Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)
Autoren: Lars Schütz
Vom Netzwerk:
das Schicksal der Welt in die Hände von zwei mordlüsternen Gesellen gelegt.«
    »Mordlüsterne Gesellen würde ich es nicht nennen«, wandte Ulme ein, hob den Hintern an und furzte. »Eher Krieger mit höchst wankelmütiger Lolayität.«
    »Wie auch immer«, stammelte der Wachmann, dem wohl immer klarer wurde, was die beiden für eine Katastrophe bedeuteten. »Ihr müsst dem Obersten Tutor vorgestellt werden. Lasst Eure Pferde gleich hier bei den Stallungen und folgt mir zum Efeuturm.«
    Sie leisteten Folge, schwangen sich aus den Sätteln und überreichten die Zügel einem herbeigeeilten Stallburschen. Er hatte einen faulen Schneidezahn, was Corellius deutlicher roch als sah.
    »Meiner Lenya gibste keine Karotten«, trug Ulme Meister Faulzahn auf und wedelte mit dem Zeigefinger herum. »Ist ‘n empfindliches Tier und hat schon mehr Jahre aufm Buckel als du. Muss immer erbrechen von ‘n scheiß Karotten.«
    Corellius packte seinen Schildbruder am Oberarm und zerrte ihn mit sich. Im Gehen verdrehte er die Augen. »Komm endlich, der Wächter wartet schon! Jedem Stallknecht, der nicht rechtzeitig die Flucht ergreift, erzählste den gleichen Sermon!«
    Der Wächter führte ihn und Ulme weiter in die Burg, vorbei an einer Schmiede und den Behausungen der Wachen, die sich wie Schwalbennester an die Mauer kauerten. Der Schmied tauchte gerade eine glühende Schwertklinge ins Wasserbecken, woraufhin Qualm aufstieg und ihnen die Sicht raubte. Der stete Wind, der durch die Festung pustete, vertrieb den Qualm allerdings so rasch wie ein Schenk einen mittellosen Trunkenbold.
    »Die Mauern der Burg verlaufen spiralförmig bis hoch zum Efeuturm«, erklärte die Wache, deren Stimme vom Qualm kratzig war. »Herrscht ziemlicher Durchzug. Die Westwindfestung trägt ihren Namen also nicht zu Unrecht. Die Alten Monarchen hielten den Wind für einen Gott, einen Schutzpatron. Und sie meinten, sie würden seinen Zorn auf sich ziehen, wenn er nicht ungehindert durch die Burg ziehen könnte.«
    »Verfluchte Spinner!«, grummelte Ulme.
    Corellius nickte. »Ich danke dem Einen jeden Tag dafür, dass die Revolution vor vierhundert Jahren diesem Unsinn ein Ende bereitet hat.«
    »Wahres Wort!« Die Wache hustete. »In dem verfluchten Kasten ist es so zugig, dass es eigentlich ein Wunder ist, wenn ich mal keine Erkältung habe.« Sie folgten der Mauerspirale, bis sie zu einem weiteren, diesmal deutlich kleineren, Torhaus kamen. Auf einen Ruf der Wache hin wurde ihnen geöffnet.
    »Die Tutoren dulden es nicht, wenn jemand aus der Wachmannschaft diesen Bereich betritt«, flüsterte die Wache. »Ich werde hier warten. Der Oberste Tutor wird Euch sofort empfangen.«
    »Danke! Bist ‘n guter Mann!« Corellius kramte in seiner Börse, holte einen Binar in Silber hervor und drückte ihn der Wache in die schwielige Hand. »Vielleicht kannste dir davon mal was Anständigeres leisten als die Mädchen in eurem Hurenhaus.«
    Die Wache biss auf die Münze. »Stets zu Diensten, Herr!«
    Corellius und Ulme wandten sich von ihm ab und traten durch den Torbogen. Sie befanden sich nun im höchstgelegenen Teil der Festungsanlage. Nicht mehr viel erinnerte hier noch an das dreckige und zweckmäßige Hoheitsgebiet der Wachmannschaft.
    Beinahe fühlte sich Corellius in den Hof seiner Eltern zurückversetzt. Es gab einen Kräutergarten, in dem Thymian und Minze sprossen, Rosensträucher, Beete und kleine Teichanlagen. Schulgebäude, Schlafsäle und Bibliotheken schlossen sich an die Gärten an, verbunden durch einen Säulengang.
    In ihm saß, mit dem Rücken gegen eine der Säulen gelehnt, ein Mädchen in einem weißen Leinenkleid und las im dicksten Folianten, den Corellius jemals gesehen hatte. Als das Mädchen sie beide erspähte, wanderte Überraschung über ihr hübsches Gesicht. Hastig klappte sie das Buch zu und huschte mit gerafftem Kleid davon.
    »Das muss eines der Efeumädchen sein«, raunte Ulme ehrfürchtig.
    »Genauso schön wie die Geschichten erzählen.«
    Corellius ließ seinen Blick weiter umherschweifen. In der Mitte der Gärten erhob sich der Efeuturm, spitz wie eine Nadel und hoch wie die Regierungsgebäude in Sichelstadt. Das Erstaunlichste war jedoch nicht seine Höhe oder seine Architektur, sondern das namengebende Gewächs, das ihn umrankte.
    Efeu. Die seltenste Pflanze der Welt. Unter Botanikern galt es als gesichert, dass sie aus bislang ungeklärten Gründen nur hier in der Westwindfestung wuchs. Ein Gewächs, das sich weder durch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher