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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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jedoch, welche in diesen Sachen die besten Richterinnen sind, behaupten bis auf diesen Tag, Ichabod sei durch übernatürliche Kräfte verschwunden; und es ist eine Lieblingsgeschichte, welche sehr oft in der Nachbarschaft bei dem Winterabendfeuer erzählt wird. Die Brücke wurde mehr als je zum Gegenstand der abergläubischen Furcht, und dieß mag der Grund sein, warum man in neueren Zeiten den Weg verlegt hat, so daß man sich jetzt bei dem Mühlbache vorbei der Kirche nähert. Da das Schulhaus nun verlassen war, zerfiel es bald, und man sagte, der Geist des unglücklichen Pädagogen gehe darin um, und der Pflügerknabe, der am stillen Sommerabende nach Hause schlendert, hat oft geglaubt seine Stimme in der Entfernung zu hören, wie er in der ruhigen Einsamkeit der schläfrigen Schlucht eine trübsinnige Psalmweise absingt.
Nachschrift,
    in Herrn Knickerbocker’s Handschrift gefunden .
    Die vorstehende Erzählung habe ich beinahe mit denselben Worten wiedergegeben, womit ich sie bei einer Zusammenkunft der Körperschaft der alten Stadt der Manhattoes, bei welcher mehrere von ihren weisesten und ausgezeichnetesten Bürgern zugegen waren, erzählen hörte. Der Erzähler war ein angenehmer, schäbiger, anständig aussehender alter Herr, in Pfeffer-und Salz-Kleidern und mit einem sehr launigen Gesicht; und ein Mann von dem ich stark vermuthe, daß er arm war, – weil er so gern unterhaltend sein wollte. Als seine Geschichte geendigt war, erscholl Gelächter und Beifall, besonders von zwei oder drei Abgeordneten von Aldermännern, welche den größern Theil der Zeit über geschlafen hatten. Es war indessen ein langer, trocken aussehender alter Herr mit buschigen Augenbraunen da, welcher die ganze Zeit über ein ernsthaftes, fast finsteres Gesicht machte, dann und wann die Arme in einander schlug, den Kopf neigte und auf den Boden niedersah, als ob er einige Zweifel in seinem Herzen hätte. Er gehörte zu jenen bedachtsamen Leuten, welche nie lachen, als wenn sie guten Grund dazu haben, und wann die Vernunft und das Recht auf ihrer Seite sind. Nachdem die übrige Gesellschaft von ihrer Fröhlichkeit wieder zu sich selbst gekommen, und die Stille wieder hergestellt war, stützte er sich mit einem Arm auf die Lehne seines Stuhls, stemmte den andern in die Seite, und fragte mit einer leichten aber ungemein weisen Kopfbewegung, indem er die Augenbraunen zusammenzog: was denn eigentlich die Nutzanwendung der Geschichte sei, und was dieselbe beweisen solle?
    Der Erzähler, welcher so eben als Erfrischung nach seiner Anstrengung, ein Glas Wein an die Lippen setzen wollte, hielt einen Augenblick inne, betrachtete den Fragenden mit einer sehr ergebenen Miene, und bemerkte, indem er das Glas langsam auf den Tisch setzte, daß die Geschichte bezwecke, streng logisch zu beweisen:
    »Daß es keine Lage im menschlichen Leben gebe, die nicht ihr Vortheilhaftes und Angenehmes hätte, – voraus gesehen, daß wir einen Scherz so nehmen, wie er ist;
    »Daß mithin, wer mit gespenstischen Reitern um die Wette reitet, wahrscheinlich einen schlimmen Ritt zu machen habe;
    »Daß es also, wenn ein Landschulmeister von einer holländischen Erbin abgewiesen wird, ein sicherer Schritt zu hoher Beförderung in dem Staate sei.«
    Der vorsichtige alte Herr zog nach dieser Erklärung seine Augenbraunen zehnmal dichter zusammen, als vorher, da diese Schlußfolge ihn sehr in Verlegenheit setzte; während, wie mich dünkte, der in dem Pfeffer-und Salzanzuge ihn mit einer Art von triumphirendem Lächeln betrachtete. Endlich äußerte er, das Alles sei ganz gut, die Geschichte komme ihm aber doch ein wenig unwahrscheinlich vor, – und es wären einer oder zwei Punkte darin, über welche er seine Zweifel habe.
    »Nun Herr,« erwiederte der Erzähler, »was das betrifft, so glaube ich selbst nicht die Hälfte davon.«
    D. K.
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