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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht
Autoren: Frank Demant
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Kuno. Komischer Name. Doch negativ besetzt war er nicht, er kannte bislang keinen Kuno.
    „Gehen wir schon mal rüber. Wenn ich bitten darf. Immer geradeaus.“
    Verstohlen blickte sich Herr Schweitzer um. Wie immer bei fremden Leuten versuchte er anhand der Wohnungseinrichtung auf deren Charakter zu schließen. Doch hier war alles Mittelmaß. Wahrscheinlich würde sich die Hälfte der Bevölkerung hier heimisch fühlen. Lediglich der durch zwei kleine Wandvorsprünge vom Esszimmer abgetrennte Fernsehraum wirkte futuristisch. Hier war es auch, wo moderne Malerei die Wände zierte. Herr Schweitzer zählte alleine an der rechten Wand fünf Gemälde. Und ein paar teils mannshohe und farbenfrohe afrikanische Holzskulpturen standen auch herum.
    „Setzen wir uns.“ Fornet rückte Maria den Stuhl zurecht.
    „Danke.“
    Eine Frau mittleren Alters, deren Herkunft Herr Schweitzer nicht einordnen konnte, betrat den Raum mit einer dampfenden Suppenterrine. Das wird wohl die Köchin Fabiana sein, dachte Herr Schweitzer. Er schaute auf die Wanduhr. Viertel nach zwölf, keine Minute früher oder später. Toupet-Fornet hat sein Personal im Griff, konstatierte er.
    Doch wirklich richtig lag der Sachsenhäuser Detektiv mit seiner Einschätzung nicht, denn die Dame wurde ihm vom Gastgeber als dessen Gattin vorgestellt. „Meine Frau Fabiana. Das sind Frau von der Heide und Herr Schweitzer. Von denen ich dir so viel erzählt habe.“
    Pflichtschuldigst legte Fabiana einen klassischen Knicks aufs Parkett und reichte nacheinander Maria und Simon die Hand, nachdem sie die Terrine in der Mitte des Esstisches platziert hatte. „Sehr angenehm. Freut mich. Hoffentlich schmeckt Ihnen der Suppe.“
    „Die Suppe“, intervenierte Herr Fornet nun schulmeisterlich, „nicht: der Suppe.“
    Den Gästen war’s peinlich. Betroffen schielte Herr Schweitzer zu seiner Freundin. Wo sind wir denn hier gelandet?, signalisierten seine Augen.
    Gestelzt jovial wandte sich Herr Fornet an seine Gäste: „Sie müssen entschuldigen. Fabiana kommt aus Brasilien. Die haben’s dort nicht so mit der Grammatik.“
    Und Herrn Schweitzer wurde wieder einmal exemplarisch vor Augen geführt, warum ihm solche geschäftliche Zusammenkünfte schon immer höchst zuwider waren. Man sollte Privates strikt von Geschäftlichem trennen, das war seine Devise. Nur ein einziges Mal – das war noch weit vor Marias Zeit gewesen – hatte er in seiner Zeit als Straßenbahnfahrer an einer betrieblichen Weihnachtsfeier teilgenommen. Das Ende vom Lied war eine total verunreinigte Garderobe gewesen. Erst hatte ihn eine ziemlich bejahrte Dame aus der Verwaltung angebaggert und dann, gegen Mitternacht, als kaum noch jemand nüchtern war, in sturztrunkenem Zustand angekotzt. Er erinnerte sich noch an die Mühe, die es ihn gekostet hatte, ein Taxi zu finden, dass ihn, den übel riechenden Kunden, überhaupt mitnahm. Zwanzig Euro Trinkgeld hatte er zusätzlich berappen müssen. Zum Glück konnte sich die Schabracke die nächsten Tage an nichts mehr erinnern. Oder tat zumindest so, was ganz in seinem eigenen Interesse war. Nee, nee, nee, beschwichtigte sich Herr Schweitzer, das hier ist ganz sicher das letzte Mal, bringen wir’s einfach hinter uns.
    Fabiana: „Sim. Ja. Natürlich: die Suppe. Schwere Sprache ...“
    „Na ja, Fabiana, kommt darauf an, wie man sich bemüht“, erwiderte Herr Fornet und wandte sich dann an Herrn Schweitzer, während er sich setzte: „Stimmt’s oder hab ich Recht, ha, ha?!“
    „Ja, ja“, antwortete Herr Schweitzer und es klang wie: Leck mich doch!
    Maria, etwas diplomatischer als ihr Schnucki: „Fremde Sprachen sind nie ganz einfach, wenn man sie nicht schon in jungen Jahren lernt.“
    Herr Fornet nickte kurz mit dem Kopf. „So, dann wollen wir mal. Fabiana!“
    Wie ein gut gedrillter Oberkellner füllte sie die Teller. „Und hier ist noch Peje... Petersi... Petersille, wer möchte.“
    „Petersilie. Si-li-e am Ende“, kam es vom Oberlehrer Toupet-Fornet.
    „Natürlich. Petersilie. Guten Appetit.“
    Gott sei Dank kein Vaterunser, dachte Herr Schweitzer. Darauf hatte er nämlich getippt, nachdem er allein in diesem Zimmer drei Kruzifixe gezählt hatte. Er genoss die Vorspeise, weil sie erstens wirklich prima mundete und zweitens nichts gesprochen wurde. Er bemühte sich, nicht zu schlürfen. Das passierte ihm nämlich manchmal, wenn er nicht ganz bei der Sache war.
    „Ich hoffe, Ihr mögt es scharf“, gab der Gastgeber von sich, als alle
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