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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59
Autoren: Douglas Edwards
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einen der vordefinierten Jobs im Produktmarketing verdiente, und um den höchsten zur Verfügung stehenden Posten feilschen können. Aber ich hatte keine Lust dazu. Ich hätte protestieren und den Wert meiner Arbeit darlegen können, darauf beharrend, dass für meine Funktion eben eine Stelle geschaffen werden musste. Ich wusste, dass ich niemals genügend Daten beschaffen konnte, um das zu stützen. Stattdessen stimmte ich ihm also zu. Für das, was ich tat, gab es bei Google keinen Platz mehr. So wie Cindy würde auch ich mich zurückziehen und die Firma in zwei Monaten verlassen.
    Ich suchte mir den 4. März 2005 als meinen letzten Arbeitstag aus: »Drei. Vier. Fünf.« Ich mochte die architektonische Reinheit darin.
    Als der Tag kam, verabschiedete ich mich. Bei meiner Verabschiedung waren eine Menge Leute, die ich lange nicht gesehen hatte. Larry schüttelte mir die Hand und wünschte mir alle Gute. Charlie hatte einen Kuchen gebacken. Marissa überraschte mich, als sie mich umarmte und sagte, sie hätte mein Urteil immer geschätzt, wenn sie auch oft anderer Meinung gewesen sei. Ich überraschte mich, indem ich ihr das Kompliment zurückgab.
    Ich ging zurück in mein Büro, um ein paar Änderungen in Sergeys Brief für den Jahresbericht einzuarbeiten, schickte ihm den Brief per E-Mail, klappte meinen Computer zu und gab ihn beim Help Desk ab. Ich zerschnitt meine Unternehmens-Kreditkarte und legte sie auf den Stuhl des Managers. Mein Abschlussgespräch war kurz und fand mit einem HR-Mitarbeiter statt, den ich nie zuvor gesehen hatte.
    Es war spät, als ich auf den Parkplatz ging und in meinen Taurus stieg. Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn herum. Einen Moment lang saß ich einfach nur da und atmetet tief durch. In meinem Spiegel sah ich eine große Ansammlung von Gebäuden, belegt von einem globalen mächtigen Unternehmen. Sein Logo starrte mich von gegenüber einer grasbewachsenen Böschung an, eine wilde Mischung leuchtend bunter Buchstaben auf einem weißen Reklameschild.
    Ich hatte als Typ aus einem Großunternehmen in einem kleinen Start-up angefangen. Jetzt verließ ich dieses große Unternehmen als kleiner Start-up-Typ.
    Ich legte den Rückwärtsgang ein, fuhr aus der Parklücke und machte mich auf den Heimweg.
    Daran musst du denken
    Kalter Nebel waberte über den Kühlschrank vor mir. Es war eine Woche nach meinem letzten Tag bei Google, und Kristen hatte mich spätabends zu Safeway geschickt, um Milch für das Frühstück am nächsten Morgen zu holen. Wie immer hielt ich mich nicht an die Liste und kaufte ein paar Dinge mit mehr Zucker und Fett als Nährstoffen. Ich blinzelte auf die Preisschilder für das Eis im Fach darunter. Was ich wirklich wollte, war Starbucks Java Chip, aber das kaufte ich nur, wenn es im Angebot war. Ich langte nach der Safeway Hausmarke.
    Meine Hand gefror, aber nicht wegen der Kälte. »Ich will Java Chip«, sagte eine innere Stimme.
    »Das ist nicht im Angebot«, antwortete eine andere Stimme automatisch.
    »Es. Ist. Nicht. Im. Angebot«, wiederholte die Stimme mit aufgesetztem Sarkasmus. »Also …«, sie betonte die Worte, indem sie diese in die Länge zog. »Was?« Ich nahm ein Paket Java Chip und legte es in den Einkaufswagen.
    Zum allerersten Mal tat ich wegen Googles Erfolg etwas anderes.
    Den Start-up-Jackpot zu knacken war so, als würde man Flatland verlassen, die Welt in einem auf Geometrie basierenden Roman, den ich als Kind gelesen hatte. 125 In Flatland bewegten sich die Menschen entlang einer einzelnen zweidimensionalen Ebene und nahmen Objekte nur als Punkte oder Linien wahr. So war mein Leben gewesen, es war mir nur nie aufgefallen. Zur Arbeit gehen, Geld verdienen, nach Hause kommen, schlafen. Und wieder von vorn. Jetzt hatte ich jedoch die Möglichkeit, mich in alle Richtungen zu bewegen. Die anbindenden Beschränkungen durch Lebensmittelrechnungen und Hypothekenzahlungen waren durchtrennt und ich schwebte frei dahin.
    Einige Googler nutzten ihre neue Freiheit, um ihren Lebensstil zu ändern, ihre Autos, ihre Häuser, ihre Karrieren, ihre Ehepartner. Für mich war all dieser freie Himmel beunruhigend. Ich klammerte mich an das Vertraute, um Halt zu finden. Ohne Job war das erstaunlich schwer.
    Seit 25 Jahren übte ich jetzt auf die eine oder andere Weise die Kunst des Marketings aus und das wollte ich nicht länger tun. Die Position, die ich bei Google verlassen hatte, war der Höhepunkt gewesen – der beste Job, den ich mir für
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