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Granger Ann - Varady - 05

Titel: Granger Ann - Varady - 05
Autoren: Und hute dich vor deinen Feinden AEA4CEC7
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Sie sehen, ist die Geschichte meiner Wohnsitze ein wenig
bunt.
Mein Name ist Francesca Varady, genannt Fran. Beständigkeit hat in meinem Leben bisher keine große Rolle gespielt. Meine Mutter ließ mich sitzen, als ich sieben war,
und kehrte vierzehn Jahre lang nicht mehr zurück. Ich wurde von meinem Vater und meiner Großmutter aufgezogen.
Ich verlor beide im gleichen Jahr, dem Jahr, als ich sechzehn
wurde, und seit damals habe ich mich alleine durchgeschlagen. Dad starb zuerst, und weil Großmutter die Mieterin
unserer Wohnung war, konnte der Vermieter mich nach ihrem Tod auf die Straße setzen. Die Fortsetzung des Schauspielunterrichts, den ich damals besucht habe, war ebenfalls
keine Option gewesen.
Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wunderbar es für
mich war, endlich ein vernünftiges eigenes Dach über dem
Kopf zu haben. Ich gewöhnte mich schnell an eine normale
Existenz. Ich gewöhnte mich daran, nicht all meine Besitztümer in einer Plastiktüte mit mir herumzutragen. Meiner
Hündin Bonnie gefiel die neue Wohnung, weil es einen
Garten gab, in dem sie herumtollen konnte. Jeder, der mich
in der Wohnung besuchte, sagte, dass ich eine Menge Glück
gehabt hätte. Das wusste ich selbst. Das Nomadenleben
meines Erwachsenendaseins schien endlich vorüber zu sein.
Diese Wohnung war so permanent, wie sie nur sein konnte.
Selbst Ganesh billigte sie. Vorausgesetzt, ich stellte keinen
Bockmist an, würde sich mein Leben von nun an in geordneten Bahnen bewegen und vorangehen. Doch andererseits,
wenn man erst anfängt, so zu denken, bettelt man förmlich
um Schwierigkeiten.
Ganesh und ich sind Freunde, seit ich in Rotherhithe in
einem besetzten Haus gewohnt habe. Er hat damals bei seinen Eltern gewohnt, die einen Gemüseladen an der Ecke
führten. Die Stadtentwicklung hat uns alle von dort vertrieben. Ganeshs Eltern haben einen neuen Laden in High Wycombe eröffnet, aber weil es keinen Platz für ihn gab, musste er zu seinem Onkel Hari ziehen und bei ihm arbeiten.
Onkel Hari hat einen Zeitungsladen in Camden. Mich hatte
es ebenfalls nach Camden verschlagen, und der große Vorteil war, dass wir nicht weit voneinander entfernt wohnten
und immer noch Freunde waren.
Wie um zu beweisen, was für ein normaler Mensch ich
von nun an sein würde, hatte man mir einen regelmäßigen
Job angeboten, und ich hatte zugesagt. Doch das war der
Punkt, von dem ich inzwischen vermutete, er könnte mein
erster Fehler gewesen sein.
Wie ich Susie erinnert hatte, arbeitete ich als Kellnerin in
einer Pizzeria, die sich San Gennaro nannte. Davor war es
ein Imbiss gewesen namens Hot Spud Café, geführt von einem gewissen Reekie Jimmie. Dann war Jimmie eine Partnerschaft mit einem Italiener eingegangen, der eine Kette
von Pizzaläden eröffnen wollte. Jimmie war als Manager
geblieben und hatte mich als Personal eingestellt.
Ich hatte nichts dagegen, Pizzas zu servieren. Ich hatte
auch nichts gegen die ätzende Uniform mit der roten Weste
und dem Bauernkostüm – nicht wirklich jedenfalls. Ich kam
einigermaßen mit meinen Kolleginnen zurecht. Doch ich
war beunruhigt wegen Jimmies Rolle und der ganzen Situation hinter den Kulissen. Da ging irgendetwas vor, das spürte ich in den Knochen. Das war auch der Grund, warum ich
so scharf auf Susies Andeutungen reagiert hatte. Sie hatte
aus Erfahrung gesprochen, und ich hatte die gleichen Erfahrungen gemacht.
Wenn man sich nahezu acht Jahre lang mehr oder weniger ehrlich durchs Leben schlägt, wie ich es getan habe, entwickelt man ein Gespür für diese Dinge. Man braucht es
auch. Jedes Mal, wenn ich den Fuß in das Restaurant setzte,
hatte ich das Gefühl, Publikum bei einer Art Zaubershow zu
sein, der Art von Show, bei der der Zauberkünstler einem
das Mädchen im Schrank zeigt, den Schrank fest verschließt,
um ihn herumläuft und gegen die Seiten und den Boden
klopft. Das Mädchen ist echt, doch dann, bevor man sich’s
versieht, ist es aus dem Schrank verschwunden. Nichts ist,
wie es scheint, und man kann sich am Kopf kratzen, so viel
man will, man kommt nicht dahinter. Genauso fühlte ich
mich beim San Gennaro.
Das Geschäft lief gut, keine Frage. Das Lokal lag in Primrose Hill, hinter der Camden High Street, in der Nähe der
Regent’s Park Road. Das ist ein hübscher Name für eine
schöne Gegend aus frühen viktorianischen Häusern, die eine urbane Insel bilden, bewohnt von gut situierten Yuppies
aus der Medienszene und anderen aufstrebenden Branchen.
Jimmies Hot
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