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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Autoren: Peter Berling
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finden.
    »Werden wir die Kapitulation annehmen?« begann ich das Gespräch unverfänglich.
    »Ihr Pfaffen«, bekam ich gleich einen Streich übergebr a ten, »würdet Euch wohl gern verweigern!« Der Templer machte sich über mich lustig. »Die Kriegsleute, die für Euch ihre Haut zu Markte tragen, sind es leid, noch lä n ger zu warten. Das gilt vor allem für jene, die aus Lehn s pflicht – nicht aus Überzeugung! – jetzt bereits den zeh n ten Monat in diesem unwirtlichen Gebirge hocken. Also werden sie darauf drängen, die Belagerung zu bee n den –«
    »Und was ist mit der Bestrafung?« rutschte es mir h e raus.
    Der Templer schenkte mir nur einen mitleidvollen Blick, der mich zutiefst beschämte, ging aber nicht darauf ein. »Hugues des Arcis braucht den Erfolg – braucht ihn mehr als einen Sieg! Sein Auftrag lautet – im Namen des K ö nigs von Frankreich –, den Montségur zu besetzen, nicht Rache zu üben! Ich nehme an, er wird ihn zu erfüllen suchen, wie wenig auch immer der Kirche die Konditi o nen schmecken werden.«
    Der Präzeptor begab sich zum Zelt des Seneschalls, der mittlerweile von seiner Bergtour zurück sein mußte; ich folgte ihm. Ohne daß er mich dazu aufgefordert hätte, tro t tete ich hinter ihm her wie ein zugelaufener Hund.
    Solcherhalb bereitete es ihm wohl Vergnügen, mir we i tere Lektionen wie Hiebe zu erteilen.
    »Zu überstimmen ist nur Pierre Amiel«, ließ er mich wissen, ohne sich nach mir umzudrehen. »Der Erzbischof giert wie Ihr, Bruder William, nach den Seelen der dort oben verborgenen Ketzer, nicht um sie zu bekehren, nein, um sie als schwarze Rauchfahnen aus den Flammen ger a dewegs zur Hölle fahren zu sehen!«
    Das wollte ich nun nicht auf mir sitzen lassen. »Einem reuigen Sünder sollt ’ allemal verziehen werden.«
    »Und wer sich keiner Schuld bewußt ist, woher soll der das Gefühl der Reue beziehen?« peinigte mich der Tem p ler, an dessen Lippen ich hing, der sich über mich lustig machte und den ich fürchtete. »Solch ein Widerruf, den Ihr verlangt, das wäre erst der Sündenfall eines ›Reinen‹! Da zieht er den Tod vor – und damit allein verdient er schon deine Achtung, William!«
    Ich zog den Schwanz ein; er hatte ja recht – die Mauern meiner religiösen Erziehung bekamen Risse, das aufliege n de Gebälk meiner theologischen Studien ächzte und knac k te. Und so schwieg ich und ließ mich ein wenig hinter ihn zurückfallen; denn wir waren am Stander unseres Feldhe r ren angelangt.
    »… der Garnison freien Abzug«, hörte ich ihn zum E r zbischof sagen, der schon aufbrausen wollte, »aber alle anderen haben sich dem Inquisitionstribunal zu stellen!« Das entzückte Pierre Amiel sichtlich, während es mich plötzlich erschauern machte. »Die Übergabe wird nach e i nes halben Mondes Länge erfolgen!« fügte der Sen e schall wie nebensächlich noch hinzu.
    »Wie das?«, begehrte der Erzbischof – eine Falle wi t ternd und auf jeden Fall um sein alsbaldiges Vergnügen gebracht, empört auf.
    »Conditio sine qua non!« beschied ihn Hugues des Arcis abschließend. »Ich bin froh, mit dieser rein zeitlichen Ko n zession die Lösung gefunden zu haben, und Ihr, Eminenz, solltet mit dem Beispiel der Geduld vorang e hen!«
    Der Erzbischof verließ den Platz, sein Ärger hing ihm nach wie eine Furzwolke. Gavin folgte einem unauffäll i gen Zeichen des Seneschalls und betrat hinter ihm dessen Zelt. Ich setzte mich auf einen Stein.
    Es war Abend geworden, eine plötzliche feiertägliche Ruhe umwehte den stoisch aufragenden Pog, eine unwir k liche Stille – nicht des Friedens, mehr des Abgeh o benseins von Zeit und Raum. Ging sie von meinem Herzen aus? Oder von den Menschen, die sich dort oben hinter den schweren Mauern der Burg zusammengeschart hatten?
    Verlegen blickte ich um mich, und ich sah viele ihre Häupter entblößen. Soldaten, Hauptleute, Ingenieure, Sa p peure, Armbru-stiers, Schützen, Ritter und Knappen scha u ten stehend hinauf. Der Ring der Belagerer verhar r te in schweigender Spannung, voller Unsicherheit über das, was sich, für unsere Augen nicht sichtbar, für unsere Köpfe u n verständlich, wohl bei den Eingeschlossenen abspielen und insbesondere vorbereiten mochte.
    Ich kniete nieder und betete. Ich betete für die Männer, Frauen und Kinder des Montségur!
    In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne – die Täler sind längst ins Violett einer schnell hereinbreche n den Dämmerung getaucht – leuchtete die Gralburg auf der
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