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Gomorrha

Gomorrha

Titel: Gomorrha
Autoren: Thomas Gifford
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Gewitterfront. Die Blitze trafen mit dem Geräusch einer Kreissäge. Für Hayes Tarlow klang es, als würden die Flügel jeden Moment zum Teufel gehen.
    Plötzlich erhoben sich unter ihm die Furchen eines gepflügten Ackers wie eine lehmige Faust. Er rang nach Luft, sein Magen kroch die Speiseröhre hoch. Der Flieger bemühte sich, die Nase hochzuziehen. Und dann waren die Flügel irgendwie wieder eben. Die Felder mit den schwankenden Maisstauden kamen in Augenhöhe. Und dann hörte er das vertraute Poltern, als die Räder die Rollbahn küßten. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß er – Pardon! – vergessen hatte zu kotzen. Das Flugzeug rollte durch die Pfützen, die Propeller bliesen den Regen an den Fenstern entlang. Dann verlangsamte es und blieb vor dem kleinen Terminal stehen.
    Als erstes mußte er Nick Wardell anrufen, damit er ihn abholte, und sich dann sofort an die Arbeit machen. Die Sache eilte. Keine Faxen, hatte ihm der Alte gesagt. Flieg hin, hör dir an, was er zu sagen hat. Dann sofort zurück und bei mir melden, Hayes. Die Zeit läuft uns davon …
    Er lächelte hinter dem Schnurrbart, als er beinahe auf den schwankenden Stufen ausrutschte, die auf die Rollbahn führten. Mit der verwitterten Ledertasche über der Schulter stapfte er durch die Pfützen. Regen klatschte ihm ins Gesicht. Nein, er hatte es wieder mal geschafft. Noch war es nicht Hayes Tarlows Zeit, abzutreten.
     
    Während Nick Wardell am späten Nachmittag Hayes Tarlow am Flughafen von Saints Rest abholte und ins Büro fuhr, zog Herb Varringer einen dunkelblauen Sommeranzug an und setzte den Strohhut auf. Dann setzte er sich in den großen Rattansessel auf der vorderen Veranda des großen alten Hauses, das auf einem der sieben Hügel über der Bluff Street und dem Stadtkern von Saints Rest stand. Die Villa schimmerte weiß und war grün abgesetzt. Manchmal sagten die Leute, daß das Haus, wenn man es vom Park vor dem Postamt aus betrachtete, den Eindruck vermittelte, als würde dem Besitzer die ganze Stadt gehören. Herb Varringer pflegte darauf zu antworten, daß sein Nachbar der eigentliche Besitzer sei. Er sei weit entfernt davon, die gesamte Stadt zu besitzen. Aber die Villa sah in der Tat beeindruckend aus. Ein Riesenkasten. Er hatte sie günstig erstanden, nachdem er zum erstenmal tüchtig abgesahnt hatte und die Immobilienpreise niedrig waren. Im Winter kostete die Heizung ein Vermögen, im Sommer die Klimaanlage.
    Die Fahne schlug gegen den Mast. Trotz der Böen war der Nachmittag brütend heiß. In dieser Luftfeuchtigkeit hätte eine Katze ersaufen können. Ein schnelles Gewitter mit vielen Blitzen war gerade durchgezogen, hatte die Temperatur jedoch nicht verändert. Es war dreißig Grad heiß, und die Luftfeuchtigkeit hatte beinahe den Sättigungsgrad erreicht. In der Hitze roch er den Duft seines Bayrum-Cologne. Und er roch, daß noch mehr Regen kommen würde. Er hatte die Morgenzeitung ausgelesen, während er auf seinen Gast wartete. Die Morgenzeitung gehörte ihm, obwohl sie ihn keineswegs begeisterte. Aber er hielt an der Regel fest: Wenn du dich mit Dingen befaßt, von denen du eigentlich nichts verstehst – zum Beispiel als Chefredakteur einer Morgenzeitung –, bekommst du, was du verdienst.
    Der jugendliche Redakteur war von dem Milliardär aus Iowa völlig hin-und hergerissen – Verzeihung, dem populistischen Milliardär aus Iowa –, der beschlossen hatte, gegen den Präsidenten Charles Bonner für die Nominierung der Demokraten zu kämpfen: Flieger-As Bob Hazlitt.
    Herb Varringer und Bob Hazlitt kannten sich aus der Zeit, als beide ins Elektronikgeschäft einstiegen. Damals hatten sie gewußt, daß Transistoren, Mikrochips und Personal Computer in wenigen Jahren möglich werden würden. Mit der Technikwelle waren beide reich geworden: Bob mitten im Staat, nicht weit von der Stadt entfernt, die jetzt Heartland hieß, und Herb hier in Saints Rest am Mississippi. Damals, als der Kalte Krieg die kritische Masse erreichte, hatte es jede Menge Regierungsaufträge gegeben. Doch Herb fehlte die visionäre Art Bob Hazlitts. Für Herb gab es nur die Elektronik, die er und seine Ingenieure erträumten, mit der sie Spaß hatten, die sie entwickelten und dann für beträchtliche Tantiemen verkauften. Für Bob Hazlitt war Elektronik nur das halbe Leben. Die andere Hälfte war die Partnerschaft mit der Regierung der Vereinigten Staaten. Im Lauf der Zeit hatte Herb Varringer zugestimmt, Varringer Electronics in Hazlitts
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