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Glückskind (German Edition)

Glückskind (German Edition)

Titel: Glückskind (German Edition)
Autoren: Steven Uhly
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Manteltasche steckt, und verlässt die Wohnung. Geht die Straße entlang. Als er wieder vor dem Supermarkt steht, zögert er. Ich kann doch unmöglich Babysachen kaufen, so wie ich aussehe, denkt er. Die kennen mich doch nur als einen, der nur deshalb kein Penner ist, weil er noch nicht auf der Straße gelandet ist. Was werden die denken, denkt er. Die werden denken, dass ich ein Kind geklaut habe. »Scheiße!«, flucht er leise. Dann geht er eilig weiter. So schnell ist Hans schon lange nicht mehr gegangen, bald ist er außer Atem, aber die Zeit drängt. Kurz darauf steht er vor einem anderen Supermarkt. Hier kennen sie mich nicht, denkt er und betritt das Geschäft. Er kauft drei Babyflaschen, neun Bodys, jeweils drei in einer Größe, er kauft noch mehr Milchpulver, er kauft einen Wasserkocher, Windeln für ganz kleine Babys, zwei Strampler, drei Kleidchen mit Blumenmustern in Rot, Blau und Lila, geringelte Strumpfhosen, Socken, vier Schnuller. Und dann kauft er noch Milch für sich, Zucker, ein Steak, ein Brot, Butter, Käse, Spülmittel, Waschpulver. Er kauft noch ein paar andere Dinge, die er bald benötigen wird, darunter eine Rolle grüner, durchscheinender Mülltüten, die man verschließen kann, damit der Inhalt nicht so stinkt. Aber die sechs Bierflaschen, die er sich in den Einkaufswagen lädt, lässt er an der Kasse einfach stehen. Er hat jetzt keine Zeit dafür. Die Kassiererin beobachtet ihn neugierig, während sie die Waren am Lesegerät vorbeiführt. Eine junge Frau, die das ganze Leben noch vor sich hat. Hans fühlt sich unwohl, er sagt: »Das können Sie schon im Schlaf, was?« Die Frau erschrickt, sie hat nicht damit gerechnet, dass Hans sie anspricht, jetzt ist er ihr unangenehm, sie nickt kurz und kümmert sich um die Waren, senkt den Kopf und wirkt ganz verschlossen. Hans ist erleichtert, aber auch gekränkt, und zugleich kann er sie gut verstehen. Er bezahlt mit dem Gefühl, einen Beweis zu führen für seine Würde, und verabschiedet sich wie ein normaler Mensch, aber die Kassiererin begrüßt schon die nächste Kundin. Hans seufzt. Nur sein Geld lebt noch, sein Geld nehmen sie, ihn nicht, er ist schon … er wischt den Gedanken weg, der Gedanke ist ein alter Bekannter, der ihn täglich besucht, er muss nicht einmal mehr zu Ende gedacht werden, um da gewesen zu sein. Es gibt jetzt Wichtigeres. Da war doch so ein Geschäft für Kindersachen, denkt er, als er alles in zwei Plastiktüten verstaut, die erstaunlich schwer sind. Er geht um zwei Häuserecken und steht plötzlich vor einem Schaufenster, in dem lauter Kinderwagen mit Puppen darin zu sehen sind. Es ist ein Secondhandgeschäft für Babys und Kleinkinder. Laute r Dinge, die Hans an früher erinnern, gibt es dort, wie lange ist das alles schon her? Er betritt den Laden und will einen Tragegurt kaufen. Die Verkäuferin rümpft die Nase über den Geruch, den Hans verbreitet, sie wirft ihm einen Blick zu, als hätte ein Obdachloser sich zu ihr verirrt. Hans bemerkt es, er kennt das, er achtet nicht darauf. Sie sagt ungläubig: »Wie alt ist denn Ihr Kind?«
    Hans lächelt mit gespielter Verlegenheit, er sagt: »Schauen Sie mich an, junge Frau. Glauben Sie wirklich, so einer wie ich hat ein Kind?«
    Die Verkäuferin lächelt nun ihrerseits verlegen und schüttelt etwas schüchtern den Kopf. »Sehen Sie«, sagt Hans zufrieden, »es ist für eine Freundin, die genauso verwahrlost ist wie ich. Aber sie hat eine Tochter, die es nicht ist, und diese Tochter hat ein ganz kleines Baby, dem es sehr gut geht, und jetzt möchte meine Freundin ihrer Tochter einen Tragegurt für die Kleine schenken, aber sie kann nicht mehr gehen, weil sie so alt ist und weil sie sich schämt, weil sie so verwahrlost ist, verstehen Sie? Und deshalb habe ich ihr gesagt: Das macht gar nichts, Klärchen – so heißt sie, wissen Sie, das heißt, so heißt sie eigentlich gar nicht, weil sie Klara heißt, aber ich kenne sie nun schon so lange, verstehen Sie?« Hans hält inne und schaut in das verwirrte Gesicht der Verkäuferin. Sie fasst sich und sagt zögernd: »Also, das ist die Enkelin Ihrer Freundin?« Hans strahlt sie an und ruft aus: »Sie haben es auf den Punkt gebracht, junges Fräulein! Besser hätte auch ich es nicht ausdrücken können!«
    Die Verkäuferin sagt ungerührt: »So ein Tragegurt ist nichts für Säuglinge, die ihren Kopf noch nicht selbst halten können.«
    »Oh!«, macht Hans enttäuscht. »Aber wie kann ich … wie kann die Tochter meiner Freundin
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