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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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doch beredten Gefährten reiner Gedanken und unschuldiger Stunden in der Zeit des Mißgeschicks werden. Wenn alles Weltliche um uns her sich in Tand verwandelt, so behalten diese allein ihren unveränderlichen Werth. Wenn Bekannte kalt werden, der Umgang vertrauter Freunde sich zu schaler Höflichkeit und in Gemeinplätze verflacht, so behalten diese allein das unwandelbare Aussehen glücklicherer Tage, und erheitern uns durch die wahre Freundschaft, welche nie die Hoffnung betrog, und nie den Kummer verließ.
    Ich will den Tadler nicht spielen; – allein wenn die Bewohner von Liverpool eigentlich gefühlt hätten, was sie Herrn Roscoe und sich selbst schuldig sind, so würde seine Bibliothek nie verkauft worden sein. Triftige, äußerliche Grunde mögen zweifelsohne für diesen Umstand angegeben werden können, welche durch andere, allein auf der Einbildungskraft geschöpfte, zu bekämpfen schwer werden möchte; allein dieß scheint mir eine Gelegenheit gewesen zu sein, wie sie sich selten findet, ein edles, mit Ungemach kämpfendes Gemüth, durch eines der zartesten, aber bedeutsamsten Zeichen öffentlicher Theilnahme zu erheitern. Es ist indessen schwer, einen Mann von Genie, den man täglich vor Augen hat, gehörig zu würdigen. Er wird mit andern Leuten vermischt und gleich ihnen beurtheilt. Seine großen Eigenschaften verlieren ihre Neuheit, und wir werden zu vertraut mit den gewöhnlichen Bestandtheilen, welche die Grundlage selbst des erhabensten Charakters bilden. Einige von Herrn Roscoe’s Landsleuten mögen ihn als einen bloßen Geschäftsmann betrachten, andere als einen Politiker; alle sehen ihn, wie sich selbst, in ganz gewöhnliche Beschäftigungen verwickelt, und dünken sich selbst vielleicht in mancher Rücksicht an weltlicher Klugheit ihm überlegen. Sogar die liebenswürdige und anmaßungslose Einfachheit des Charakters, welche der wahren Vorzüglichkeit eine so unbeschreibliche Anmuth verleiht, mag die Ursache sein, daß er von gemeinen Seelen, welche nicht wissen, daß wirkliches Verdienst stets ohne Schimmer und Ansprüche ist, nicht hinlänglich geschätzt wird. Aber der wissenschaftliche Mann, welcher von Liverpool redet, redet davon, als von dem Aufenthaltsorte Roscoe’s. – Der unterrichtete Reisende, der den Ort besucht, fragt, wo er Roscoe sehen kann. Er ist das wissenschaftliche Wahrzeichen des Orts, dessen Dasein er dem entfernten Gelehrten ankündigt. – Er erhebt sich, wie die Säule des Pompejus in Alexandrien, allein in klassischer Würde. [Fußnote: Wir unterschreiben, was bei dieser Stelle Herr Spieker sagt: »Man wird mir erlauben, auf mein eigenes Werk über England zu verweisen, um darzuthun, daß auch ich dem Manne, der eine Zierde Englands ist, den Tribut der Achtung und Bewunderung gezollt habe, die ganz Europa dem Geschichtschreiber der Medici schuldig ist.«]
    Des folgenden Sonnettes, welches Herr Roscoe an seine Bücher richtete, als er sich von ihnen trennen mußte, wurde in dem vorstehenden Abschnitte gedacht. Wenn irgend etwas dem reinen Gefühle und den erhabenen Gedanken, welche darin ausgesprochen sind, eine größere Eindringlichkeit geben kann, so ist es die Ueberzeugung, daß das Ganze kein leerer Erguß der Phantasie, sondern der wahre Ausdruck der Gefühle des Verfassers ist.
Sonnett .
Wie Einer, der sich von den Freunden trennt,
Den herben Abschied durch den Trost versüßt,
Daß bald er seine Lieben wieder grüßt,
Den Schmerz so mildernd, der im Herzen brennt:
    Geliebte Freunde, so werd’ ich getrennt
Von euch, die Weisheit ihr und Kunst umschließt,
Und Trost in unsere trüben Stunden gießt –
Wohl dem, der da noch schön’res Hoffen kennt:
    Wenn wenig kurze Jahre, Tage schwanden
Dann werden bess’re Zeiten sich gestalten,
Und unser Aller Bund blüht neu und hehr.
    Dann werden, frei von allen Erdenbanden,
Verwandte Geister sich umfangen halten
Und nichts trennt dann ihr ew’ges Bündniß mehr.
    Das Weib.

Des Meeres Schätze sind so köstlich nicht,
Als die verborgnen Freuden eines Mannes,
Die eines Weibes Lieb’ umschließt. Ich fühle
Den Segen schon, wenn ich dem Hause nahe.
Welch’ einen Zauber haucht die Ehe aus –
Ein Veilchenbett ist süßer nicht.
Middleton .

    Ich habe oft Gelegenheit gehabt, die Stärke zu beobachten, mit welcher Frauen die größten Schläge des Schicksals ertragen. Die Unglücksfälle, welche eines Mannes Geist niederschmettern und ihn in den Staub dahinstrecken, scheinen alle die Kräfte des schwächeren
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