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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Autoren: Peter Berling
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gefüllt!«
    Die Kapitulation
    Montségur, Frühjahr 1244 (Chronik)
    Die täglichen Messen für das Seelenheil meines Herrn S e neschall lasen meine beiden Kollegen aus dem Nive r nais, ohne daß mein Mitwirken erwünscht war. Sie sahen H u gues des Arcis sowieso selten genug, und dann drüc k te er neuerdings sporenklirrend auf das Tempo ihrer L i tanei, während ich dumm herumstand.
    Dabei hatte der Oberkommandierende gar keine Eile, denn das hatte er bald allen Beteiligten klarmachen kö n nen, den Erzbischof natürlich ausgenommen: Im Sturm war di e ser Berg mit seiner stolzen Burg auch jetzt nicht zu nehmen – es sei denn unter wahnwitzigen Blutverlu s ten! Ich hatte also viel Zeit zum Beten, wobei ich neugi e rig durch die verschiedenen Feldlager schlenderte.
    Überall fand ich Ritter, die mißmutig ihre Schlachtrosse striegelten; denn hier bot sich, weiß Gott, keinerlei Gel e genheit, macte anime in den Kampf zu galoppieren, um den Gegner mit schwerer Lanze aus dem Sattel zu we r fen.
    So traf ich auch Gavin, den Templer. Dieser hochedle Herr Montbard de Bethune war der Präzeptor des nahe g e legenen Ordenshauses von Rennes-le-Château und hatte sich mit einer Abteilung seiner Ritter herbegeben, ohne eigentlich mit von der Partie zu sein: dem Seneschall kon n te der Orden sich nicht unterstellen, und auch der Erzb i schof hatte keine Befehlsgewal t ü ber ihn. So nahm Gavin den Status eines Beobachters ein, hatte sein Zelt an der schönsten Stelle am Rande der Lasset-Schlucht aufg e schlagen und sein Gefolge im Umkreis lagern lassen. Mit ihm freundete ich mich an, und wir hatten in der Folge eine Reihe von sehr sonderbaren G e sprächen.
    Gavin entstammte – wie der stolz angefügte Name se i ner Mutter verriet – diesem Lande. Die Bethunes waren Lehnsleute und – durch mehrfache Blutsbande – auch Verwandte der Grafen von Toulouse. Gavin hatte den Trencavel noch in persona gekannt und war auch bei Ca r cassonne einst dabeigewesen. Ich ersparte mir, ihn zu fr a gen, auf wessen Seite. Carcassonne war ihm eine Erinn e rung, an der er offensichtlich schwer trug, was mich wied e rum sehr irritierte.
    Gavin mußte, dem Grau seines struppig melierten Bartes nach zu schließen, die Fünfzig bereits überschritten h a ben. In der Umgebung des Pog kannte er sich bestechend gut aus. So war er bestens informiert über dessen Besa t zung, die er – bei über einem Dutzend ihm namentlich bekannter Ritter – samt Knappen, Sergeanten und angeworbenen Hilfstruppen auf über vierhundert wehrtüchtige Männer einschätzte. Die parfaits, wie er diese Ketzer ehrerbietig nannte, machten sicher mit ihren Familien weitere zwe i hundert Köpfe aus.
    Gavin wußte zu gut Bescheid, er mußte schon dort oben geweilt haben, in diesem Ketzernest! Bestanden etwa doch irgendwelche verborgenen Querverbindungen zw i schen den Templern und Katharern? Schließlich munke l te man über eine gemeinsame Leiche in einer unbekan n ten Gruft. Einen versteckten, streng gehüteten Schatz – diesen Gral? Obskure Götzenriten? Die geheime Regel des Ordens – wer weiß, was sie an Ungeheuerlichkeiten enthielt?
    »Ist es denn wahr«, fragte ich Gavin und bekreuzigte mich schnell, »daß diese von Gott und dem Heiligen Geist Verlassenen nicht nur unseren Herrn Papst verhö h nen, die jungfräuliche Geburt unseres Heilands anzweifeln, seine Gottessoh n schaft verleugnen, sondern auch seinen Tod am Kreuze für uns?«
    »Gott verläßt niemanden«, wies mich der Templer z u recht, mit einem Ernst, der mich zwang, über diesen Satz mit all seinen Konsequenzen nachzudenken. Doch sofort brach wieder sein Sar-kasmus durch: »Quidquid pert i nens vicarium, parthenogenesem, filium spiritumque sanctum – schon die Trinität ist ihnen zuviel.«
    Verspottete er die Kirche? Wollte er mich verführen, meinen festen Glauben an die Sakramente zum Wanken bringen? War der Versucher in Gavin gefahren und des roten Kreuzes ungeachtet unter seinen weißen Mantel g e schlüpft?
    »Ihnen reicht das ›Eine Göttliche Wesen‹ – und sein Widerpart, das luziferische Element …«
    Also doch! »Ergo glauben sie an den Bösen, verehren ihn womöglich insgeheim?«
    »Glaubt Ihr nicht an den Teufel, Bruder William?« G a vin lachte dröhnend über mich erschrockenen Mönch, der ihn anstarrte, als sei ihm Der-heilige-Gott-sei-bei-Uns g e rade mit Pech- und Schwefelgestank begegnet. »Armer Bruder William«, sagte er, »es gibt Dinge zwischen Hi m mel und Assisi, die sich
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