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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis
Autoren: Adam Fawer
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Kaffeebohnen. Parfüm, das herbstlich roch, und Rasierwasser, das ihn ans College erinnerte. Ein getoasteter Bagel. Der dreckige Gestank eines Obdachlosen, draußen vor der offenen Ladentür.
    Laszlo umfasste den extragroßen Cappuccino und wärmte seine Hände an dem Pappbecher. Er verdrängte den Gedanken, dass Darian ihn versetzen könnte, und belauschte lieber die Gespräche an den Nachbartischen. Er versuchte, etwas zu verstehen, trotz der zischenden Espressomaschine und Kate Bush, die den Laden melancholisch, aber lautstark beschallte.
    Plötzlich drang ihm das vertraute blumige Parfüm – vermischt mit dem Geruch von Zigaretten – in die Nase. Helles Klackern hoher Absätze verriet ihm, dass Darian endlich gekommen war. Der zweite Stuhl am Tisch scharrte über den Boden. Sascha hob ihren Kopf von seinem Schuh, wachsam.
    Darian küsste Laszlo sanft auf die Wange.
    «Schön, dich zu sehen.» Ihre Stimme klang streng, doch sprach daraus auch eine leise Zärtlichkeit.
    «Ich finde es auch schön, dich zu sehen.» Der Blinde zuckte mit den Achseln. «Sozusagen.»
    Laszlo hörte ein Knistern. Es wurde kurz heiß in seinem Gesicht, dann zischte es, und er konnte das abgebrannte Streichholz riechen. Darian blies Rauch aus, lang und bebend, eine warme Wolke streifte sein Gesicht und kitzelte ihn in der Nase.
    «Ich möchte bezweifeln, dass man hier rauchen darf.»
    «Ich vergesse immer, dass ganz Manhattan jetzt nikotinfreie Zone ist.» Er stellte sich zwei schmale Rauchsäulen vor, die aus ihren Nasenlöchern strömten. «Aber deshalb werden sie mich schon nicht gleich rauswerfen.»
    «Es geht nicht um Sanktionen», sagte Laszlo und war erstaunt über das freundliche Geplänkel nach sechzehn Jahren des Schweigens. «Es ist eine Frage der Umgangsformen.»
    «Ich glaube, du weißt, wie ich darüber denke. Über beides.»
    «Allerdings.»
    Wehmütiges Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. Er rief sich in Erinnerung, wie schön sie war – schokoladenbraune Haut, rotbraunes Haar, das ihren Kopf wie ein höllischer Heiligenschein umgab, und ein breites Lächeln, das nie bis ganz an ihre dunklen Katzenaugen reichte. Inzwischen wäre ihr Gesicht wohl gezeichnet von den Jahren, genau wie seins.
    Räuspernd zog er einen zusammengefalteten Zeitungsartikel aus der Tasche und reichte ihn ihr.
    «Kommt dir dieser Mann irgendwie bekannt vor?» Leise raschelte Papier. «Lass dich nicht von seinem Äußeren täuschen», sagte er, denn er spürte ihr Befremden. «Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass die Augen ihn vielleicht verraten.»
    Darian sog scharf die Luft ein.
    «Woher … woher wusstest du …?», fragte sie.
    «Er war im Radio, und die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor», sagte Laszlo langsam, um ihr etwas Zeit zu geben. «Also bin ich letzte Woche nach Chicago geflogen, um mir diesen ‹Valentinus› aus der Nähe anzuhören. Da wusste ich es.»
    «Das ist unmöglich.»
    Laszlo ließ ihr einen Moment, den Tatsachen ins Auge zu blicken, während er daran dachte, was gestern Abend geschehen war. Er hatte eine letzte Chance, seinen Fehler wiedergutzumachen, wenn er auch ahnte, dass es ihn diesmal mehr als nur die Augen kosten würde.
    Nervös wippte Darian mit dem Fuß und nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette.
    «So kann ich es nicht mit ihm aufnehmen.» Laszlo deutete auf seine dunkle Brille und die toten Augen dahinter. «Zumindest nicht allein.»
    Minutenlang sagte keiner ein Wort. Schweigend stellte sich Laszlo vor, was in Darians Kopf vor sich gehen mochte: Überraschung, Angst und schließlich – Enttäuschung.
    «Du willst Elijah und Winter suchen», sagte sie. «Damit sie dir helfen.»
    «Außerdem hatte ich gehofft, du würdest mir helfen.» Laszlo kam ins Stocken, als ihm klar wurde, wie sehr er sie tatsächlich brauchte.
    «Helfen wobei? Valentinus zu beseitigen?»
    «Wenn es sein muss.» Er konnte ihre Panik förmlich riechen. «Das bist du mir schuldig, Darian. Du hast mich da mit reingezogen. Jetzt hilf mir auch wieder raus.»
    Sie gab keinen Laut von sich. Er stellte sich vor, wie sie auf ihrer Lippe herumbiss, den Blick gesenkt wie ein bockiges Kind. Schließlich beugte sie sich vor, sodass er ihren heißen Atem spürte. Ihr Flüstern war ein Fauchen.
    «Glaub nicht, dass du mich manipulieren kannst.»
    «Das würde ich nie tun.»
    «Warum?», fragte sie bitter. «Das habe ich mit dir doch auch gemacht.»
    Ihre Antwort traf ihn, aber er ging nicht darauf ein.
    «Weißt du denn, wo sie
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