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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche
Autoren: Beth Revis
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ansieht. Sie ist nicht darauf angewiesen, dass sie ihr bestätigen, wer sie ist oder woran sie glaubt. »Du musst verstehen Ält … Junior«, beginnt Marae. »Es ist nicht unsere erste Pflicht als Techniker, den Antrieb zu reparieren.«
    Das ärgert und empört mich so, dass ich laut werde. »Natürlich ist es eure verdammte Pflicht, den Antrieb zu reparieren! Der Antrieb ist der wichtigste Teil des Schiffs!«
    Marae schüttelt den Kopf. »Der Antrieb ist nur ein Teil des Schiffs. Wir müssen die Godspeed als Ganzes sehen.«
    Ich warte darauf, dass sie weiterspricht, während hinter uns die Maschine hämmert wie der Herzschlag des Schiffes.
    »Dir ist sicher aufgefallen, dass bei der Godspeed einiges im Argen liegt.« Sie runzelt die Stirn. »Das Schiff ist nicht gerade neu. Du weißt über die Gesetze der Bewegung Bescheid, aber weißt du auch, was Entropie bedeutet?«
    »Ich … äh.« Ich sehe die anderen Techniker nacheinander an. Sie alle warten, aber leider kenne ich die Antwort nicht, die sie hören wollen.
    »Alles bewegt sich in einen zunehmend chaotischeren Zustand. Einen Zustand der Auflösung, der Zerstörung, des Verfalls, Junior«, sagt Marae, und diesmal stolpert sie nicht über meinen selbst gewählten Namen. »Die Godspeed ist alt. Sie fällt auseinander.«
    Ich will widersprechen, aber ich kann es nicht. Das Brummen und Rasseln des Antriebs klingt jetzt fast wie ein Röcheln. Wenn ich die Augen schließe, höre ich nicht das Knirschen der Zahnräder oder rieche das heiße Schmieröl. Ich höre vielmehr, wie 2763 Menschen nach Luft schnappen, und der Gestank von 2763 verwesenden Leichen steigt mir in die Nase.
    So zerbrechlich ist das Leben auf einem Generationen-Raumschiff: Unsere ganze Existenz hängt von einer altersschwachen Maschine ab.
    Vor drei Monaten hat mir der Älteste erklärt, dass es meine Aufgabe ist, mich um die Menschen zu kümmern. Nicht um das Schiff. Aber … sich um das Schiff zu kümmern, bedeutet doch, auch für die Menschen zu sorgen. Hinter den Technikern befinden sich die ganzen Kontrollgeräte, mit denen die Energiequellen für die verschiedenen Funktionen des Schiffs überwacht werden. Wenn ich die Kontrolltafel hinter Marae zerschlagen würde, gäbe es auf dem ganzen Schiff keine Luft mehr. Würde ich eine andere zerstören, hätten wir kein Wasser mehr. Wieder eine andere, und das Licht wäre weg. Noch eine, und die Schwerkraft-Sensoren wären außer Betrieb. Der Antrieb allein ist nicht das Herz des Schiffs. Es ist dieser ganze Raum, alles darin. Und alles hier pulsiert ebenso lebendig wie die 2763 Menschen auf diesem Deck und dem unter uns.
    Marae streckt die Hand aus, und die Zweite Technikerin Shelby reicht ihr ungefragt einen Floppy, auf dem bereits Informationen blinken. Marae fährt mit dem Finger über das Display, scrollt nach unten und hält mir den Floppy hin. »Allein in der vergangenen Woche mussten wir zwei große Reparaturen am Kernbehälter der Solarlampe vornehmen. Die Ergiebigkeit unseres Ackerbodens liegt deutlich unter dem Standard und das Bewässerungssystem ist undicht. Die Produktionsrate unserer Nahrung ist schon seit mehr als einem Jahr kaum noch ausreichend und sinkt stetig weiter. Die Produktivität der Arbeiter ist in den letzten zwei Monaten signifikant zurückgegangen. Es ist kein Kinderspiel, dieses Schiff am Leben zu erhalten.«
    »Aber der Antrieb«, sage ich hilflos und starre auf den Floppy mit den Tabellen, neben denen nach unten gerichtete Pfeile zu sehen sind, und den Grafiken, auf denen gezackte Linien abwärtsführen.
    »Scheiß auf den Antrieb!«, schreit Marae. Ihr Fluchen schockiert sogar ihre sonst so ungerührten Mitarbeiter. Marae holt tief Luft und drückt sich mit zwei Fingern zwischen den Augen gegen den Nasenrücken. »Es tut mir leid.«
    »Kein Problem«, murmele ich, weil mir klar ist, dass sie sonst nicht weiterreden wird.
    »Unsere Pflicht, Junior , ist klar definiert«, fährt Marae fort. Sie hat ihr Temperament wieder im Griff. »Erst das Schiff, dann der Planet. Wenn wir vor der Wahl stehen, das Leben an Bord zu verbessern oder daran zu arbeiten, dass uns die Maschine näher an die Zentauri-Erde bringt, müssen wir immer das Schiff wählen.«
    Ich umklammere den Floppy und weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Marae zeigt sonst nie irgendeine Regung und ein Gefühlsausbruch war bisher vollkommen undenkbar. Ich bin nicht daran gewöhnt, in ihrem Gesicht etwas anderes zu sehen als souveräne Gelassenheit. »Aber
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