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Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Autoren: Peter Merten
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und ging mit großen Schritten zu den Leichen der Räuber hinüber. Er kniete neben einer reglosen Gestalt nieder, fuhr ihr sanft über das Gesicht, schob dann seine Arme unter den erkaltenden Körper und trug den Erschlagenen davon.
    Hockster sah ihm überrascht hinterher, bis er zwischen einigen nahegelegenen Bäumen verschwand. Nun konnte er sich die Vorgänge hier besser erklären. Sechs Wegelagerer waren es gewesen, die dem Söldner und seinem Begleiter aufgelauert hatten. Bei dem anschließenden Kampf hatte Talusiens Begleiter sein Leben verloren. Das erklärte zumindest den blinden Hass, mit dem der Söldner den Räubern das Leben genommen hatte, auch wenn es seine Tat in keiner Weise entschuldigte.
    Hockster erhob sich. Es gab noch etwas zu tun. Er ging zu den gefallenen Räubern und schleifte einen nach dem anderen unter das Ende eines Erdüberhangs. Als er den letzten Mann bei den Füßen nahm, erkannte er den schwarzen Pfeil, der ihm schon vorher aufgefallen war und der dem Räuber aus der Brust ragte. Er überlegte, ob er ihn herausziehen sollte, entschied sich aber dagegen, da er nicht sicher war, den tief eingedrungenen Pfeil auch ganz herausziehen zu können. Als alle sechs Leichen nebeneinander lagen suchte Hockster in seinem Beutel nach dem Bernstein. Es war ein leichtes, den Überhang zum Einsturz zu bringen und so die Leichen zu begraben. Danach fühlte er sich wohler, wenn auch nur ein wenig.
    Er kehrte zum Lagerplatz zurück und setzte sich an das wärmende Feuer. Seine Gedanken kehrten immer wieder zu Rok Talusien zurück. War er ein Mörder? Konnte er ihm vertrauen? Nein, entschied Hockster. Dafür kannte er ihn noch lange nicht gut genug. Er hatte sogar das Gefühl, vorsichtig sein zu müssen, um nicht selbst Schaden von der Hand des Söldners zu erleiden, ob Lebensschuld oder nicht. Ebenso wenig konnte er mit Bestimmtheit sagen, ob Rok sich künftig wirklich an den Lebenseid halten würde. Wind und Wetter, dachte Hockster verärgert und rieb sich die Nase, das wird bestimmt eine schwierige Zeit.
    Wenig später kehrte Rok mit seinen und Hocksters Sachen zurück. Der Söldner reichte Hocksters kärglichen Besitz über das Feuer. Der kleine Beltrim musste sich gehörig strecken, um seine Sachen zu ergreifen, ohne von den Flammen angesengt zu werden.
    „Wer war das?“, fragte Hockster.
    „Das geht dich nichts an“, sagte der Söldner. „Ich werde nicht darüber sprechen. Mit dir nicht und mit niemandem sonst.“
    Rok setzte sich. Die beiden Männer öffneten ihre Beutel und nahmen etwas von ihrem Proviant. Trockenfleisch und eine Glasphiole der eine, Brot und Käse der andere. Nachdem Hockster etwas von seinem kostbaren Apfelsirup über das Dörrfleisch geträufelt hatte, aß er schweigend.
    „Was ist das?“, fragte Rok und wies auf die gläserne Flasche.
    Hockster wurde augenblicklich aufmerksam. Er kannte diesen Blick, den er jetzt bei dem Söldner sah. Wenn er die Wahrheit sagte, würde sein Gegenüber von dem köstlichen Sirup probieren wollen. Hockster hatte das schon viele Male erlebt, aber er war nicht mehr bereit zu teilen. Alles konnte man von ihm verlangen und er gab gern und freizügig, mit Ausnahme des Apfelsirups.
    Einer spontanen Eingebung folgend erklärte er: „Ein Heilsaft“, und nickte bedauernd. „Ein wahrhaft bitterer Kräutersud. Von einer Hexe gebraut, die mir versicherte, wenn ich nur ordentlich davon nehme, und zwar dreimal täglich, werde ich eines Tages Mannesgröße erreichen.
    „Wie lange nimmst du das schon?“
    „Ach, Jahre. Ich weiß, ich weiß“, wehrte er Roks Hinweis ab, „die Hexe hat gelogen, aber inzwischen habe ich mich so daran gewöhnt, dass ich darauf nicht mehr verzichten will. Es erinnert mich daran, nicht jedem zu vertrauen. Möchtest du probieren?“ Hockster reichte die Flasche über das Feuer hinweg.
    „Nein!“, wehrte Rok ab. „Behalte deine Medizin nur.“
    Hockster träufelte sehr zufrieden noch ein paar Tropfen auf das trockene Fleisch, verschloss die Flasche und verstaute sie sorgsam in seinem Wanderbeutel. „Soll ich nach deinen Wunden sehen?“, fragte er seinen Begleiter.
    „Nein! Es sind nur Kratzer. Sie bluten nicht mehr und werden von allein heilen.“ Talusien betrachtete seinen kleinen Begleiter aufmerksam. „Was trägst du in diesem Beutel da?“
    „Das?“ Hockster legte schützend die Hand um den Lederbeutel, löste ihn aber nicht vom Gürtel. Die Edelsteine, die sich darin befanden, waren ein kleines Vermögen
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