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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)
Autoren: Lars Schütz
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und ein von Pusteln überzogenes Gesicht. Unter seiner viel zu kurzen, weißen Tunika lugte sein haariger Wanst hervor.
    Kein Wunder, dass man sich kein Bildnis von ihm machen durfte. Wie verblendet musste Basterro sein, um diesen Anblick als göttlich bezeichnen zu können? Das hier schien nur ein gewöhnlicher Mensch zu sein – und nicht einmal ein besonders hübsches Exemplar.
    »Was willst du hier, wer auch immer du bist?«, schnarrte er.
    »Adanor. Mein Name ist Corellius Adanor aus dem Hause Adanor.« Trotz des beinahe lachhaften Anblicks seines Gegenübers verlieh er seiner Stimme Respekt. Wie viel Angst wir doch nur vor einem Namen haben.
    »Schön für dich, Corellius Adanor. Allerdings wollte ich nur wissen, was du willst.«
    »Ich will sie.« Er nickte in Jalinas Richtung. »Das Efeumädchen.«
    Schweigen. Allein die seltsame Musik erfüllte den Raum, die sich zu einem Crescendo hochschaukelte.
    »Weißt du denn nicht, wen du vor dir hast?« Orchon glotzte ihn an, die buschigen Brauen gesenkt. »Ich bin der Eine, der Weltendroher! Einen einzigen Fingerzeig, mehr brauche ich nicht, um dich zu vernichten.«
    »Ich sehe hier nur einen alten, verängstigten Mann.« Er musste all seinen Mut für diese Worte aufbringen. Er schluckte trocken, hielt die Luft an.
    Wie zur Bestätigung zitterten Orchons Hände. Als er sprach, tat es auch seine Stimme: »Die Art, wie ein Wesen aussieht, sagt nichts darüber aus, wie mächtig es ist. Willst du wirklich dein Glück auf die Probe stellen und meinen Zorn auf dich ziehen?«
    Ulme war tot und damit alles, was auf dieser Welt einmal für Corellius von Bedeutung gewesen war. Diejenige, die vielleicht wieder Sinn stiften konnte, lag angekettet und betäubt neben ihm. Er hatte nichts mehr zu verlieren.
    »Ja«, sagte er zögerlich und wiederholte es sogleich mit festerer Stimme: »Ja, ich will mein Glück auf die Probe stellen.«
    Auch ein schlechter Kartenspieler trifft einmal eine richtige Entscheidung.
    Er richtete die Klingenspitze an Orchons Kehle. »Lasst sie gehen!«
    Er rechnete damit, dass Blitze auf ihn niederfahren würden, dass er zu Asche zerfallen oder sich schlichtweg auflösen würde. Nichts dergleichen geschah. Eine dicke Schweißperle rann über den Rücken von Orchons Knollennase und tropfte von ihrer Spitze. Abwehrend die Hände hebend, sagte er mit bebenden Lippen:
    »Du … du bist anders als all jene vor euch. Du willst einfach nicht glauben. Steck das Schwert weg, bitte. Ich werde dir alles erklären.«
    Corellius behielt die Klinge dort, wo sie war. Die ganzen billigen Tricks kannte er zur Genüge. »Der Stahl scheint Eure Zunge zu lockern. Ich lasse ihn lieber noch ein wenig in ihrer Nähe.«
    Der vermeintliche Gott seufzte.
    »Lass mich wenigstens die Musik ausstellen«, sagte er. »Im Moment ist mir überhaupt nicht mehr nach Beethoven zu Mute.«
    Diesmal senkte er das Breitschwert. Wie sollte ihm dieser Wicht schon gefährlich werden? Dieses Häufchen Elend, das vor Furcht nur so wimmerte, war kein Gott. Und wenn, dann zumindest keiner, bei dem sich das Beten lohnte.
    Orchon schlurfte zu einem schwarzen Kasten, von dem die Musik auszugehen schien, und drehte an irgendeinem Knopf herum. Das Wummern und Posaunen verklang.
    »Dieses Ding da heißt Beethoven?«, fragte Corellius.
    Der Weltendroher lachte, eine kurze, schnarrende Lautabfolge. Wie das Meckern einer Ziege. »Nein, dieses Ding nennt man CD-Spieler und was du aus ihm gehört hast, war Musik des Komponisten Beethoven.«
    Corellius runzelte die Stirn. Woher kamen all diese Apparaturen, diese leuchtenden Weltenfenster, das künstliche Licht und dieses CD-Ding? War Orchon vielleicht doch ein Gott?
    »Was sind die blauen Fenster?«
    »Fernsehgeräte – noch so etwas, von dem du noch nie gehört hast. Sie zeigen Erinnerungen, Bilder aus einer Welt, der ich einmal angehört habe.« Orchon deutete auf eines der Fernsehgeräte, das Türme zeigte, die so hoch wie Berge waren. »Das da ist zum Beispiel New York, aber das sagt dir natürlich nichts. Beethoven entstammt auch dieser Zivilisation, die bereits vor Jahrhunderten untergegangen ist. Genau wie der gesamte Bunker und alles, was du in ihm findest.«
    »Welcher Bunker?«
    Kraftlos ließ sich Orchon in den Ledersessel sinken. Er winkte ab. »Ich vergaß, ihr nennt ihn ja Ekun-Tempel. Ein Übersetzungsfehler.«
    So viele Fragen stürzten auf Corellius ein und verwirrten ihn, dass es ihm vorkam, als würde in seinem Kopf ein Orkan wüten. Er
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