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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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Glas, füllte das Glas ein drittes Mal mit Wasser und ging damit zurück in sein Büro.
Der Computer war immer noch online. Troller rief die Suchmaschine auf und gab ein:
+ John + Eklund + Ralph + Kranich +
Das Ergebnis waren 286 Nennungen, in denen entweder Kranich oder Eklund vorkamen, aber keine für beide zusammen. Sie hatten offenbar nie etwas zusammen veröffentlicht und waren auch nicht zusammen aufgetreten. Troller schaute sich ein paar der angeführten Einträge genauer an, aber da es sich, abgesehen von allerlei zoologischen Einträgen, immer nur um Veröffentlichungen und Veranstaltungen von entweder Kranich oder Eklund handelte, gab er bald wieder auf. So kam er nicht weiter.
Er hätte Kranich gestern gleich am Telefon fragen sollen: Was ist mit Eklund? Aber woher hätte er wissen sollen, dass Kranich ein paar Stunden später nicht mehr leben würde? Er hatte gesagt, der Tod Eklunds sei erst der Anfang. Der Anfang von was?
Toller beschloss Kranichs Vortrag in Gedanken noch einmal durchzugehen, aber es fiel ihm nicht leicht. Gestern noch hatte Kranich so lebendig und mitreißend gewirkt, und jetzt lag er in einem Kühlfach der Gerichtsmedizin und wartete auf seine Obduktion.
Hatte Kranich eigentlich den Namen Eklund erwähnt? Nein. Es hatte nur diesen merkwürdigen Moment während des Vortrags gegeben, dieses seltsame Stocken, das Troller aber nicht unbekannt war. Kranich hatte auch früher schon solche Momente gehabt, ganz früher, bei den Proben mit der Band. Mitten im Stück hatte er aufgehört zu spielen und mit leerem Blick in die Ferne geschaut. Anfangs waren sie alle irritiert gewesen, doch nach einer Weile wussten sie, dass es sich bei diesen Absenzen um eine Art Meditation handelte, um eine Konzentration auf seine inneren Quellen. Danach war Kranich immer wieder voll da gewesen und hatte irgendein atemberaubendes Solo hervorgezaubert. Und bei dem Vortrag? Was war es da gewesen?
Troller versuchte, sich stichwortartig ins Gedächtnis zurückzurufen, was Kranich in diesem Moment gesagt hatte: Einheit der Wissenschaften – interdisziplinäre Zusammenarbeit – Blake-Konferenz – Hawaii 1995 – ano kato – drunter und drüber. War Eklund vielleicht auch auf dieser Konferenz gewesen?
Troller trank das Glas Wasser aus. Er wusste sich nicht mehr zu helfen. Sein Kopf sank auf die Platte seines Schreibtischs, und seine Schultern begannen leicht zu zucken.

    Zweiter Stock, am Ende eines langen freudlosen Flurs. Troller trat ein, ohne anzuklopfen.
Kowalski, der Doku-Redakteur, blickte vom Bildschirm seines Computers auf.
    „Und?“
„Kranich“, sagte Troller.
„Vogel oder Professor?“
„Kowalski, bitte.“
„Ist ja gut“, sagte Kowalski. „Aber ich weiß nur, dass er heute Nacht gestorben ist.“
„Warum?“
„Frag den Arzt.“
„Komm, Kowalski, ich muss mehr darüber wissen.“
    „Ich kann dir wirklich nicht weiterhelfen.“
„Vielleicht doch.“ Troller erzählte ihm von dem Vortrag und von der Konferenz, 1995 auf Hawaii.
„Future Search Conference der WSS“, sagte Kowalski lakonisch.
„WSS?“
„World Survival Society – eine Art Club of Rome. Die Teilnehmer, alles Leuchten ihres Fachs, strebten so etwas wie eine Wiedervereinigung der Wissenschaften an. Ist aber nichts draus geworden.“
„Woher weißt du das alles?“
„Wieso? Das weiß man doch.“
Kowalski hatte ein schier unvorstellbares Gedächtnis. Er wusste, dass ihm in dieser Hinsicht niemand das Wasser reichen konnte, aber es bereitete ihm immer wieder Vergnügen, so zu tun, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Wahrscheinlich kompensierte er damit seinen geheimen Neid auf die schreibenden Redakteure. Er hätte selbst gern geschrieben, aber sein Gedächtnis war auch sein Problem. Wenn er über ein Thema schreiben wollte, fiel ihm so viel ein, dass er sich nicht entscheiden konnte, wo und wie er anfangen sollte. Und wenn er doch einen Anfang gefunden hatte, fand er kein Ende.
„Ich brauche alles über diese Konferenz“, sagte Troller.
    „Wer war dabei? Wie war der Verlauf? Was ist aus den Teilnehmern geworden? Was für eine Beziehung besteht zwischen ihnen? Haben sie heute noch Kontakt miteinander? Und so weiter. Außerdem gibt’s noch einen Wissenschaftler, der mich besonders interessiert. John Eklund.“
„Der Klimapapst? Dem sie das Gehirn geklaut haben?“
„Möglicherweise war er dabei.“
„Sind ’ne Menge Fragen“, sagte Kowalski und wiegte bedenklich den Kopf.
    „Bis wann brauchst du die
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