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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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brauche Sie kurz einmal im Park. Hätten Sie einen Moment Zeit?»
    «Ja, ja, natürlich, ich hole nur eben meinen Mantel.»
    «Es ist wirklich eine wunderschöne Anlage», sagte Toppe, als sie über die Wiese gingen. Liebeskind hatte Mühe, mit dem Mann, der fast einen Kopf größer war als er, Schritt zu halten. «Ja, wir bemühen uns, den Park in einem Gleichgewicht zwischen gepflegt und ein wenig verwildert zu halten.»
    Toppe nickte. «Ein schöner Rahmen für die afrikanischen Skulpturen. Haben Sie viele Besucher von außerhalb?»
    «Nein, so gut wie keine. Wir liegen zu weit weg von der Straße, als dass man sich zufällig hierher verirrt.»
    «Aber im Prinzip ist der Park jedem zugänglich?»
    «Noch», gab Liebeskind kurzatmig zurück, «aber das soll sich ändern, wenn demnächst die Ausstellung offiziell eröffnet worden ist. Ab dann kassieren wir Eintritt.» Er nahm dankbar zur Kenntnis, dass Toppe stehen geblieben war. «Die Sammlung hat ein Kunstliebhaber aus den Niederlanden zusammengestellt. Der Mann hat sich auf Parkausstellungen spezialisiert.»
    «Mir ist aufgefallen, dass die meisten Plastiken nicht befestigt sind, und einige der Stelen sind leer.» Toppe zeigte ins Rund.
    «Das liegt daran, dass wir ein paar Exponate an Museen ausgeliehen haben.»
    Toppe hielt seinen Blick fest. «Welche genau?»
    Liebeskind verstand nicht so recht, wieso das von Bedeutung war. «Nun ja, aus dem Kopf weiß ich das nicht», gab er zu, «aber ich habe ein Verzeichnis und einen Plan bei mir im Büro. Soll ich’s holen?»
    «Das wäre sehr freundlich.»
    Liebeskind hastete ins Haus zurück. Die Sache schien wichtig zu sein, und je eher er das hinter sich brachte, umso besser. Als er, den Ordner unter den Arm geklemmt, wieder loslaufen wollte, hielt ihn das Zimmermädchen auf. «Die Polizei sagt, wir dürfen die Zimmer nicht machen. Aber wir müssen doch wenigstens die Handtücher wechseln.»
    «Sie tun das, was die Polizei sagt, verstanden?» Sie fuhr verblüfft zurück. «Keine frischen Handtücher, keine neue Bettwäsche!» Dann eilte er weiter.
    Der Kommissar war am hinteren Ende des Parks und umrundete dort langsam den Pavillon, ging hinein, bückte sich, schaute unter die Holzbänke.
    «Suchen Sie was?», fragte Liebeskind vorsichtig.
    Toppe richtete sich auf und lächelte schief. «Ach, die Spurensicherung hat längst alles genau untersucht, aber man gibt die Hoffnung nie auf …» Dann wurde er ernst. «Wir wissen inzwischen, dass Herr Seidl in der Mordnacht hier im Pavillon gewesen ist, und zwar nach halb zwei, also nur kurze Zeit vor seinem Tod. Wir haben eine leere Rumflasche mit seinen Fingerabdrücken gefunden und auch seine Schuhspuren.» Er zeigte auf die Markierungen, die van Gemmern angebracht hatte.
    Liebeskind lief ein Schauer über den Rücken. «Und sonst keine? Schuhspuren, meine ich.»
    Toppe hob die Schultern. «Zu viele leider.»
    «Chef! Hallooo, Chef!» Der komische Kauz kam angeflitzt. Wie hatte dieser Mensch es nur zum Kommissar gebracht? Allein die Sprache!
    Ackermann bremste knapp vor ihnen und hechelte. «Puuh, die Jährkes bleiben einem auch nich’ einfach so inne Kleider hängen. Wat ich sagen wollt’: Da is’ grad ’n Kurier gekommen un’ hat dat Material gebracht, dat der WDR am Montag gedreht hat. Ich hab gefragt, hier gibt et Videorekorder. Sollen wir uns dat mal ebkes angucken?»
    Toppe schüttelte den Kopf. «Es reicht, wenn wir uns das heute Abend im Team ansehen.»
    Ackermann war offenbar einverstanden. «Einen Trumpf haben wir ja noch auf Lager. Ma’ gucken, wat passiert, wenn wer den ausspielen.»
    «Interessanter Beruf», meinte Liebeskind versonnen, als Ackermann wieder verschwunden war.
    «Er hat seine Höhen und Tiefen», antwortete Toppe trocken und zeigte auf den Ordner, den Liebeskind unter dem Arm hielt. «Dann lassen Sie uns mal überprüfen, welche Objekte ausgeliehen sind.»
    Langsam arbeiteten sie sich durch die Ausstellung, zuerst den äußeren Weg entlang, dann immer näher auf den Teich zu.
    «Warten Sie», rief Liebeskind plötzlich und blätterte in seinen Unterlagen. «Hier müsste eigentlich eine Plastik stehen … komisch …»
    «Was für eine?», fragte Toppe gespannt.
    «‹Löwenjunges›, eine von den kleineren Skulpturen. Moment, ich suche Ihnen das Foto raus …» Dann riss er die Augen auf. «Hier hat doch der Tote gelegen!»
    Toppe seufzte. «Wenn wir bei unseren Gesprächen heute Nachmittag nicht weiterkommen, muss ich Ihnen noch ein
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