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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag
Autoren: John Irving
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an den von Humphrey Davy unternommenen Experimenten mit Stickoxydul. Der Dichter war gewiß mit Äther vertraut; schade – für ihn – daß er offenbar Opium bevorzugte. 
     
    Seite 70 Die Quelle dieser Geschichte ist wiederum mein Großvater, der 1910 die Harvard Medical School absolvierte. Er wurde Chefarzt an der Bostoner Entbindungsklinik und war jahrelang William Lambert Richardson-Professor für Geburtshilfe in Harvard. Ich habe ihn als guten Geschichtenerzähler in Erinnerung und manchmal als Tyrann – für die anderen Mitglieder seiner Familie. Als junger Arzt machte er viele Erfahrungen bei der Entbindung von Babys in armen Bostoner Einwandererfamilien, und wenn man ihn liest, so versteht man, daß er so viele Überzeugungen und Vorurteile hatte, wie er Erfahrungen und Begabungen hatte. 
     
    Seite 74 Ein Kaiserschnitt ist heute eine relativ harmlose Operation: der Einschnitt am Unterleib ist klein, weil der Uterus innerhalb der Bauchhöhle geöffnet wird. Doch zu Dr. Larchs Zeiten an der Bostoner Entbindungsklinik, 188– und 189–, war der am Unterleib vorgenommene Einschnitt beinah einen Fuß lang; der Uterus wurde durch den Schnitt gehoben und auf den Bauch der Patientin gelegt. »Das Aufschlitzen dieses großen, pflaumenfarbenen Organs bewirkte einen dramatischen Sturzbach von Flüssigkeiten und Blut«, schrieb mein Großvater. Der Uterus wurde dann mit Seide vernäht und wieder in die Bauchhöhle gelegt; der Unterleib wurde auf dieselbe Weise geschlossen. Erheblich mehr Beschwerden folgten auf solch eine Operation als heute auf einen Kaiserschnitt. Die Operation brauchte zu Larchs Zeit – und ohne Komplikationen – beinah eine Stunde. 
     
    Seite 76 Dieser Tod durch Skorbut beruht auf einem tatsächlichen Fall: »The Strange Case of Ellen Bean«, wie berichtet von meinem Großvater. »Eine Jungfer von fünfunddreißig Jahren und von neuenglischem Geblüt«, so schrieb Großvater über Mrs. Bean, deren Verfassung (und Todesursache) die gleiche war wie das Schicksal, das ich der unglücklichen Mrs. Eames zugedacht habe. Wie mein Großvater schrieb: »Der Zustand der Schwangerschaft erzeugt nicht bei allen Frauen diese verzückte Freude, die wir traditionell mit einer solchen Verfassung in Verbindung bringen; ja, es gibt welche, die betrachten ihre Zukunft mit bitterem Gesicht und neidgetrübtem Blick. Dies dürfen wir annehmen im Fall der Ellen Bean.« 
     
    Seite 80 In Wilbur Larchs Heimatstaat, dem guten alten Maine, war die Vornahme einer Abtreibung strafbar mit einem Jahr Gefängnis oder einer Eintausend-Dollar-Buße oder beidem – und wenn man Arzt war, konnte man seine Zulassung verlieren. Die Eastman-Everett Act von 1840 bezeichnet die versuchte Abtreibung an einer Frau, die ein Kind trägt, als eine Straftat, »gleichgültig, ob dieses Kind belebt sei oder nicht« – und ungeachtet der Methode. 
     
    Seite 81 Anstelle von rotem Merthiolat könnte Dr. Larch auch Dakinsche Lösung benutzt haben, auch wenn es wahrscheinlich ist, daß er deren Anwendung bei seinem kurzen Frankreichaufenthalt im Ersten Weltkrieg kennenlernte. Dort lernte mein Großvater die vielen Anwendungsmöglichkeiten von Dakinscher Lösung kennen und zu débridieren – das heißt, alles leblose Gewebe um eine Wunde wegzuschneiden; die Franzosen waren gute Lehrer darin, sagte er. 
     
    Seite 85 Damit Larch finden konnte, die Musik in dem Abtreibungspalast von 189– »erinnere an Mahlers Kindertotenlieder«, hätte er eine gewisse Gabe der Präkognition haben müssen; Mahlers Liederzyklus wurde 1902 geschrieben. Dies ist gemeint mit: »Natürlich konnten sie nicht Mahlers Kindertotenlieder gesungen haben, und doch hatte Wilbur Larch sie gerade gehört.« 
     
    Seite 95 Dies ist meines Großvaters Schilderung der Konstitution einer tatsächlichen Patientin, einer äußerst kleinen Frau namens Edith Flechter – an der ein Kaiserschnitt vorgenommen wurde (Boston Lying-In Hospital, 13. Juli 1894). Ein so kleines Becken ist selten. 
     
    Seite 97 Mrs. W. H. Maxwells Broschüre A Female Physician to the Ladies of the United States: Being a Familiar and Practical Treatise of Matters of Utmost Importance Peculiar to Women (»abgestimmt auf den privaten Gebrauch aller Frauen«) erschien 1860 in New York. Mrs. Maxwell behandelte »alle Krankheiten der Frauen, oder solche, die sie sich unglücklicherweise durch die Ausschweifungen oder leichtfertige Untreue der Ehemänner oder sonstwie zugezogen«. (Kurz, sie behandelte
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