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Glücksklee

Glücksklee

Titel: Glücksklee
Autoren: Holly Greene
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wichtiger, sie brauchte dringend ein Dach über dem Kopf.
    Nach der Geschichte mit Steve konnte sie nicht in Galway bleiben. Das Risiko, ihm in der Kleinstadt über den Weg zu laufen, war einfach zu groß. Sie musste weg, irgendwohin, wo sie ihre Gedanken ordnen konnte. Doch dass sie ausgerechnet ihren Vater gefragt hatte, konnte sie immer noch nicht richtig glauben.
    Aber leider war ihr keine andere Wahl geblieben. Unter normalen Umständen wäre sie einfach wieder nach Dublin gezogen und bei ihrer Mutter untergekommen, bis alles geklärt war. Aber ihre Mutter und Tony waren auf Reisen und hatten das Haus für sechs Monate untervermietet. Daher hatte Nina beschlossen, Patrick zu fragen, ob sie bei ihm in Lakeview wohnen könne. Es sollte nur für eine Weile sein – bis sie wieder klar denken konnte und sich überlegt hatte, wie es weitergehen sollte.
    Wie ein Teenager hatte Nina sich gefühlt, nicht wie die reife, selbstbewusste Dreißigjährige, die sie eigentlich war, als sie vor ein paar Tagen bei ihrem Vater angerufen und gefragt hatte, ob er sie unterbringen könne.
    «In Ordnung», hatte er in seiner ruhigen, unbeteiligten Art gesagt. Und Nina nahm an, dass er sich in den ungefähr acht Jahren, in denen sie keinen Kontakt gehabt hatten, kaum verändert hatte. Als Nina jünger gewesen war, hatte ihre Mutter sie zu Pflichtbesuchen bei Patrick gezwungen, aber Nina hatte immer das Gefühl gehabt, dass es ihrem Vater ziemlich egal war, ob er sein einziges Kind gelegentlich sah oder nicht.
    Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie noch ein Kind war, und Nina hatte nie verstanden, wie sie überhaupt zusammengekommen waren. Ihr stiller, ernster Vater war genau das Gegenteil von ihrer fröhlichen, quirligen Mutter. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie beide in der gleichen Kleinstadt aufgewachsen waren – das heißt, eigentlich war Lakeview eher ein Dorf.
    Auch wenn ihre Mutter Cathy das nie zugegeben hatte, vermutete Nina, dass Nachwuchs bei den beiden eher nicht geplant gewesen war. Ihre Eltern waren bestimmt keine Liebesehe eingegangen, sondern eine Muss-Ehe. Doch das kümmerte sie nicht. Ihre Mutter war inzwischen mit Tony in Dublin sehr glücklich, und Tony war für Nina ein besserer Vater, als Patrick es jemals gewesen war. Als Kind verbrachte sie gezwungenermaßen häufiger Wochenenden in Lakeview, später hatte sie ihren Vater nur noch gelegentlich besucht. Patrick äußerte sich dazu grundsätzlich nicht, und Nina machte sich auch keine großen Gedanken deswegen. Sie kannte den Mann ja kaum, und jetzt war es die reine Verzweiflung, die sie zwang, bei ihm unterzuschlüpfen.
    Sie fragte sich, ob er wohl immer noch zwanghaft alles sammelte und ob er nach wie vor von seinem Reparaturdienst lebte. Sie dachte daran, wie Patrick stets geduldig Fernsehgeräte, Radios und überhaupt alle elektronischen Geräte auseinandernahm und wieder zusammenbaute. Stundenlang konnte er sich über seine Arbeit auslassen. Warum hatte er sich nicht auch mal im Städtchen umgetan und etwas Schönes unternommen, so wie ihre Mutter und Tony das machten? Ein weiterer Grund, sich zu fragen, was ihre Mutter in ihm gesehen hatte.
    «Patrick ist ein freundlicher und sehr großzügiger Mensch», hatte Cathy immer betont. Sie sprach nie schlecht von ihrem früheren Ehemann und wollte auch kein schlechtes Wort über ihn hören. Doch Nina hatte den Verdacht, dass da vor allem ihr schlechtes Gewissen sprach, weil sie ihn verlassen und die gemeinsame Tochter mitgenommen hatte. «Er hat auch nach unserer Trennung dafür gesorgt, dass es uns an nichts fehlte.»
    Nina fand das ehrenhaft, auch wenn Patrick sich absolut nicht für sie zu interessieren schien. Sie hatte sich immer nur als das störende Kind empfunden, das ab und zu hereinschneite. Sie brachte dann sein tadellos aufgeräumtes Haus und seine geordnete Lebensweise durcheinander. Und ihr Vater war wirklich verdammt ordentlich! Und wenn seine heilige Ordnung wegen Nina mal wieder durcheinandergeriet, so äußerte sich das nicht in einem Wutausbruch, sondern in einem ruhigen, geradezu kontrollierten Ärger, der für eine Zehnjährige eher noch angsteinflößender war.
    Während der Bus sich den Außenbezirken von Lakeview näherte, überlegte Nina, ob sich wohl irgendetwas im Ort verändert hatte. Natürlich gab es mittlerweile viel mehr Häuser – neue Häuser mit gigantischen Schlafzimmern, riesigen Gärten und Whirlpools im Freien. Doch auch dieser Luxus konnte niemals die trostlose
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