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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche
Autoren: Beth Revis
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nötig, nicht wahr? Wir brauchen keinen Brennstoff. Wir brauchen nur genug davon, um zu beschleunigen, und dann könnten wir die Maschine abstellen. Es gibt hier keine Reibung und keine Schwerkraft – das Schiff würde einfach weiterfliegen, bis wir den Planeten erreichen.«
    »Theoretisch.« Ich weiß nicht, ob Maraes Stimme so misstrauisch klingt, weil sie an meiner Theorie zweifelt oder an mir.
    »Wenn die Maschine nicht läuft – und das schon seit Jahrzehnten –, dann liegt das Problem doch sicher darin, dass wir zu schnell fliegen, richtig? Dass wir einfach an dem Planeten vorbeisausen …« Jetzt bin ich derjenige, dessen Stimme voller Zweifel ist, denn was ich da sage, widerspricht allem, was ich bisher zu wissen glaubte. Seit dem Tod des Ältesten habe ich das Antriebsproblem studiert, doch was ich vom Ältesten gelernt habe und was in den Büchern von der Sol-Erde steht, passt einfach nicht zusammen. »Unser Problem ist doch wohl, dass wir eher in die Zentauri-Erde krachen werden, weil wir nicht bremsen können, nicht aber, dass wir ewig im All herumtreiben, oder?«
    Ich fühle mich, als hätte sogar die Maschine Augen, die mich anstarren.
    Ein Blick auf die Techniker verrät mir, dass sie alle wissen, dass unsere Antriebsprobleme nichts mit Brennstoff und Beschleunigung zu tun haben. Das wussten sie die ganze Zeit. Was ich ihnen erzählt habe, war nichts Neues für sie. Natürlich wissen diese Fachleute alles über Newton und Physik und Trägheit. Und natürlich wissen sie ebenfalls, dass die Erklärung des Ältesten über den fehlenden Brennstoff und das langsam durchs All dümpelnde Raumschiff totaler Unsinn war.
    Und wie blöd bin ich eigentlich, dass ich etwas anderes denke?
    »Was ist hier los?«, frage ich und bin dabei so verlegen, dass es mich wütend macht. »Gibt es überhaupt ein Problem mit dem Antrieb? Mit dem Treibstoff?«
    Die Techniker sehen Marae an, aber die mustert mich schweigend.
    »Wieso hat mir der Älteste etwas vorgelogen?« Ich merke, wie ich die Beherrschung verliere. Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt habe – dass ich das große Problem erkenne und die Techniker es dann freudig lösen? Ich weiß es nicht. Ich habe nie daran gedacht, was ich tun würde, nachdem ich ihnen erklärt habe, dass die Gesetze der Physik allem widersprechen, was mir der Älteste erzählt hat. Ich habe nie damit gerechnet, dass sie nach meiner kleinen Ansprache nicht mich ansehen würden, sondern ihre Chefin.
    »Der Älteste hat dich belogen«, sagt Marae gelassen, »weil wir ihn belogen haben.«

2
    Amy
    Ein Wassertropfen fällt auf den Metallboden.
    Ich halte die Augen fest geschlossen, achte nicht auf die Kälte und konzentriere mich stattdessen auf die Dunkelheit hinter meinen Lidern. »Im Auto einen endlosen, leeren Highway entlangfahren«, sage ich und meine Stimme wird von den hohen, gewölbten Metallwänden zurückgeworfen. »Mit offenen Fenstern. Und Musik. Lauter Musik.« Es fällt mir schwer, mich an Details zu erinnern. »So laut, dass man spürt, wie die Musik die Autotüren vibrieren lässt. So laut, dass man im Rückspiegel alles verschwommen sieht, weil er genauso vibriert. Und …«, füge ich hinzu, die Augen immer noch fest geschlossen, »… den Arm aus dem Fenster halten. Mit ausgestreckter Handfläche. Als würde ich fliegen.«
    Ein weiterer Wassertropfen fällt herab. Diesmal trifft er meinen nackten Fuß, was mich von den Zehen bis zu den Haarwurzeln schaudern lässt.
    »Auto fahren. Das ist es, was ich heute am meisten vermisse«, flüstere ich. Meine Lider öffnen sich widerwillig. Meine Arme, die ich peinlicherweise gehoben habe, als ich mir vorstellte, Auto zu fahren, sinken wieder herab.
    Es gibt keine Autos mehr. Und auch keine endlosen Highways.
    Nur das hier.
    Zwei auftauende Kryo-Boxen auf einem Raumschiff, das von Tag zu Tag kleiner wird.
    Tropf. Plitsch.
    Ich spiele hier mit dem Feuer, das ist mir klar. Oder vielmehr mit dem Eis. Ich sollte meine Eltern wieder in ihre Kryo-Kammern schieben, bevor sie noch weiter auftauen.
    Aber ich tue es nicht.
    Ich betaste den Kreuzanhänger an meiner Kette, eines der wenigen Dinge, die ich von der Erde noch habe. Das hier – auf dem Boden des Kryo-Decks zu sitzen, zu meinen gefrorenen Eltern hochzuschauen und mich an die Dinge zu erinnern, die ich vermisse – ist fast so etwas wie ein Gebet, denn richtig beten kann ich irgendwie nicht mehr.
    Junior hat sich einmal über mich lustig gemacht, weil ich gebetet habe,
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