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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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einen väterlichen Ton. »Die Drogen und der Suff, die fressen den Menschen uff. Und der Sex auch. Ja wirklich! So 'ne junge, nette Frau wie du. Könntest meine Tochter sein. Musst du dich nachts an der Brunnenstraße rumtreiben? Ausgerechnet im Sperrbezirk. Mensch, Mädchen! Mach 'ne Therapie und such dir 'n Job.«
    »Mir ist kalt«, sagte Manuela.
    »Dann steig mal zu uns um«, schlug Jochen Baumann vor. »Vorübergehende Festnahme. Du kannst über Nacht bleiben. Morgen früh sehen wir dann weiter.«
    Manuela stieg aus. »Habt ihr mal 'ne Zigarette?«
    Müller gab ihr eine, das Feuerzeug glimmte. Dann ging Manuela zum Polizeiwagen und setzte sich hinein.
    »Sie werden von mir hören«, kündigte Willi Junghans an.
    »Sie auch von uns«, meinte Baumann lakonisch.
    »Ziehen Sie sich warm an. Ganz warm.«
    »Hör mal, Genosse ...« Wilhelm Müllers Ton war vertraulich. Er wollte Junghans beiseite ziehen, ihm die Lage wenigstens erklären.
    »Fassen Sie mich nicht an!«, brüllte der Kandidat. »Das ist Amtsmissbrauch. Körperverletzung. Und so weiter.«
    »Wie Sie wollen!« Müller hob die Hände.
    »Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Abend«, sagte Baumann. »Kommen Sie gut ... nach Hause – meine ich.« Er konnte sich ein anzügliches Grinsen nicht verkneifen.
    Die beiden Beamten sahen dem schweren BMW nach, wie er sich in den rollenden Verkehr einordnete.
    »So – das war's«, stellte Müller fest. »Feierabend, Kollege?«
    »Ja«, sagte Jochen Baumann. »Wir versorgen Manuela noch und dann ab ins Bett. Ich muss morgen früh raus. Zahnarzttermin.«

Neuer Start mit Gerry Smart
    Manuela kam ungeschoren davon, Junghans weniger. Monate später hatte ihn jemand an ein schwarz-gelbes Wahlplakat genagelt und er war ziemlich tot. Auf dem Plakat stand: Neuer Start mit Gerry Smart .
    Gerry – oder Gerlinde, wie sie richtig hieß – Smart war die Kandidatin der Christdemokraten. Die hatten eine einmalige Chance gewittert, das rote Rathaus in Bierstadt zu stürzen, nachdem Junghans' Blow-Job-Affäre bundesweit bekannt geworden war.
    Und jetzt das! Junghans war im Morgengrauen von einem Zeitungsboten des Bierstädter Tageblattes leblos vor der Großplakatierung der Konservativen gefunden worden. Der Mann hatte zunächst die Polizei, dann Peter Jansen angerufen, der seit vielen Jahren Leiter der Bierstädter Lokalredaktion war. Jansen wiederum hatte mich in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett geklingelt und zu einer Krisensitzung in die Redaktion beordert. Jetzt saßen wir hier – es war sechs Uhr morgens –, für Zeitungsjournalisten allertiefste Nacht.
    »Du siehst so komisch aus, Grappa«, musterte Jansen mich. »Ist irgendwas? Bist du krank?«
    »Ich bin ungeschminkt«, knurrte ich. »Außer meinen Katzen und dem Milchmann hat mich noch nie jemand in diesem Zustand gesehen.«
    »Und ich dachte immer, deine Katzen seien eines natürlichen Todes gestorben«, wunderte er sich. »Und wie geht's dem Milchmann?«
    »Er ist auf dem Weg der Besserung«, behauptete ich. »Erst Psychiatrie, jetzt Selbsthilfekassetten. Sonst noch Fragen?«
    »Willst du Kaffee?«, lenkte er ein.
    »Immer.«
    Schweigend schlürften wir den schwarzen Saft.
    »Scheißwahlkampf«, schimpfte Jansen dann. »Und jetzt noch dieser Mord! Wer sollte Junghans umbringen? Und – vor allem – warum? Kannst du dir einen Reim drauf machen?«
    »Nicht direkt. Aber – ich find's prima. Bisher war der Kampf um die Pöstchen eher langweilig, immer dieselben Reden, dieselben Arschgesichter, dieselben Versprechungen und dasselbe Ergebnis. Sozialdemokratischer Mief bis zum Abwinken. Jetzt kommt wenigstens Stimmung in die Bude! Meinst du, die finden den Mörder schnell?«
    »Ach, Grappa«, stöhnte Jansen, »das ist mir ziemlich schnurz. Für uns bedeutet das auf jeden Fall eine Menge Arbeit. Gerade jetzt, wo zwei Planstellen unbesetzt sind. Ich kann auch nicht mehr als achtundvierzig Stunden am Tag arbeiten.«
    »Verlass dich ganz auf mich«, sagte ich eifrig. »Ich werde den Mörder von Junghans finden – und zur Strecke bringen.«
    »Was du nicht sagst«, staunte mein Chef, »ich dachte, du konntest Junghans nicht leiden.«
    »Das ist noch untertrieben«, gab ich zu. »Junghans war die Karikatur eines unmoralischen, machtgeilen und dummen Politikers. Wenn der Oberbürgermeister von Bierstadt geworden wäre – nicht auszudenken. Das hätte diese schöne Stadt nicht verdient gehabt. Ich will den Mörder finden, um ihm in tiefer Dankbarkeit die Hand zu drücken
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