Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
Frieder … es ist halt einfach passiert, mein Gott! Es war toll, es war aufregend, es war … Ich weiß auch nicht, Martin.»
    «Aber …» Er musste sich räuspern. «Aber was ist mit Rüdiger, mit eurer Hochzeit?»
    «Ach, Rüdiger!»
    «Tut mir Leid, dass ich so langsam bin, aber ich muss das erst mal auf die Reihe kriegen.»
    Sie setzte sich wieder auf. «Was ist daran so schwierig? Ich bin schwanger geworden. Und ich hab’s ihm sofort gesagt, und Frieder ist … Er ist total ausgeflippt.»
    Er schaffte immer noch nicht mehr als belämmerte Halbsätze: «Frieders Kind …» Aber schließlich bekam er sich in den Griff. «Du hast Frieder gesagt, dass du von ihm schwanger bist. Und dann?»
    «Und dann?» Ihre Stimme war voller Hohn. «Dann hat er mir gesagt, ganz ruhig, ganz klar: Was für ein dummes Malheur, aber das kriegen wir schon ausgebügelt, keine Sorge. Ich habe eine Adresse in Holland, eine anständige, kein Pfusch. Wir schmeißen zusammen, und wenn du willst, fahre ich auch mit, war ja schließlich auch mein Fehler.»
    Sie schluckte trocken, und ihm wurde plötzlich kalt.
    «Und ich hab … Martin, ich hab wirklich geglaubt … Wie dämlich kann man eigentlich sein? Ich hab’s ihm sogar gesagt. Und weißt du, was dann von ihm kam? Jetzt werd bloß nicht sentimental! Ich mache den Termin in Holland, und du siehst zu, dass du eine Ausrede für Rüdiger findest, warum du für zwei Tage wegmusst.»
    «Dieses Schwein!»
    «Ach was!» Jetzt klang sie wieder nur müde, blass und zerbrechlich. «Ganz so war’s ja nicht. Er hat mir schon erklärt, warum er niemals Kinder in die Welt setzen will. Seine Familie war wohl nicht das Gelbe vom Ei, und er ist nicht in der Lage, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, kann ihm nicht gerecht werden, und das weiß er, und deshalb hat er sein Leben anders geplant.»
    Ihm war speiübel, aber er wollte es hören. «Dagmar? Wenn Frieder das Kind gewollt hätte, wärst du dann mit ihm zusammengeblieben?»
    Sie seufzte. «Glaub schon, ja, doch, sicher.»
    «Geht es dir denn gut? Körperlich, meine ich. Ist alles in Ordnung?»
    «Ich denke schon. Ich blute nicht mehr.»
    Als sie zur Villa zurückkamen, waren schon alle ziemlich betrunken und begrüßten sie mit lautem Gejohle. Keiner fragte, woher sie kamen, wo sie gewesen waren.
    «Gebt mir endlich was zu trinken!», hatte Dagmar gerufen, und in den letzten drei Ferienwochen, selbst nachdem Frieder angekommen war, hatte sie bei einer Menge Alkohol auf Partygirl gemacht.
    Er schob die Fotos zusammen und legte sie zur Seite – das Fernsehen interessierte sich vermutlich nicht für ihre gemeinsamen Ferienreisen.
    Er hatte plötzlich Lust auf eine Zigarette, dabei rauchte er schon seit Jahren nicht mehr, allenfalls mal eine Zigarre nach einem guten Essen.
    Hier waren die Bilder von ihrem ersten Auftritt in dem Jahr: Kai, Dagmar und er selbst in einem Sketch über das erste Retortenbaby. Frieder als neuer Papst, er hatte einen sagenhaften Woytila hingelegt. Ein Massenauftrieb, fast die ganze Truppe auf der Bühne – die Russen besetzen Afghanistan. Das Bild kam sicher gut an, aber auch das Foto von Hansjörg als vertriebenem Schah von Persien war nicht schlecht.
    Es klingelte.
    Haferkamp erhob sich nur widerwillig. Er mochte es überhaupt nicht, wenn ihn jemand unangemeldet besuchte. Als er die Tür öffnete, stöhnte er innerlich laut auf, vor ihm stand Heinrich Walterfang.
    «Grüß dich, Martin. Ich dachte, ich schau mal rein.» Dabei versuchte er zu lächeln und entblößte seine pelzigen Zähne.
    Haferkamp wich einen Schritt zurück, der Gestank nach altem Schweiß und etwas Bittersüßlichem umwaberte ihn wie eine Wolke. «Woher hast du denn meine neue Adresse?»
    «Von Maria.» Walterfang spähte ihm über die Schulter. «Sieht nach ’ner schicken Bude aus.»
    Martin Haferkamp fügte sich in sein Schicksal und trat zur Seite. «Komm rein! Ist dir nicht kalt nur so im T-Shirt?»
    Walterfang schob sich an ihm vorbei. «Hab kein Geld für einen Mantel», nölte er und spazierte ungeniert durch die Wohnung, öffnete alle Türen, sah sich sogar gründlich im Bad um. «Doch, doch, wirklich schick. Na ja, den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.»
    Haferkamp biss sich auf die Lippen, er wusste, dass jeglicher Kommentar ihm nur endlose Tiraden einbringen würde. «Jetzt setz dich endlich hin und sag, was du von mir willst.»
    Aber Walterfang hatte die Fotos auf dem Schreibtisch entdeckt. «Ach, guck
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher