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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)
Autoren: Lars Schütz
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Sellerie, Kohlköpfe und sogar einige Sorten, die ihm völlig fremd waren. Über ihnen hingen langgezogene Kästen, aus denen Licht auf sie flutete. Auf diese Weise überlebte Orchon hier also.
    Der vermeintliche Gott lehnte sich seufzend mit den Ellbogen auf die Brüstung. Gleich neben ihm lag ein Apparat, der am ehesten an einen langen Holzstab erinnerte, versehen mit metallischen Erweiterungen. Wahrscheinlich ein Gartenwerkzeug , schätzte Corellius.
    »Nach dem großen Atomkrieg lebte meine Familie gemeinsam mit mehreren anderen hier im Bunker. Aufgrund der Strahlung – du kannst gleich fragen, was das ist – trauten sie sich nicht heraus, konnten sich aber durch Vorräte über viele Jahrzehnte am Leben erhalten. Es gab sogar Nachkommen, nur waren es teilweise auch die von Bruder und Schwester, Vater und Tochter.«
    »Widerlich«, befand Corellius. Jetzt wunderte es ihn überhaupt nicht mehr, dass Orchon so entstellt war.
    »Denk darüber, wie du willst, zumindest hat es meine Sippe am Leben erhalten. Aber die Medikamente gingen mehr und mehr zur Neige und diese … Art des Fortbestehens macht einen anfällig für Krankheiten aller Art. Am Ende allerdings waren nur noch Männer übrig, uns fehlten die Frauen. Wir mussten hinaus, mussten an die Oberfläche. Um die Schichten aus Staub und Erde, die sich über den Bunker gelegt hatten, zu sprengen, zündeten wir eine der Atomwaffen aus unserem Silo. Dadurch entstand der Trichter. Und dadurch wurde auch das umliegende Land verseucht und vernichtet. Auch wenn die nukleare Strahlung nicht für alles hier verantwortlich sein kann. Manchmal höre ich unmenschliche Schreie, die vom Grunde des Trichters dringen. Als wäre da unten etwas. Als wäre etwas von der Explosion geweckt worden.« Orchon schüttelte fast unmerklich den Kopf. Wie auch immer, diese Folgen boten uns die Gelegenheit, regelmäßig eine Frau von euch zu fordern.«
    »Wieso leben dann nicht mehr von euch? Wo sind all die Nachfahren?«
    »Die Medikamente, die die Abkömmlinge meiner Familie inzwischen brauchen, gehen immer mehr zur Neige. Mehr Nachwuchs würde nur dafür sorgen, dass sie noch schneller verschwinden. Deshalb lassen wir nur den Erstgeborenen überleben.«
    Also noch mehr Skelette am Grunde des Trichters , dachte Corellius.
    »Ganz davon abgesehen, dass eure Wissenschaftler die Medizin, die wir gegen unsere vererbten Leiden benötigen, noch gar nicht entwickelt haben, würde es auch meine angenehme Maskerade als Gott aufheben. Aber durch das frische Blut der Efeumädchen wird sich dieses Problem irgendwann von selbst lösen.«
    »Orchons Macht«, stöhnte Corellius. »Das ist also der Grund. Mehr steckt nicht dahinter, nur der Wunsch nach einer Frau, nach Fortbestand.« Er schüttelte den Kopf. »Sie haben euch Tempel gebaut, haben in eurem Namen gemordet.«
    Sein Gegenüber lachte ohne jede Freude. Wehmut huschte über seine Miene. »Ihr begeht dieselben Fehler, die wir schon vorher begangen haben. Erst Kriege um Glauben, dann am Ende irgendwann um Wasser und Nahrung. Alles Kreisläufe, sich ewig wiederholende Zirkel. Es gibt keine Götter, nur große Namen und Angst und Sinnsuche.«
    Mit einer Schnelligkeit, die Corellius ihm niemals zugetraut hätte, griff er nach dem Gerät, das neben ihm auf der Brüstung lag. Eines der Enden hielt er auf ihn gerichtet. »Wo wir gerade bei Fehlern sind – du hast einen begangen.«
    Er hob sein Schwert. »Was, wollt Ihr mich mit einem Holzstab bedrohen?«
    »Das ist kein Stab, es ist ein Gewehr. Eine Waffe. Normalerweise vertreibe ich mit ihm die Verirrten, wenn sie sich einmal dem Bunker zu sehr nähern.«
    Orchon richtete das Ende des Stabs auf eines der Beete und zog an irgendeinem Hebel an der Unterseite. Ein ohrenbetäubender Knall fegte über den Garten hinweg. Einer der Kohlköpfe wurde zerfetzt, als hätte jemand mit einem Hammer auf ihn eingeschlagen.
    Corellius zuckte zusammen. Er stellte sich vor, dass dies sein Kopf gewesen wäre. Wie weit musste dieses Volk, dem Orchon angehört hatte, in seiner Wissenschaft fortgeschritten gewesen sein? Fieberhaft sann er darüber nach, wie er aus dieser Situation entkommen sollte.
    »Es wird so weitergehen, wie es immer weitergegangen ist«, sagte Orchon. »Ich werde mit dem Efeumädchen Nachfahren zeugen, mich an ihr ergötzen und schließlich werden sie für meinen Sohn eine neue schicken.« Er grinste. »Kurz habe ich mit dem Gedanken gespielt, Vergeltung für deine Tat zu üben, indem ich eine
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