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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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paar Unannehmlichkeiten bereiten, fürchte ich.»
    Liebeskind hatte keine Ahnung, worauf der Kommissar hinauswollte, aber es war ihm auch gleich. «Hauptsache, der ganze Spuk ist bald vorbei. Schließlich muss unser Betrieb weiterlaufen.»
    «Wann erwarten Sie neue Gäste?»
    «Morgen Vormittag.»
    Toppe rieb sich die Nasenwurzel. «Gut, wenn wir den Fall heute nicht klären, schicke ich die Kabarettleute sowieso nach Hause, dann muss es eben auf die klassische Weise weitergehen. Drücken Sie die Daumen, dass wir endlich die Tatwaffe finden, dann sind wir von hier verschwunden.»
     
    Sibylle hatte sich schon dreimal übergeben. Jetzt hielt sie sich an einer Sessellehne fest und trank zittrig ein paar Schlucke Wasser. Was mochte bei der Vernehmung vorgefallen sein?
    Auf alle Fälle hat es sie aus der Bahn geworfen, dachte Haferkamp, mehr als alles andere bisher.
    Er sah sie zum ersten Mal ohne Schminke – selbst in ihren gemeinsamen Urlauben hatte sie es immer geschafft, den anderen nur in voller Bemalung unter die Augen zu treten. Sie sah ganz anders aus, verletzbar wie ein Kind. Jemand sollte sie in den Arm nehmen.
    Dagmar kauerte in einer Sofaecke und biss ohne Unterlass an ihren Fingernägeln herum, akribisch, als hätte sie eine Aufgabe zu erledigen. Es tat ihm weh. Solange er sie kannte, hatte sie ihre Hände immer ganz besonders gepflegt. In den Siebzigern hatte sie Vampkrallen gehabt, in den schrillsten Farben lackiert … Und ihre Hände konnten aufregende Dinge tun.
    Auch die anderen sprachen nicht, jeder schien mit sich allein zu sein. Wann war dieses furchtbare Theater endlich vorbei?
    Aus der Küche hörte man lautes Töpfeklappern, und es roch nach gedünstetem Kohl und Muskat. Die drei Kripoleute standen im Flur und unterhielten sich leise. Toppe und Steendijk – wenn sie bei ihm im Laden waren, berührten sie einander ständig, tauschten Blicke voller Wärme und oft auch voller Versprechen. Jetzt und hier wäre man nicht darauf gekommen, dass die beiden ein Paar waren. Sie waren in ihre andere Haut geschlüpft. Dabei waren sie nicht unfreundlich, aber so sachlich, so nüchtern, dass einem unwohl war.
    Jetzt kamen sie herein.
    «Okay», sagte Steendijk, «mit einigen von Ihnen müssen wir uns noch einmal unterhalten. Frau Henkel, Frau Langenberg, Herr Janicki und Herr Haferkamp halten sich bitte zu unserer Verfügung.» Sie nahm jeden von ihnen ins Visier, wenn auch nur ganz kurz. «Die anderen können in den nächsten …», sie schaute auf ihre Armbanduhr, «… sagen wir, zwei Stunden, tun, was ihnen beliebt. Danach brauchen wir Sie allerdings wieder hier.»
    Haferkamp war verwirrt. Was wollten die von ihm?
    Maria, Möller, Rüdiger und Walterfang standen langsam auf und schauten sich unschlüssig an.
    «Na, dann wollen wir mal, Herr Haferkamp!», scheuchte Jupp Ackermann ihn auf und nahm ihn mit nach nebenan.
    «So, da sind wir also. Dat Gerät is’ angeschaltet, un’ ich geb jetzt die Uhrzeit un’ alles ein.»
    Sein liebes Schratgesicht war ihm abhanden gekommen. «Wir haben gestern Morgen in Ihrem Zimmer feuchte Klamotten gefunden, ’ne Cordhose, ’n Sweatshirt un’ Socken. Un’ dat heißt, dat Sie Montagnacht noch nach halb drei draußen gewesen sind. Uns haben Sie aber erzählt, dat Sie um zwei Uhr schlafen gegangen sind. Un’ jetzt würd ich gern hören, wat Sie dazu zu sagen haben.»
    «Ach, verflucht nochmal!» Haferkamp kam die Galle hoch. «Was weiß denn ich? Es war eine chaotische Nacht. Keiner von uns ist zur Ruhe gekommen. Ich bin einfach zwischendurch mal Luft schnappen gegangen.»
    Aber Ackermann zeigte kein Verständnis. «Im strömenden Regen? Et hat geschüttet wie aus Eimern.»
    Haferkamp konnte sich nicht länger beherrschen. «Was soll der Mist?», brüllte er. «Glaubt ihr allen Ernstes, ich hätte Frieder umgebracht? Ihr seid ja verrückt! Ich hatte doch überhaupt keinen Grund!»
    Ackermann lehnte sich zurück und faltete die Hände vor dem Bauch. «Dat seh ich anders. Der Frieder wollte Dagmar un’ Kai mit zum Fernsehen nehmen, aber Sie hat er einfach am kalten Arm verhungern lassen. Un’ wat ich von euch so alles über Neid un’ Eifersucht gehört hab – also, wenn dat kein Motiv is’!»
    Haferkamp ließ sich gegen die Stuhllehne fallen und legte erschöpft den Kopf in den Nacken. «Das ist doch Schwachsinn. Mein Seelenheil hängt nicht von der ‹13› ab.»
    «Gut, lassen wir dat mal für den Moment so stehen. Fakt bleibt aber, dat Sie gelogen haben.
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