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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel
Autoren: Fawwaz Hahhad
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Umstände oder weil einer von uns längere Zeit verreist war, immer wieder für eine Weile aus den Augen, aber unsere Freundschaft hielt. Dass er in dieser kritischen Zeit zu mir stand, war Beweis dafür. Und um genau zu sein, war in meiner aktuellen Lage nicht nur unsere Freundschaft bedeutsam für mich, sondern auch, dass Hassan Beziehungen zum syrischen Sicherheitsapparat hatte, was mir, wie es schien, viele Dinge erleichterte, nach denen ich ihn gar nicht fragte.
    Die Kennenlernrunden mit Besuchern gingen weiter. Ganz zu Beginn, das war unvermeidlich, wurden mir meine Exfrau Nuha und meine Tochter Nada vorgestellt. Nuha war Ende vierzig, eine selbstsichere Frau, die zweifellos einmal schön gewesen war und sich ihre Attraktivität mit Hilfe von Makeup bewahrte. Sie trug ein Kopftuch und war recht elegant gekleidet, falls sie sich nicht extra für diesen Besuch schöngemacht hatte. Unentwegt fragte sie mich etwas, das ich nicht beantwortete. Meine Tochter Nada war knapp zwanzig und studierte im ersten Semester an der Universität. Ich starrte mit unbewegten Augen ins Leere und lauschte dem Lärm in meinem Kopf. Mein spannungsgeladenes Schweigen war für alle belastend. Nada begann sich nach meinem Befindenzu erkundigen und durchbrach damit ein wenig die Stille. Hassan antwortete ihr, dass ich auf dem Weg der Besserung sei. Dann führte er beide Frauen aus dem Zimmer und unterhielt sich mit ihnen eine ganze Weile auf dem Flur. Er erklärte ihnen, was mit mir los war, stimmte sie zuversichtlich im Hinblick auf meine baldige Entlassung und versicherte ihnen, dass ich nicht nur so getan hätte, als würde ich sie nicht kennen. Meine Frau sollte nicht denken, ich würde sie deshalb ignorieren, weil unsere Beziehung so unglücklich verlaufen war, dass wir uns vor zwei Jahren schließlich getrennt hatten. »Das einzige Mal, dass ihr eine vernünftige Entscheidung getroffen habt«, wie Hassan kommentierte.
    Nachdem wir den größten Teil unseres gemeinsamen Lebens mit gegenseitigem Unverständnis und Misstrauen zugebracht hatten, war die Scheidung das unausweichliche Ende einer Ehe gewesen, die immer weiter abstarb, ohne dass Hoffnung auf Besserung bestanden hätte. Ich fragte Hassan nicht, wie diese Frau einmal meine Gemahlin geworden war und warum sie jetzt so um das Befinden ihres Exmannes besorgt war. Es musste noch irgendetwas anderes geben, was uns verband, als diese Tochter, die mich umarmte und mir die Hände küsste und mein Gesicht mit ihren Tränen nässte.
    »Sie wäre besser nicht gekommen.«
    »Manche Leute kannst du dir nicht aussuchen.«
    Ich hatte nichts gegen diese Frau an sich. Ich lehnte meine gesamte Vergangenheit ab.
    Die Besucherparade wurde von Hassan wie folgt geregelt: Bevor die jeweilige Person eintrat, erklärte er mir kurz, um wen es sich handelte und machte mich sozusagen mit ihr bekannt. Mit allen gab es Gespräche, zu denen ich nur wenig beitrug, und auch dann nur mit nichtssagenden Worten und begleitet von kalten und ernsten Blicken meinerseits.Im Anschluss daran erklärte mir Hassan, wovon der Besucher gesprochen hatte und über welche verschlungenen Wege und Ereignisse aus der Vergangenheit ich mit ihm in Verbindung stand.
    Die Parade verlief nicht sonderlich gut, obgleich ich dadurch entdeckte, wie verzweigt und vielfältig meine sozialen Beziehungen waren. Sie beschränkten sich nicht auf Verwandte und Nachbarn, es waren auch manche gebildete Männer und Frauen und nicht wenige Intellektuelle darunter. Als ich Hassan klagte, dass mich noch keine wirklich bedeutende Persönlichkeit besucht hätte, meinte er lachend, ich sei eben auch nicht besonders bedeutend. Aber bei meiner Geschichte war es unausweichlich, dass einer dieser wichtigen Männer auch noch vorbeischaute. Er blieb nicht lange. Er fragte nur in kurzen Worten, ob es mir schon bessergehe, und verließ dann wieder das Zimmer. Hassan folgte ihm. Als er zurückkam, fragte ich, wer das gewesen sei. Hassan sagte, ich würde mich sicher nicht mehr an ihn erinnern. Er habe mir dabei geholfen, nach Bagdad zu reisen.
    Ich erfuhr von meinen Besuchern vieles über mich, doch hatte ich dabei immer das störende Gefühl, sie würden von einer Person reden, die mir nichts bedeutete. Aber die Vorstellung musste weitergehen, bis ich das Krankenhaus verlassen konnte und zu Hause die nächste folgte. Zuvor erwartete mich jedoch noch ein letzter Akt. Ich sah es den begeisterten Blicken Hassans an, dass er große Hoffnungen an diesen knüpfte,
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