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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
Autoren: Beth Revis
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und Ihre Regeln ebenso. Ich habe es satt, Ihnen zuzuhören!«
    Ich höre leise Schritte hinter mir. Alle konzentrieren sich so auf Junior und den Ältesten, dass keiner den Mann mit der Narbe am Hals bemerkt, der lautlos näher kommt. Orion greift nach dem Eimer Phydus, den der Älteste fallen ließ, als Junior ihn geschlagen hat. Erst die Bewegung, als er sich nach dem Eimer bückt, macht uns auf ihn aufmerksam. Die Augen des Ältesten werden vor Schreck ganz groß.
    »Er ist hier«, wispert er so leise, dass ich nicht sicher bin, es wirklich gehört zu haben. Sein Blick huscht zum Doktor und dann wieder zurück zu Orion. »Du hast gesagt, er wäre tot.«
    »Ich bin auch tot, Ältester«, sagt der Mann und hebt den Eimer hoch. »Der Junior, den du gemacht hast, ist tot. Ich bin jetzt Orion. Der Jäger.«
    Der Älteste macht den Mund auf, aber Orion bringt ihn zum Schweigen, indem er ihm den Eimer Phydus über den Kopf kippt.
    »Zurück! Fasst es nicht an!«, schreit der Doktor, als die zähflüssige Masse am ganzen Körper des Ältesten heruntertropft. Orion tritt lächelnd zurück.
    Der Älteste legt den Kopf zur Seite wie ein neugieriges Kind. Seine Knie geben unter ihm nach. Als er zu Boden sinkt, hat er die Beine vor sich ausgestreckt und die Arme hinter dem Rücken, um sich abzustützen. Langsam breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und verschwindet wieder. Einen Moment lang sieht er sanfter und friedvoller aus, als ich ihn je gesehen habe. Seine Hände rutschen auf dem glatten Untergrund weg und sein Körper kracht zu Boden. Sein Kopf schlägt so hart auf die Fliesen, dass ich unwillkürlich das Gesicht verziehe. Phydus breitet sich um ihn aus wie eine Blutlache. Ich beobachte seine langsamen Atemzüge, bis sie ganz aufhören.

74
    Junior
    »Du hast ihn umgebracht.«
    Orion grinst mich zufrieden an. »Gern geschehen«, sagt er. Ein Teil von mir ist erleichtert, dass der Älteste tot ist. Er war ein tyrannischer grausamer Diktator. Er hat niemanden auf diesem Schiff, nicht einmal mich, als echten Menschen betrachtet.
    Aber er ist auch der Mann, mit dem ich die letzten drei Jahre verbracht habe, der die größte Rolle in meiner Erziehung gespielt hat und von dem ich immer dachte, dass er für mich da wäre.
    Und jetzt ist er tot.
    Trotz allem, was er getan hat, füllen sich meine Augen mit Tränen. Er war dennoch eine Art Vater für mich.
    Orion stellt den Eimer ab. Er kommt mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Ich ergreife sie, ohne nachzudenken – ich kann den Blick nicht vom Körper des Ältesten abwenden.
    »Ich wusste, dass du auf meiner Seite sein würdest!«, verkündet Orion begeistert. »Ich war nicht sicher – du hast so lange unter der Fuchtel des Ältesten gestanden und hast auf das Abschalten der Eingefrorenen nicht so reagiert, wie ich erwartet habe. Aber ich wusste genau, dass du am Ende auf meiner Seite stehen würdest.«
    »Auf deiner Seite?« Ich richte meinen tränenverschleierten Blick vom toten Ältesten auf Orion.
    »Als ich anfing, ihm zu sagen, was mir nicht passte, hat mich der Älteste zu Doc geschickt. Er hat ihm gesagt, dass er mich in den vierten Stock bringen soll. Stimmt’s, Doc?«
    Doc nickt stumm.
    »Doc war mein Freund, nicht wahr, Doc?«
    Diesmal nickt Doc nicht, sondern starrt nur den Körper des Ältesten an. »Ich dachte, mit genügend Phydus …«, wispert er. Doc hat schon immer geglaubt, jedem helfen zu können, indem er ihm einfach noch mehr Medis verpasst. Er konnte sich nie vorstellen, dass Menschen stärker sein können als Medizin.
    »Ich konnte nicht zulassen, dass der Älteste mich findet, also musste als Erstes dieses Ding verschwinden …« Orion hebt die Hand zu der Stelle, an der seine Dra-Kom sitzen müsste. Als er die Hand öffnet, sehe ich eine Narbe, die sich über seinen kompletten Daumen zieht. »Mir das Ding mit den eigenen Händen aus dem Fleisch zu reißen, war das Schlimmste, was ich je getan habe. Es hat sich angefühlt, als würde ich mir die Seele herausreißen. Als Doc gesehen hat, dass die Dra-Kom weg war, und da der Älteste das Regentendeck fast nie verließ, war es nicht schwer, die Wahrheit vor ihnen zu verbergen. Der alte Archivar hatte … einen Unfall, und ich ein neues Leben.«
    »Warum haben Sie es nie gesagt?«, fragt Amy und sieht Doc prüfend an.
    »Ich weiß nicht«, flüstert Doc dem toten Ältesten entschuldigend zu. »Ich dachte – ich hoffte – Selbstmord.« Er hebt den Blick zu Orion. »Ich dachte … an
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