den Medien gut verkaufen ließen.

Schwarzes Leder
    »Die Frau ist ein Knaller!« In Tom Pinys flüsternder Stimme an meinem Ohr lag eine Mischung aus Verblüffung, Hochachtung und Bewunderung.
    Obwohl ich lieber Frauen mag, die dicker sind, als solche, die besser aussehen als ich, musste ich ihm Recht geben: Dr. Cora Cosel, die neue Oberstaatsanwältin, hatte etwas Besonderes an sich. Sie war nicht im
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