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Grappa 09 - Grappa-Baby

Grappa 09 - Grappa-Baby

Titel: Grappa 09 - Grappa-Baby
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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im Zimmer waren Rosen verteilt«, berichtete Frank. Er stand auf, stapfte mit gesenktem Kopf durchs Zimmer, kam zurück und baute sich dann breitbeinig vor mir auf. »Kapierst du das nicht?«, fragte er verzweifelt.
    »Nicht so ganz«, antwortete ich. »Du hast Rosen im Zimmer gesehen. Na und? Vielleicht haben ihre Eltern sie ihr gebracht.«
    »Nein, nein.« Frank war außer sich. »Sie lagen überall rum. Mindestens dreihundert Stück – im Zimmer verstreut und auf dem Bett. Kristins Körper war mit Rosen bedeckt.«
    »Das ist allerdings merkwürdig«, räumte ich ein. »Aber wie kommst du darauf, dass es dieser Mann war?«
    »Ich weiß es. Er war wieder bei ihr.«
    »Aber Frank! Deine Frau wird Tag und Nacht bewacht. Wenn jemand dreihundert Rosen in ihrem Zimmer deponiert, wird die Klinikleitung dafür eine Erklärung haben.«
    »Verstehst du denn nicht, Grappa?« In Franks Stimme hatte erneut die Verzweiflung die Kontrolle übernommen.
    »Was, zum Teufel, soll ich verstehen?«
    »Nachdem mich Nik vom Dach geholt hat, hat er in ihrem Zimmer nachgeschaut.«
    »Und?«
    »Die Rosen waren weg. Alle.«
    »Vielleicht hast du dich getäuscht. Du bist mit den Nerven ziemlich fertig«, baute ich ihm eine goldene Brücke.
    »Du hast recht«, gab er zu, »ich bin mit den Nerven am Ende. Aber meine Augen sind noch in Ordnung.«
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Du musst rauskriegen, was da läuft. Wer die Blumen in ihr Zimmer gebracht hat und warum.«
    »Ich will's versuchen. Wie sahen die Dinger aus: rot, gelb, weiß, rosa, kariert ...?«
    »Dunkelrot. Der Duft erfüllte das ganze Zimmer.«
    »Ach, Frank«, seufzte ich. »Bist du auch ganz sicher?«
    »Willst du mir helfen, oder nicht?«, brauste er auf.
    »Reg dich nicht auf«, beschwichtigte ich ihn. »Ich werde in dem Krankenhaus nach den Spuren der Rosen suchen.«
    Er nickte und wurde ruhiger.
    »Wann kommst du eigentlich hier raus?«, wechselte ich das Thema.
    »Keine Ahnung. Ist mir auch egal.«
    »Resignierst du etwa?«
    »Wenn ich wegen versuchten Mordes angeklagt werde, dann ist sowieso alles aus.«
    »Du kriegst mildernde Umstände«, versuchte ich ihn zu trösten. »Kein Richter wird es dir übelnehmen, dass du deine todkranke Frau in Würde sterben lassen wolltest. Und kein Staatsanwalt mit Herz wird gegen dich Anklage erheben.«
    »Das will ich hoffen.« Frank hatte wieder Oberwasser. »Wenn ich im Knast sitze, kann ich den Kerl nämlich nicht erledigen.«
    Das war logisch.
    Meine ungeschriebene Story fiel mir wieder ein. »Darf ich ein Foto von dir machen? Ich will einen Artikel schreiben. Dein Selbstmordversuch gestern Nacht hat die anderen Medien ganz raschelig gemacht. Draußen warten drei Fernsehteams und hoffen, zu dir vorgelassen zu werden.«
    »Ich weiß«, sagte Frank. »Ich hab den Ärzten gesagt, dass ich niemanden sehen will außer dir.«
    »Braver Junge«, lächelte ich. »Dafür kannst du dich auch hundertprozentig auf mich verlassen, Nik natürlich eingeschlossen.«
    Ich blickte mich im Zimmer um. Es war zweckmäßig und freundlich eingerichtet und vermittelte kaum den Eindruck einer Gummizelle, in der Durchgeknallte in den Teppich beißen. Eigentlich deutete fast nichts darauf hin, dass dies die geschlossene Abteilung einer Irrenanstalt war – wenn man ignorierte, dass an der Tür Knauf und Klingel statt Klinke anmontiert waren.
    »Ich brauche einen Hintergrund für das Foto«, erklärte ich Frank. Ich schob einen Holzstuhl vors Fenster. »Setz dich hier drauf und schau unglücklich und verloren hinaus. Augenblick noch – ich zieh die Jalousien ein bisschen hoch, dann ist das Licht besser.«
    Die Fenster waren vergittert – keine Chance für Flucht oder Suizid durch Fenstersturz. Die Aussicht ging zum Park der Klinik, hinter dessen Zaun Kamerateams und die Kollegen von der Konkurrenz herumlungerten.
    »Bleib am besten vom Fenster weg«, riet ich Frank. »Da unten lauern die Geier.«
    Ich drückte ein paarmal auf den Auslöser der Kamera, hauchte Frank einen Kuss auf die Wange, riet ihm, die Ohren steif zu halten. Mein Klingeln holte einen Pfleger herbei, der aussah wie der Chef einer Möbelpacker-Kolonne.
    »Danke, junger Mann«, sagte ich. »Wie kann ich hier ungesehen rauskommen?«
    Ich hatte keine Lust, meinen Kollegen in die Hände zu fallen. Sie brauchten nicht zu wissen, wie viel näher als sie ich an der Geschichte war. Ein guter Jäger ist einsam.
    Ich schlüpfte durch den Personaleingang ins Freie und erreichte unbemerkt den
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