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Grappa 07 - Killt Grappa

Grappa 07 - Killt Grappa

Titel: Grappa 07 - Killt Grappa
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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fiel mir ein Schild auf: Bitte Ruhe! Beichtgelegenheit.
    Das war's! Else musste in dem Holzgestell verschwunden sein, in dem Priester die Vergebung aller Sünden garantieren – gegen verbale Reue und nach zehn bis dreißig gemurmelten Vaterunsern. Ich kannte dieses Ritual aus meiner Jugend, Unterwerfungen sind mir seitdem verhasst.
    Eine Säule aus Sandstein half mir, mich zu verbergen. Ich brauchte nicht lange zu warten. Else Ambrosius hatte tatsächlich gebeichtet oder zumindest so getan. Mit gesenktem Kopf erhob sie sich aus der knienden Haltung und ging zum Ausgang. Sie hatte mich nicht bemerkt.
    Wenig später öffnete sich die Tür des Beichtstuhls und Pater Joseph trat heraus. Er hatte sein Gesicht in sorgenvolle Falten gelegt.
    »Hallo, Pater«, sprach ich ihn an.
    »Frau Grappa!«, rief er aus. »Das ist aber eine Überraschung. Sind Sie gekommen, um Ihre Sünden zu beichten?«
    »Nein«, lächelte ich. »Da ist den letzten Jahren so viel aufgelaufen, dass ich's nicht mehr zusammenkriegen würde.«
    »Gott vergisst nichts«, behauptete er, »und er verzeiht fast alles.«
    »Ich habe davon gehört. Aber deshalb bin ich nicht hier. Wer war Ihre letzte Kundin? Die Frau, die gerade gegangen ist?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte der Pater. »Sie wissen doch, dass die Beichte eine anonyme Angelegenheit ist. Namen spielen keine Rolle, Gott kennt die Schafe seiner Herde.«
    »Und was hat Sie Ihnen erzählt?«
    »Sie machen sich über mich lustig«, empörte sich der Geistliche. »Sie kennen doch die katholischen Rituale und wissen, dass das Beichtgeheimnis heilig ist.«
    »Die Frau heißt Else Ambrosius und ist Hohepriesterin bei der Fraternitas saturni«, klärte ich ihn auf. »Sie wird dort Schwester Roxanne genannt. Erinnern Sie sich an meinen Artikel über den Babymord in Holland? Sie ist auch in diese Sache verwickelt.«
    »Um Gottes willen!«, rief Pater Joseph aus. Er sah ziemlich erschrocken aus.
    »Also – was wollte sie?«, wiederholte ich.
    »Ich darf es Ihnen trotzdem nicht sagen!« Es klang verzweifelt.
    »Noch nicht mal eine Andeutung?«
    Pater Joseph ging ein paar Schritte auf und ab und prüfte sein priesterliches Gewissen. »Sie befindet sich in großer seelischer Not«, kam es aus seinem Mund. »Ihre Lage scheint aussichtslos zu sein. Sie hat den Eindruck, dass sie von allen verlassen ist – auch von Gott, dem Allmächtigen.«
    »Wie rührend«, meinte ich ironisch. »Vor ein paar Tagen noch hat sie quietschvergnügt eine Schwarze Messe gefeiert. Wo soll den plötzlich Reue herkommen?«
    »Gottes Wege sind unergründlich«, schwadronierte Pater Joseph, »doch ewig währet sein Himmelreich.«
    »Amen!«, vervollständigte ich den Satz. Ich hatte genug von dem Gesülze. »Sie haben einen Flecken auf Ihrem Kostüm«, behauptete ich und trat ganz nah an ihn heran. Mit der Hand bürstete ich etwas Unsichtbares von seiner Schulter. Ich kam ihm dabei sehr nah. Seine Augen lauerten, in den Mundwinkeln hatte sich Speichel angesammelt, und quer zum Haaransatz verlief eine kaum sichtbare Narbe. Die Gesichtsoperation! Er muss es sein, dachte ich. Es passte alles so gut zusammen.
    »So – jetzt können Sie dem Herrn wieder unter die Augen treten«, lächelte ich. »Auf Wiedersehen, Pater. Es war eine Freude, mit Ihnen zu reden.«
    Nachdenklich ging ich zu meinem Auto. Hoffentlich hat er nichts bemerkt, dachte ich. Ich war nicht gerade freundlich zu ihm gewesen. Als ich vor dem Steuer meines Wagens saß, bemerkte ich, dass mein Herz bis zum Hals schlug. Meine Hand zitterte, als ich den Schlüssel ins Zündschloss steckte.
    Eine perfekte Tarnung, schoss es mir durch den Kopf. Der Weg von der Gottesanbetung bis zum Teufelskult ist nicht so weit, wie man eigentlich glauben sollte. Nur ein kleiner Steg von Ufer zu Ufer.
    Unterwegs stoppte ich an einer Telefonzelle. Nik war nicht da, sagte mir die Stimme seines Kollegen, er sei zu Hauptkommissar Baißer ins Krankenhaus gefahren. Der habe ihn unbedingt sprechen wollen.
    Ich wendete und fuhr Richtung Unfallklinik.

Schuld und Vergebung
    Als ich das Zimmer, in dem Baißer lag, gefunden hatte, blieb ich zunächst unschlüssig vor der Tür stehen. Sollte ich einfach reingehen? Sachte öffnete ich die Tür einen Spalt und hielt mein Ohr an die Öffnung.
    »Tut mir leid, Junge«, hörte ich Baißer mit schwacher Stimme sagen. »Hab deinen Blick nie vergessen, damals.«
    »Sie sollten nicht reden, Kollege!« Nik hatte einen rauen Ton.
    Ich öffnete die Tür ein bisschen
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