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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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mal …»
    Willkürlich zog er ein paar Bilder aus den Stapeln. Seine langen, eckigen Fingernägel trugen Trauer.
    Jetzt platzte Haferkamp der Kragen. «Finger weg!», schimpfte er. «Du bringst mir ja alles durcheinander.»
    Walterfang hob abwehrend die Hände. «Okay, okay, ist ja schon gut.» Dann schaute er Haferkamp aufgeräumt an. «Wurde langsam Zeit mit dem TV-Auftritt, ne? Ich meine, ich hatte ja schon lange den Fuß bei denen in der Tür, hab eben nur meine Connections ein bisschen auffrischen müssen.»
    Haferkamp hüstelte. «Du?»
    «Klar, ich, und Frieder natürlich. Man muss einfach bloß immer am Ball bleiben.» Er ließ sich aufs Sofa plumpsen. «Wie wär’s mit ’nem Kaffee?»
    Haferkamp schaute demonstrativ auf seine Armbanduhr. «Na gut, einen auf die Schnelle. Viel Zeit habe ich nicht. Ich muss noch in den Laden.»
    Damit ging er in die Küche, Walterfang folgte ihm auf dem Fuß. Als er Haferkamp mit der Espressomaschine hantieren sah, schnalzte er missbilligend. «Ich sag’s ja, der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.»
    Haferkamp knallte den Kaffeebecher auf die Arbeitsplatte. «Da, bitte!»
    «Wo ist der Zucker?»
    «Steht genau vor deiner Nase.»
    Walterfang gab sechs Stücke in seine Tasse, rührte mit der Zuckerzange um und leckte sie ab, dann hockte er sich auf die Tischkante. «Ich hab mich neulich ein bisschen ausführlicher mit dem Volker unterhalten», meinte er versonnen. «Ganz netter Typ eigentlich.»
    Ach, dieses Spielchen schon wieder! Aber Haferkamp tat ihm den Gefallen: «Welcher Volker?»
    «Na, Volker Pispers. Wie gesagt, ganz netter Typ, lässt sich auch mal was sagen. Ich meine, wir sind schließlich schon ’ne Stange länger im Geschäft als der.»
    Haferkamp verschluckte sich so gründlich, dass ihm die Tränen übers Gesicht liefen.
    «Komm», krächzte er, als er endlich wieder Luft bekam, «wir gehen wieder ins Wohnzimmer.»
    Er setzte sich in den Sessel, der am weitesten entfernt vom Sofa stand.
    «Also, was kann ich für dich tun?»
    Walterfang machte große Augen. «Du für mich? Nee, nee, andersrum wird ein Schuh draus. Ich wollte wissen, ob ich noch was für dich regeln soll. Wenn du wegen der Aufzeichnung noch besondere Wünsche hast, dann könnte ich den Udo anrufen.»
    Diesmal spielte Haferkamp nicht mit. «Ich bin wunschlos glücklich.»
    «Ach so, na prima. Und mit den Texten, alles im grünen Bereich?»
    «Alles bestens, Heinrich.»
    «Sicher, hab auch gar nichts anderes erwartet, wenn ich ehrlich bin. Auf dich konnte man sich immer schon verlassen. Sag mal, kannst du mir fünfzig Euro leihen für den Zug?»
    Na endlich, dachte Haferkamp und ließ ihn zappeln. «Du bist mit dem Zug gekommen?»
    «Nein, natürlich nicht! Heiß ich Krösus? Ich bin getrampt.»
    «Und was spricht dagegen, wieder zurückzutrampen?»
    Walterfang simulierte Entspannung und breitete beide Arme auf der Sofalehne aus. «Ach, ich dachte, ich besuch mal die Bylle, und von hier kommt man direkt mit dem Zug nach Düsseldorf, wäre doch praktisch.»
    Haferkamp schwenkte den Kaffeebecher unter der Nase hin und her. «Tut mir Leid, Heinrich», sagte er schließlich. «Ich verleihe grundsätzlich kein Geld. Aber ich mache dir einen anderen Vorschlag: Du kannst bei mir im Laden Bücher schleppen und Kartons zerreißen. Acht Euro die Stunde. Wie wäre das?»
    «Bar auf die Kralle?»
    «Klar.»
    Walterfang schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. «Schwarzarbeit also. Wie kannst du nur? Gerade von dir hätte ich das nicht gedacht. Für mich kommt das nicht in Frage, da habe ich meine Prinzipien.»
    «Ich senke schamvoll mein Haupt», murmelte Haferkamp.
    Walterfang schaute ihn einen Moment irritiert an. «Aber was anderes», sagte er dann. «Ich habe vorgestern mit Frieder telefoniert. Er bleibt noch eine Woche länger in Hawaii.»
    «Frieder ist auf Hawaii?» Haferkamp war verblüfft. «Und du hast mit ihm telefoniert? Ich dachte, er ist für niemanden zu erreichen.»
    Walterfang machte eine wegwerfende Handbewegung. «Für mich schon. Ich war ein paar Mal in der Agentur und habe seine Sekretärin belagert.»
    Olfaktorisch, vermutlich, dachte Haferkamp. Ihr einfach so dicht auf den Leib rücken, bis sie keine Luft mehr bekommt und aufgibt. Auch eine Waffe.
    «Ich hatte nämlich einen Job bei einem Kurierdienst», fuhr Walterfang fort, «und da musste ich sowieso nach Düsseldorf.»
    «Und was ist aus dem Job geworden?»
    Walterfang zuckte die Achseln. «Der Boss war ein reaktionäres
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